Trübe High-Tech-Ausblicke Wall Street unter Druck
19.06.2002, 22:20 UhrFür die US-Aktienmärkte gab es am Mittwoch wenig Grund zur Freude - kaum schienen sich die Börsen nach den massiven Verlusten der vergangenen Wochen etwas gefangen zu haben, schon verdarben trübe Ausblicke von AMD und Apple wieder die Hoffnung auf eine langfristige Erholung. Der Dow Jones fiel 1,5 Prozent auf 9.562 Punkte, für die Nasdaq ging es 3,0 Prozent auf 1.497 Zähler in den Keller.
Der Computer-Hersteller Apple reduzierte seine Prognose für das laufende dritte Quartal auf einen Gewinn je Aktie von acht bis zehn Cent, verglichen mit früheren Prognosen von elf Cent oder höher. Der Umsatz werde im Quartal bei 1,4 bis 1,45 Milliarden Dollar liegen. Zuvor hatte Apple 1,6 Milliarden Dollar erwartet. Als Grund für die gesenkten Prognosen nannte Apple vor allem die schwachen Märkte im Bereich Werbung und Medien. Die Aktie verlor 15,0 Prozent auf 17,12 Dollar.
Schlechte Nachrichten gab es auch von AMD. Der nach Intel zweitgrößte Chip-Hersteller der Welt korrigierte seine Umsatzprognose für das zweite Quartal auf maximal 700 Millionen Dollar nach unten. Bislang hatte das Unternehmen mit einem Umsatz von bis zu 900 Millionen Dollar gerechnet. Zudem sei ein bedeutender operativer Verlust zu erwarten, so das Unternehmen weiter. Als Grund nannte AMD die gegenwärtige Schwäche am PC-Markt. Für die Aktie ging es 15,5 Prozent auf 8,70 Dollar nach unten.
Dritter im Bunde der Überbringer schlechter Nachrichten war Ciena. Der Glasfasernetz-Ausrüster hält für das dritte Quartal einen Umsatzrückgang trotz der Übernahme des Konkurrenten ONI Systems für möglich. Der Umsatz des gemeinsamen Unternehmens könne wegen des unsicheren Umfeld der Telekommunikation "bedeutend geringer" sein als im zweiten Quartal bei Ciena alleine. Dieser lag nach früheren Angaben bei gut 87 Millionen Dollar und war binnen Jahresfrist um fast 80 Prozent eingebrochen. Die Aktie gab 10,0 Prozent auf 3,96 Dollar nach.
Zahlen legte am Dienstagabend nach Börsenschluss der Softwareriese Oracle vor. Mit einem Gewinn je Aktie von zwölf Cent im abgelaufenen Quartal verdiente Oracle zwar drei Cent weniger als noch vor einem Jahr, erfüllte aber die Erwartungen von Analysten. Für das laufende Quartal gab Oracle allerdings nur einen verhaltenen Ausblick: es sei mit einem weiteren Gewinn- und Umsatzrückgang zu rechnen, so das Unternehmen. Die Aktie verlor nach anfänglichen Gewinnen 2,0 Prozent auf 8,80 Dollar.
Der weltgrößte Chiphersteller Intel will sein Angebot für den Betrieb von Internet-Servern einstellen und erwartet deswegen vor Steuern eine Sonderbelastung von rund 100 Millionen Dollar. Der Dienst Intel Online Service werde aktuelle Kunden noch ein Jahr lang bedienen und dann abgeschaltet, teilte Intel am Dienstag nach Börsenschluss mit. Die Aktie verbuchte ein Minus von 8,8 Prozent auf 20,09 Dollar.
Schlechte Nachrichten gab es auch noch Micron Technologies. Der Chip-Hersteller hat nach eigenen Angaben eine Vorladung einer „Grand Jury“ des US-Justizministeriums erhalten. Untersucht werden sollen wettbewerbsbehindernde Praktiken in der Halbleiter-Industrie, hieß es weiter. Konkret gehe es dabei um verbotene Preisabsprachen bei Speicherchips. Für die Papiere ging es 14,9 Prozent auf 20,08 Dollar bergab.
Juristisches Ungemach droht dem Speicherhersteller Rambus. Die US-Wettbewerbsbehörde FTC will ein Kartellverfahren gegen das kalifornische Unternehmen anstrengen. Der Vorwurf: Rambus hatte vier Jahre lang in einer Industriegruppe mitgearbeitet, die die Standards für die Speichertechnologie SDRAM festgelegt hat. Gleichzeitig habe Rambus aber widerrechtlich für wichtige Teiltechnologien eigene Patente beantragt. Das habe Rambus ungerechtfertigt in einen Wettbewerbsvorteil gebracht. Rambus seinerseits äußerte, man habe in vollem Einklang mit den Gesetzen gehandelt. Die Anleger sahen das anders: Sie schickten die Aktie auf Talfahrt. Der Kurs brach um 35,9 Prozent auf 4,12 Dollar ein.
Auch in der Elektronikbranche gibt es noch Unternehmen, die ordentlich verdienen. Jabil Circuit zum Beispiel, ein Auftragsproduzent von elektronischen Komponenten. Der Gewinn je Aktie lag mit zehn Cent leicht über den Erwartungen der Analysten. Was aber noch schwerer gewogen haben dürfte: Jabil hat den Ausblick für das laufende Quartal bekräftigt. Jabil stellt unter anderem Computer und Autoelektronik her. Die Aktie verbesserte sich um 6,3 Prozent auf 20,35 Dollar.
Eine deftige Gewinnwarnung gab es vom Spezialisten für optische Datenverarbeitung Oak Technology. Statt eines erwarteten Gewinns von vier Cent je Aktie im laufenden Quartal wird wohl ein Verlust zwischen fünf und neun Cent anfallen. Oak macht dafür den schwachen PC-Markt verantwortlich. Das Unternehmen stellt unter anderem Komponenten für CD-Writer her. Die Aktie wird gnadenlos abgestraft: der Kurs brach um 54 Prozent auf 4,52 Dollar ein.
Zahlen legte Morgan Stanley vor. Die Investmentbank verbuchte bereits den siebten Rückgang ihres Quartalsgewinns in Folge. Das Ergebnis je Aktie von 72 Cent im abgelaufenen Quartal lag jedoch im Rahmen der Analystenerwartungen. Im vergleichbaren Vorjahresquartal hatte die Bank noch einen Gewinn von 82 Cent je Aktie erwirtschaftet. Das Papier schloss mit 2,3 Prozent bei 44,15 Dollar in der Verlustzone.
Besser sah es dagegen bei der Investmentbank Bear Stearns aus. Das Unternehmen steigerte seinen Gewinn im zweiten Quartal auf 1,55 Dollar je Aktie nach 1,18 Dollar im Vorjahresquartal. Analysten hatten lediglich einen Gewinn von 1,20 Dollar je Aktie erwartet. Grund für die guten Zahlen sei ein starker Zuwachs im Geschäftsbereich Anleihen, der die schwachen Aktienmärkte wettgemacht habe, so die Bank. Die Aktie verlor dennoch 0,4 Prozent auf 61,69 Dollar.
Schlechte Nachrichten gab es auch von der Konjunkturseite. Das US-Handelsministerium hat die am 31. Mai bekannt gegeben Daten zu den Auftragseingänge der US-Industrie sowie der Ordereingänge für langlebige Güter deutlich nach unten korrigiert. Die Auftragseingänge sind demnach im April nur um 0,6 Prozent und nicht um 1,2 Prozent gestiegen. Der Ordereingang für langlebige Güter stieg nur um 0,8 Prozent und nicht um 1,5 Prozent.
Quelle: ntv.de