"Im Fegefeuer gefangen" Wall Street schließt zähflüssig
15.08.2012, 23:00 Uhr
(Foto: REUTERS)
Außer Spesen nichts gewesen: Die US-Börsen gehen nahezu unverändert aus dem Handel. Nur an der Nasdaq gibt es ein kleines Plus. Die Lage der Weltwirtschaft verunsichert die Anleger. Nervöse Blicke richten sich auf die Aktien von Cisco und Facebook.
Dünne Umsätze, matte Kursbewegungen: Die US-Börsen haben am Mittwoch keine Richtung gefunden. Vor allem der Handel mit mit den bekannten Schwergewichten gestaltete sich zäh, allein die Technologiewerte kamen etwas voran. Doch auch hier verhinderten schwache US-Konjunkturdaten deutliche Kursaufschläge.
"Ich frage mich, ob ich bei diesem lahmen Geschäft nicht lieber gleich in den Urlaub gefahren wäre", sagte ein Händler und resümiert damit das Leid vieler seiner Kollegen. Die Anleger beschäftigten sich abermals intensiv mit ihrem Sorgenkind Weltwirtschaft sowie der bangen Hoffnung auf Hilfseinsätze der Zentralbanken. Viele Händler gehen davon, dass die Seitwärtsbewegung noch bis zum Wochenschluss anhalten wird. "Wir sind in diesem Fegefeuer gefangen", sagte ein Marktteilnehmer.
Der Dow-Jones-Index der Standardwerte notierte mit 13.164,78 Punkten minimal 0,06 Prozent im Minus. Zuvor hatte das Börsenbarometer zwar leichte Gewinne verbucht, diese bei einem sehr niedrigen Handelsvolumen aber nicht bis zum Schluss halten können. Der breiter gefasste S&P-500 legte dagegen um hauchdünne 0,11 Prozent auf 1405,53 Zähler zu. An der Technologiebörse Nasdaq schaffte der Composite Index immerhin ein Kursplus von 0,46 Prozent auf 3030,93 Punkte. Der Auswahlindex Nasdaq 100 verabschiedete sich mit einem Plus von 0,28 Prozent auf 2735,47 Zähler aus dem Handel.
Die US-Anleger mussten zusätzlich zur Lethargie auf dem Parkett schwache Konjunkturzahlen aus der Heimat ertragen: Die Industrie im wichtigen US-Bundesstaat New York erlitt im August einen Einbruch. Der Index für das Verarbeitende Gewerbe fiel auf minus 5,85 Punkte von plus 7,39 Zählern im Juli, wie die New Yorker Federal Reserve mitteilte. Analysten hatten mit einem leichten Rückgang auf 6,5 Punkte gerechnet. Die Daten gelten als Frühindikator für die gesamte Industrie in den USA.
"Bei den Konjunkturdaten gehen wird derzeit vor und zurück", sagte ein Marktexperte. Kämen an einem Tag schlechte Daten, die ein Eingreifen der US-Notenbank Fed wahrscheinlicher machten, folgten am nächsten Tag schon wieder gute Nachrichten, die ein weiteres Anleihekaufprogramm eher in die Ferne rückten.
Im Dow standen Technologie- und Finanztitel an der Spitze. Bank of America führten mit einem Aufschlag von 1,16 Prozent gefolgt von Cisco, die sich im Vorfeld der Bilanzpräsentation um 1,05 Prozent verteuerten. Der US-Netzwerkspezialist legte seine Zahlen nachbörslich vor.
Die Aktien von Staples brachen um 14 Prozent ein. Der Büroartikel-Händler hatte einen unerwartet schwachen Umsatz vorgelegt und seine Prognose kassiert.
Deere verloren 6,3 Prozent. Der weltgrößte Hersteller von Landmaschinen machte weniger Gewinn als erwartet. Als Grund nannte Deere eine schwache Entwicklung in China, Indien und anderen Schwellenländern. Deere-Rivale und Dow-Größe Caterpiller lastete mit einem Minus von 0,3 schwer auf dem Börsenindex.
Die zuletzt arg gebeutelten Papiere von Abercrombie & Fitch stiegen dagegen um fast 9 Prozent. Der Modekonzern hatte einen Quartalsgewinn von 19 Cent pro Aktie ausgewiesen, drastisch weniger als vor Jahresfrist. Allerdings hatte das Unternehmen vor zwei Wochen davor gewarnt, dass der Gewinn nur zwischen 15 und 18 Cent pro Aktie liegen werde.
An der Nasdaq kletterten die Papiere des US-Netzwerkspezialisten JDS Uniphase nach den überraschend guten Zahlen vom Vorabend um 8,24 Prozent auf 11,56 Dollar.
Die Papiere von Facebook legten um 4,02 Prozent auf 21,20 Dollar zu. Die junge Aktie steht gesondert im Blickpunkt der Anleger, weil am Donnerstag eine von mehreren wichtigen Haltefristen endet. In diesem Fall dürfen Investoren, die noch vor dem Börsengang eingestiegen waren, 271 Mio. Anteilsscheine an den Markt bringen. Experten rätseln, ob dies zu einem weiteren Kursabsturz führen könnte. Denn allein seit dem Börsendebüt im Mai hat sich der Wert der Facebook-Aktien fast halbiert. Die Papiere waren damals zum Preis von 38 Dollar an den Markt gekommen.
An der New York Stock Exchange wechselten rund 497 Mio. Aktien den Besitzer. 1880 Werte legten zu, 1104 gaben nach und 106 blieben unverändert. An der Nasdaq schlossen bei Umsätzen von 1,5 Milliarden Aktien 1719 Titel im Plus, 765 im Minus und 98 unverändert.
Die US-Kreditmärkte haben zur Wochenmitte nachgegeben. Die schwindende Aussicht auf weitere Anleihenkäufe der US-Notenbank Fed zeige ihre Wirkung, sagten Händler. Hintergrund seien angeblich besser als erwartet ausgefallene Konjunkturdaten. Die zehnjährigen Bonds verloren auf 98-12/32. Die Rendite kletterte dabei auf 1,81 Prozent. Die 30-jährigen Anleihen fielen auf 96-25/32 und rentierten mit 2,91 Prozent.
Der Euro notierte im New Yorker Handel weiter unter 1,23 Dollar. Zuletzt kostete die europäische Gemeinschaftswährung 1,2288 Dollar. Die richtungweisenden zehnjährigen US-Staatsanleihen gaben um 20/32 Punkte auf 98 9/32 Punkte nach, ihre Rendite stieg auf 1,81 Prozent.
Quelle: ntv.de, dpa/rts