Inside Wall Street Zwei Küsten, zwei Modetrends
14.06.2007, 19:18 UhrDie Börsenkolumne aus New York, von Lars Halter
In New York kann es heiß werden im Sommer. Vor allem im Financial District, wo die Wolkenkratzer nahe stehen und die Gassen schmal und stickig sind. Wer hier Erfolg haben will, kommt trotzdem jeden Tag mit Anzug und Krawatte - das ist der offizielle "dress code". Doch gilt der nicht überall in Amerika, andernorts sieht man es lockerer.
Zum Beispiel in Kalifornien. Zu einem Interview mit dem Wirtschafts-Nobelpreisträger Harry Markowitz trug ich jüngst das Hemd offen und kein Jackett - der Portfolio-Guru hatte das gewünscht. Man treffe sich „california style hatte es vorab per Telefon geheißen, und am Ende war ich froh, nicht etwa in kurzen Hosen auflaufen zu müssen. Das wäre mir dann doch unangenehm gewesen.
Genauso unangenehm ist es wiederum Geschäftsleuten aus Kalifornien, wenn sie zum Meeting nach New York müssen. Ein offenes Hemd ist hier unvorstellbar, ein Affront gegenüber dem Geschäftspartner.
Da kommt ins Schwitzen, wer oft fliegt und sich regelmäßig umstellen muss. Erfahrene Manager schleppen auf Business-Trips durch die Staaten mehrere Kleidersäcke mit. Einer hält „business casual, wie man den lockeren Stil in Kalifornien nennen könnte, ein anderer hält alles, was in New York anerkannt ist. Das ist eher konservativ.
David Goldhill, Präsident des Mediesngruppe Universal Television, beschwerte sich jüngst bei Christina Binkley, der Stil-Chefin des Wall Street Journal. „Wenn ich in Los Angeles einen Anzug trage, gelte ich New-York-Typ. Wenn ich in New York keinen Anzug trage, gelte ich als L.A.-Typ. Beides kommt nicht gut an, sich anzupassen ist gefragt.
Binkley kennt unzählige andere Beispiele. Ein Freund, der von West nach Ost gezogen war, sei neulich beim Geschäftessen offen kritisiert worden, er ziehe sich „immer noch an wie in Los Angeles. Und auch sie selbst bleibe von Fehlgriffen nicht verschont. In ihrem Büro an der Westküste sei sie jüngst mit hochgezogenen Brauen komplimentiert worden. „Du siehst aber toll aus heute, klang es nur auf den ersten Blick positiv. „Ich war völlig deplaziert, gesteht Binkley, die am Morgen im Hotel in den New-York-Sack gegriffen und mit ihrer Auswahl die legeren L.A.-Kollegen verstört hatte.
Abgesehen von ein wenig Gewöhnung an die regionalen Sitten, gibt es natürlich ein einfaches Mittel, allzu schlimmen Fauxpas vorzubeugen - ein Anruf genügt doch. So beginnt ein Treffen zwischen Ost- und Westküste eben nicht mehr mit einem Projektvorschlag, sondern mit der ganz banalen Frage: Was ziehen wir an?
Quelle: ntv.de