Linde bleibt gefragt Zinsen belasten Dax
29.06.2007, 12:00 UhrUnklarheit über die weitere Zinsentwicklung in den USA hat die Kauflust der Anleger am deutschen Aktienmarkt gebremst. Der Dax pendelte am Vormittag um seinen Vortagesschluss von 7921 Punkten, nachdem er zeitweise schon 0,5 Prozent zugelegt hatte. "Der Markt ist vor den US-Zahlen in Lauerstellung", sagte ein Händler. "Da will sich keiner auf dem falschen Fuß erwischen lassen, schon gar nicht am letzten Handelstag vor dem Halbjahres-Ultimo."
Wie erwartet hatte die Fed den Leitzins in der weltgrößten Volkswirtschaft mit 5,25 Prozent unverändert gelassen. Zugleich vermied sie es aber, Klarheit über die künftige Zinspolitik zu schaffen. "Es gibt nur eine leicht Veränderung des Vokabulars, die letztlich neutral für die Märkte ist", fasste ein Börsianer das Ergebnis der Sitzung unter Leitung von Notenbank-Chef Ben Bernanke zusammen. Voraussichtlich blieben die Zinsen vorerst auf dem jetzigen Niveau. "Ben Bernankes Team berücksichtigt offensichtlich den Wahlslogan von Konrad Adenauer: 'Keine Experimente'", spottet Folker Hellmeyer, Chefstratege der Bremer Landesbank.
Daher hofften nun viele Anleger, dass die am Nachmittag zur Veröffentlichung anstehenden US-Konjunkturdaten mehr Klarheit geben. Unter anderem werden Daten zu den Konsumausgaben und der Einkaufsmanagerindex von Chicago erwartet.
Händler vermuten, dass viele institutionelle Anleger zudem am letzten Handelstag des Halbjahres "Ultimo-Pflege" betreiben. "Viele werden versuchen, sich für dem Halbjahresultimo hübsch zu machen", sagte ein Händler. "Bis zum Abend halten sie daher ihr Pulver trocken, denn was nutzt es jetzt, wenn der Dax auf 8000 läuft und am Abend bei 7900 schließt." Für die Halbjahresbilanz sei schließlich der Schlussstand entscheidend.
Ein Bombenfund in der Londoner Innenstadt habe Erinnerungen an frühere Terroranschläge geweckt und die Anleger zur Vorsicht veranlasst, auch wenn es zunächst keine Informationen zu den Hintergründen gab.
Linde auf Allzeithoch
Die Aktien von Linde setzten ihren Höhenflug vom Vorabend fort und legten bis zu 4,8 Prozent auf ein Allzeithoch von 92,19 Euro zu. Händler rätselten über die Gründe für die Hausse der Titel, die schon am Donnerstag mehr als vier Prozent gewonnen hatten. "Die Aktie ist charttechnisch ausgebrochen, das scheint mir noch die plausibelste Erklärung zu sein", sagte ein Händler. Bis zum Mittag schmolz das Plus mit dem nachgebenden Dax auf 1,7 Prozent zusammen. Ein Grund könnte die geplant MOX-Übernahme sein. Linde hat sein Angebot für die angestrebte Komplettübernahme des Gasunternehmens Malaysian Oxygen erhöht. Die Offerte liege nun bei 17 Ringgits (umgerechnet 3,64 Euro) nach zuvor 15 Ringgits (3,21 Euro). Linde hält mittlerweile 76 Prozent an MOX, bräuchte aber 90 Prozent, um die verbliebenen Aktionäre per Zwangsabfindung herauszudrängen und MOX wie geplant von der Börse zu nehmen.
Außerhalb des Dax legten die Aktien von IVG Immobilien nach einer Analystenempfehlung 1,8 Prozent zu. Morgan Stanley hat die Aktie auf die Watchlist gesetzt. Bei einem "Overweight" sehen die Banker das Kursziel der Aktie bei 34 Euro.
Norddeutsche Affinerie stiegen um 1,7 Prozent. Europas größte Kupferhütte befindet sich in einem Machtkampf mit ihrem neuen österreichischen Großaktionär A-Tec. Beide umwerben den belgischen Kupferproduzenten Cumerio.
Im Kleinwerteindex SDax rankten sich die Gespräche weiter um den Flugzeugmotorenhersteller, dessen Aktien am Donnerstag um 24 Prozent zugelegt hatten. Der amerikanische Flugzeugbauer Cessna relativierte die Bedeutung der erweiterten Kooperation mit Thielert, die Unternehmenschef Frank Thielert als größte Motorenlieferung der Firmengeschichte beschrieben hatte. Thielert-Aktien fielen um bis zu 3,7 Prozent auf 22,14 Euro.
Die Aktien von Lanxess stiegen zeitweise um fast drei Prozent, gaben zum Mittag aber auf ein Plus von 1,32 Prozent nach. Das Chemieunternehmen erhält den Kaufpreis für sein Kunststoffgeschäft Lustran Polymers von der britischen Chemiegruppe Ineos in zwei Schritten. Die erste Zahlung von 35 Mio. Euro erhält Lanxess Ende September.
Im SDax legten die Aktien von Cash-Life über fünf Prozent zu. Der Finanzdienstleister hat seinen Gewinn im zweiten Quartal deutlich gesteigert. Der Überschuss liegt nach vorläufigen Zahlen zwischen 4,7 und 5,7 Millionen Euro. Das sei ein Anstieg gegenüber dem Vorjahr um mehr als zwei Drittel, so das Unternehmen, das Lebensversicherungen aufkauft.
Die Aktien von Bauer und Grammar werden heute ex Dividende gehandelt.
Quelle: ntv.de