Strammes Kerlchen Wall Street schoss ins Plus
29.07.2002, 22:15 UhrDie US-Aktienmärkte ließen sich auch am Montag nicht von ihrer Mitte vergangener Woche eingeschlagenen Marschroute abbringen - und die führte sie deutlich in die Gewinnzone. Auch ein neuer Bilanzskandal um den Telekom-Konzern QWest konnte die Börsen nicht aufhalten. Der Dow Jones stieg 5,4 Prozent auf 8.712 Punkte, für die Nasdaq ging es 5,8 Prozent auf 1.335 Zähler nach oben. Für den Dow war das der drittgrößte Punktgewinn seiner Geschichte.
Die Märkte seien in den vergangenen Wochen so gnadenlos nach unten geprügelt worden, dass es nun an der Zeit für eine kleine Erholung sei, so James Volk von D.A. Davidson & Co. Es gebe zwar immer noch viele Unsicherheiten, was die Unternehmensgewinne und die Konjunkturerholung angehe, aber zumindest die kurzfristiger orientierten Anleger würden sich langsam wieder in den Markt zurückwagen.
Der US-Telekommunikationskonzern QWest Communications hat nach eigenen Angaben in den Jahren 1999 bis 2001 unzulässige Bilanzierungspraktiken angewendet. Das Unternehmen werde seine Geschäftszahlen erneut vorlegen, kündigte Qwest zudem in der Nacht zum Montag an. Der Konzern zog zugleich seine bisherige Geschäftsprognose für das Jahr 2002 zurück. Als Grund nannte Qwest die anhaltende Flaute in der Telekommunikationsbranche, den harten Wettbewerb sowie die Schwäche in der regionalen Wirtschaft. Qwest ist in 14 US-Bundesstaaten führender Telekomanbieter. Die Aktie brach zwischenzeitlich um 26 Prozent auf 1,11 Dollar ein. Zum Schluss betrug der Verlust noch 0,7 Prozent auf 1,49 Dollar.
Der US-Taschencomputer-Hersteller Palm will eine Aktienzusammenlegung (Reverse Stock Split) in einem Verhältnis zwischen 1 zu 10 und 1 zu 20 durchführen. Die Zusammenlegung der Aktien solle vor dem 1. April kommenden Jahres erfolgen, teilte der Konzern am Freitagabend nach US-Börsenschluss mit. Zudem kündigte Palm Preissenkungen auf einige seiner Modelle von bis zu 34 Prozent an. Die Aktie brach 13,2 Prozent auf 1,18 Dollar ein.
Schlechte Nachrichten gab es für AOL Time Warner. Die Rating-Agentur Standard & Poor’s hat ihren Ausblick für den Medienkonzern auf „negativ“ von „stabil“ gesenkt. Für die Aktie ging es dennoch 6,2 Prozent auf 11,58 Dollar nach oben. Möglicherweise wurde der Kurs von Spekulationen beflügelt, der geschasste Bertelsmann-Chef Thomas Middelhoff könnte einen hohen Managerposten bei AOL Time Warner erhalten.
Nach oben ging es für die Aktie von Charter Communications. Einem Zeitungsbericht zufolge will Konzern-Chef Paul Allen seinen eigenen Anteil an dem Medienunternehmen erhöhen. Er könne sich sogar vorstellen, das Unternehmen komplett zu kaufen und von der Börse zu nehmen. Die Aktie legte 37 Prozent auf 3,61 Dollar zu.
Der größte Frühstücksflocken-Hersteller der USA, Kellogg, hat seinen Gewinn im abgelaufenen Quartal auf 42 Cent je Aktie nach 28 Cent im vergleichbaren Vorjahresquartal gesteigert und damit die Erwartungen von Analysten getroffen. Die Aktie legte 5,0 Prozent auf 35,00 Dollar zu.
Deutlich zulegen konnte die Aktie von Teva Pharmaceuticals. Der israelische Pharmakonzern hat im zweiten Quartal mit 68 Cent je Aktie die Gewinnerwartungen von Analysten, die mit einem Überschuss zwischen 60 und 65 Cent je Aktie gerechnet hatten, übertroffen. Für die zweite Jahreshälfte rechnet das Unternehmen ebenfalls mit einem Gewinn über den bisherigen Erwartungen. Die Aktie verbuchte ein Plus von 7,1 Prozent auf 65,29 Dollar.
Die Modekette Tommy Hilfiger hat im abgelaufenen Quartal wegen Sonderabschreibungen einen Verlust von 4,88 Dollar je Aktie eingefahren, im vergleichbaren Vorjahresquartal hatte noch ein Plus von 10 Cent je Aktie in den Büchern gestanden. Für die Aktie ging es 9,0 Prozent auf 13,30 Dollar nach oben.
Das Energie-Konglomerat Williams hat im abgelaufenen Quartal einen Verlust von 68 Cent je Aktie erwirtschaftet, im vergleichbaren Vorjahresquartal hatte ein Minus von 69 Cent in den Büchern gestanden. In der vergangenen Woche war Williams unter die Marke von einem Dollar gefallen, als Spekulationen um einen möglichen Bankrott der Firma laut wurden. Am Montag ging es für die Papiere um 88 Prozent auf 1,99 Dollar nach oben.
Im Zusammenhang mit Williams hat sich der Kraftwerksbetreiber AES zu einem Artikel in der New York Times geäußert. Dort hatte es am vergangenen Donnerstag geheißen, AES müsste bei einer womöglichen Pleite von Williams bis zu 900 Millionen Dollar an Forderungen abschreiben. Diese Zahl sei jedoch wesentlich niedriger, stellte AES am Montag klar. Die Aktie, die Ende vergangener Woche abgestürzt war, machte diese Verluste wieder wett. Sie schloss mit einem Plus von 41 Prozent auf 2,20 Dollar.
Ein anderer Energiewert, Xcel Energy, stand dagegen kräftig unter Druck. Auslöser sind offizielle Untersuchungen der US-Behörden. Hintergrund sind so genannte "Round Trip Trades". Dabei geht es um den gleichzeitigen Verkauf und Rückkauf von Energie mit ein und dem selben Handelspartner, um so die Umsätze aufzublähen. Die Aktie brach um 25 Prozent auf 5,66 Dollar ein.
Quelle: ntv.de