US-Wirtschaft lahmt Wall Street verstimmt
31.07.2002, 22:20 UhrDie US-Wirtschaft ist im zweiten Quartal wesentlich geringer gewachsen als erwartet - und das hemmte zunächst auch die US-Aktienmärkte. Nach massiven Verlusten im Verlauf kam es aber zu einer kleinen Schlussrally. Der Dow Jones schloss mit einem Plus von 0,7 Prozent auf 8.737 Punkte, für die Nasdaq ging es 1,2 Prozent auf 1.328 Zähler nach unten. Zusätzlichen Druck übte zwischenzeitlich auch der ebenfalls unter den Erwartungen liegende Chicagoer Einkaufsmanagerindex aus.
Das US-Bruttoinlandsprodukt ist im zweiten Quartal nach vorläufigen Zahlen des US-Handelsministeriums um 1,1 Prozent und damit wesentlich weniger stark gewachsen als erwartet. Analysten hatten im Schnitt mit einem Anstieg von 2,2 Prozent gerechnet. Die US-Verbraucherausgaben sind im zweiten Quartal um 1,9 Prozent gestiegen und damit weniger stark als in den ersten drei Monaten des Jahres als noch 3,1 Prozent mehr ausgegeben wurden.
Es sei zwar keine Überraschung, dass die US-Wirtschaft im zweiten Quartal nicht so robust gewachsen sei, wie in den ersten drei Monaten des Jahres, so ein Händler. Dass das Wachstum allerdings so deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben sei, sorge doch für neue Verunsicherung. Die Anleger würden nun wieder an der Erholung der US-Wirtschaft zweifeln.
Weitere schlechte Nachrichten gab es kurz nach Handelseröffnung. Der Konjunkturindex der Chicagoer Einkaufsmanager ist im Juli auf 51,5 von 58,2 Punkten im Vormonat und damit deutlicher als erwartet gefallen. Analysten hatten nur mit einem Rückgag auf 56,7 Punkte gerechnet.
Der größte lokale Telefonanbieter der USA, Verizon, hat seinen Verlust im zweiten Quartal auf 78 Cent je Aktie von 38 Cent im vergleichbaren Vorjahresquartal ausgeweitet. Ohne Sonderabschreibungen stand bei Verizon allerdings ein Gewinn von 77 Cent in den Büchern, womit das Unternehmen die Erwartungen von Analysten traf. Die Aktie legte 9,3 Prozent auf 33,00 Dollar zu.
Nach oben ging es für die Aktie von American Express. Die Investmentbank Lehman Brothers hat ihre Bewertung für die Aktie des Finanzdienstleisters auf „strong buy“ von zuvor „market perform“ erhöht. Die Aktie legte 4,0 Prozent auf 35,26 Dollar zu.
Eine Abstufung gab es dagegen für Eli Lily. Die Investmentbank Merrill Lynch hat ihre Bewertung für die Aktie auf „neutral“ von „buy“ heruntergesetzt. Als Grund nannten die Analysten Herstellungsschwierigkeiten, die zu einer Verzögerung bei der Zulassung neuer Medikamente sowie den hohen Aktienpreis des Pharmakonzerns. Für die Papiere ging es 0,3 Prozent auf 58,42 Dollar nach oben.
Einen Einbruch erlebte die Aktie von Nvidia. Der Hersteller von Graphikchips warnte am Dienstag nach US-Börsenschluss, dass das Ergebnis im zweiten Quartal deutlich unter den Erwartungen liegen werde. So werde der Umsatz in den abgelaufenen drei Monaten nur bei maximal 430 Millionen Dollar liegen. Analysten hatten durchschnittlich mit einem Umsatz von 567,9 Millionen Dollar gerechnet. Die Aktie brach 31,8 Prozent auf 11,07 Dollar ein.
Schlechte Nachrichten gab es auch für Amgen. Ein Gericht in Großbritannien hat in dem Patentstreit um ein Medikament gegen Blutarmut gegen das US-Biotechunternehmen entschieden. Ähnliche Medikamente von Aventis und Roche würden das Patent von Amgen nicht verletzen, so das Gericht. In einer früheren Entscheidung hatte ein anderes Gericht noch für Amgen entschieden. Die Aktie gewann 0,3 Prozent auf 45,64 Dollar.
Die Übernahme der norwegischen Petroleum Geo-Services (PGS) durch die texanische Veritas DGC ist überraschend gescheitert. Beide Unternehmen stellen seismische Daten für Hochsee-Erdölförderer zur Verfügung. Bei PGS kamen darauf hin Befürchtungen auf, die Liquiditätslage könnte sich dramatisch zuspitzen. Bei Veritas sah man den Abbruch der Verhandlungen dagegen mit Erleichterung. Die Aktie schoss 36,9 Prozent ins Plus auf 12,32 Dollar.
Einer der größten Verlierer an der New York Stock Exchange war der Verpackungsmittelkonzern Sealed Air. Hintergrund ist ein Gerichtsurteil, in dem festgestellt wurde, dass Sealed Air für die Übernahme einer Tochter des Konzerns W.R. Grace im Jahre 1998 deutlich zuwenig bezahlt habe. Grace wiederum war 2001 unter der Last von tausenden Asbestklagen zusammengebrochen und hatte Insolvenz angemeldet. Sealed Air brach um 34 Prozent auf 14,51 Dollar ein. Die Grace-Aktie verlor 16,7 Prozent auf 2,45 Dollar.
Quelle: ntv.de