Marktberichte

Inside Wall Street Wandlung und Fall des Falken

Die Börsenkolumne aus New York von Lars Halter

Es ist nicht einfach, irgend etwas Positives über Paul Wolfowitz zu sagen. Der frühere Vize-Verteidigungsminister im Pentagon galt stets als einer der schärfsten Falken in Washington, einer der großen Kriegstreiber. Seine Berufung zum Chef der Weltbank löste vor zwei Jahren Entsetzen aus - doch Wolfowitz überraschte viele Kritiker.

Der Falke versuchte eine öffentliche Wandlung zur Taube, kümmerte sich - wie es sein Job bei der Weltbank vorsieht - um die globale Entwicklungshilfe, verhandelte über einen Schuldenerlass für die ärmsten Länder der Welt und griff verbal sogar die amerikanische Regierung an. Der warf Wolfowitz zuletzt vor, zu wenig Entwicklungshilfe zu leisten. Insgesamt mokiert sich der ehemalige Rechtsaußen darüber, dass die reichsten Länder der Welt in den vergangenen zwölf Monaten ihre Zahlungen an die Dritte Welt um 5 Prozent gekürzt hätten.

So weit so gut, doch die wundersame Wandlung des Paul Wolfowitz dürfte damit schon zu Ende sein. Kurz vor dem Jahrestreffen der Weltbank steht der Bush-Zögling - Wolfowitz diente unter Bush-Vater und -Sohn - erneut unter Beschuss. Diesmal wegen Bestechung und Vorteilsnahme. Und während solche Vorwürfe ausgerechnet in Washington alles andere als exotisch sind, könnten sie für Wolfowitz das Ende einer langen Karriere bedeuten, denn der Mann hatte es sich im neuen Job zum Ziel gesetzt, gezielt Korruption und Vorteilsnahme auszumerzen. Nun ist seine Glaubwürdigkeit endgültig dahin.

Worüber Wolfowitz zu stolpern droht, ist - wie sie oft - kein kompliziertes Politikum, sondern eine schlichte Liebelei, eine jener tragischen Entwicklungen, in denen Liebe blind macht und gekoppelt mit einem gewissen Maß an Gier einen weiteren Mächtigen zu Fall bringt. Bei seinem Amtsantritt bei der Weltbank hatte Wolfowitz eine Affäre mit Shaha Riza, einer arabisch-stämmigen Funktionärin der Institution.

Riza verließ die Weltbank umgehend, wie es deren Regeln vorsehen, und wechselte ins Außenministerium, wo sie Liz Cheney untersteht, der Tochter von Vize-Präsident Cheney. Die Weltbank nämlich unterbindet persönliche Beziehungen innerhalb ihrer Ränge.

Bevor sie jedoch ihren Posten verließ, ließ sich Riza von Wolfowitz befördern und strich eine dicke Gehaltserhöhung auf mehr als 193.000 Dollar ein, die weiter von der Weltbank bezahlt wird und Riza eine höhere Stellung in ihrer neuen Karriere versprach. Brisantes Detail: Sie verdient zur Zeit mehr als die Leiterin des Ministeriums, Condoleezza Rice.

Die Beförderung von Riza widerspricht nach Aussagen der Notenbank - und einem Geständnis von Wolfowitz - sämtlichen internen Regeln. Wolfowitz hat nun die Verantwortung für sein Handeln übernommen. Einen Rücktritt, von vielen gefordert, hat er bisher nicht angeboten. Über eine solche oder ähnliche Maßnahmen soll ein Gremium der Weltbank beraten, dessen Entscheidung sich Wolfowitz eigenen Angaben zufolge beugen will.

Quelle: ntv.de

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