Inside Wall Street Wirtschaftsfaktor Soccer
16.06.2010, 07:00 UhrIn den USA erfreut sich Fußball wachsender Beliebtheit - trotz Football und Basketball. Davon wollen nicht nur amerikanische Konzerne profitieren, sondern auch die Profiliga.
Fußballfans in den USA verzweifeln daran, dass ihr Sport nicht mit Football übersetzt wird, sondern mit dem veralteten britischen Soccer. Doch das wird sich nicht ändern, denn Soccer wird das weit verbreitete amerikanische Football - mit dem elliptischen Ball und den undurchsichtigen Regeln - nie ersetzen. Doch immerhin wächst die Begeisterung für das Spiel - und damit die wirtschaftliche Bedeutung.
Als Profisport mag Fußball in den USA eine untergeordnete Rolle spielen. Die US-Liga MLS zieht nur einen Bruchteil der Zuschauer an, die sich etwa für die Basketballer in der NBA oder die MLB im Baseball begeistern. Doch ist Fußball (nach Basketball) der Sport mit der zweitgrößten Spielerzahl zwischen New York und Los Angeles, unter Frauen ist Fußball sogar die Nummer Eins. Besonders in High Schools und Colleges ist der Kampf ums runde Leder beliebt.
Ebenso bei den amerikanischen Unternehmen. Die haben den Wert des internationalen Fußballs längst erkannt und gehören seit Jahrzehnten zu den wichtigsten Sponsoren der FIFA Weltmeisterschaft und anderer internationaler Turniere. McDonald's, Coca-Cola und der Kreditkartenriese Visa sind in diesen Tagen aus der Werbelandschaft in Südafrika nicht wegzudenken.
In jeder Disziplin eine Weltmacht
Vor dem Hintergrund gewaltiger finanzieller Investitionen und der allgemeinen Wachstumstrends blickt MLS-Chef Don Garber optimistisch in die Zukunft. "Amerika war immer der Mittelpunkt des Universums: politisch, kulturell und sportlich", sagt er. Es ist nur folgerichtig, dass das Land auch im Fußball irgendwann zu einer Weltmacht würde.
Einiges spricht tatsächlich dafür. Abgesehen von Südafrika selbst wurden für die laufende WM in keinem Land der Welt mehr Eintrittskarten verkauft als in den USA. Kein Land hat mehr für die Übertragungsrechte ausgegeben als die USA, wo die Disney-Sender ABC und ESPN und die spanischsprachige Station Univision satte 425 Mio. Dollar hingeblättert haben. Das Risiko ist wohl kalkuliert: Die Werbespots für alle Spiele waren binnen kürzester Zeit ausverkauft.
ESPN nutzt die WM nun sogar, um eine neue Technologie einzuführen: 15 Millionen amerikanische Haushalte empfangen einen neuen 3D-Sender. Das nutzt zunächst nur denen, die auch einen 3D-fähigen Fernseher haben, und stellt Unternehmen vor ein Dilemma. Werbesports in 3D kosten bis zu 40 Prozent mehr in der Produktion – und erreichen nur einen kleinen Teil der Bevölkerung. Trotzdem haben sich mit Procter & Gamble, Sony und Disney/Pixar drei Werbepartner auf das Experiment eingelassen, das in den nächsten Jahren zu einem Money Maker werden könnte.
Henry kommt
Was den USA letztlich fehlt, ist nur eine vernünftige Liga. Auch da macht man Fortschritte. Obwohl selbst Franz Beckenbauer und Pele mit ihren Gastspielen bei Cosmos New York in den Siebzigerjahren den Untergang der North American Soccer League nicht verhindern konnten, geht man noch einmal den Weg über die Stars: Nach Beckhams Einsatz bei Los Angeles Galaxy haben nun die New York Red Bulls den französischen Stürmerstar Thierry Henry verpflichtet, der noch in diesem Sommer im nagelneuen Stadion in New Jersey auflaufen soll. So soll Mann für Mann die Liga aufgepeppt werden - das Geld ist da, die Fans werden schon folgen.
Quelle: ntv.de