"Kein gutes Omen" Dax schließt knapp im Plus
19.04.2011, 18:00 Uhr
Schreckhaft wie Kapital, aber evolutionär recht erfolgreich: Der Feldhase.
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Unerwartet robuste Konjunkturdaten aus den USA und der freundliche Handelsstart an der Wall Street reichen nicht aus: Der deutsche Leitindex kann sich am Dienstag nicht aus seiner engen Seitwärtsbewegung befreien. Die Aktien der Autobauer halten den Dax im Plus.

Schmale Spanne am zweiten Tag der verkürzten Handelswoche vor Ostern: Der Dax am Dienstag.
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Interesse an Autowerten und Erleichterung über den Quartalsbericht von Goldman Sachs haben am Dienstag an den europäischen Aktienmärkten zu leicht steigenden Kursen geführt. Allerdings sorgten die andauernden Sorgen um die Schulden Griechenlands und der USA bei vielen Anlegern weiter für ein mulmiges Gefühl. "Von Euphorie kann keine Rede sein, das ist nur eine technische Erholung", fasste ein Händler zusammen.
Der Dax konnte bis zum Abend nur einen kleinen Teil seiner Gewinne ins Ziel retten. Freundliche Daten vom US-Immobilienmarkt stützten den deutschen Leitindex letztlich kaum. Zum Handelsschluss stand der Dax am Dienstag 0,18 Prozent höher bei 7039,31 Punkten. Für den MDax der mittelgroßen Werte ging es um 0,73 Prozent auf 10.238,83 Punkte nach oben. Der TecDax verlor dagegen minimial und schloss 0,07 Prozent tiefer auf 897,88 Punkte. Am Vortag war der Dax wegen Sorgen um die europäische Schuldenkrise und die US-Wirtschaft noch um mehr als zwei Prozent abgerutscht.
"Dass der Dax so weit abgeschlagen von seinem Tageshoch schließt, ist kein gutes Omen", erklärte ein Händler. Seit Tagen wird an den Märkten über eine Umschuldung Griechenlands spekuliert, was die Renditen griechischer Staatspapiere teils in den zweistelligen Bereich getrieben hat. Etwas Unterstützung bekamen die Aktienkurse von neuen US-Immobiliendaten, die etwas besser als erwartet ausfielen, wenngleich sie noch keine Wende am US-Immobilienmarkt signalisierten.
Die Finanzwerte konnten sich kaum von den Verlusten des Vortages erholen, als die US-Ratingagentur Standard & Poor' s den Ausblick für die Kreditwürdigkeit der USA gesenkt und damit für fallende Kurse gesorgt hatte. Goldman Sachs präsentierte zwar einen weniger starken Gewinneinbruch im ersten Quartal als erwartet. Doch überzeugen konnte die Investmentbank die Anleger offenbar nicht: An der Wall Street dreht der Kurs nach anfänglichen Gewinnen ins Minus. Bei den europäischen Bankenwerten schmolzen damit die Gewinne rasch wieder hin, und die Titel der Deutschen Bank schlossen fast unverändert, während die Aktien der Schweizer Großbank UBS mit einem geringen Plus von 0,6 Prozent aus dem Handel gingen.
"Ich denke schon, dass die Erwartungen nicht gigantisch waren, sie wurden aber dennoch übertroffen", kommentierte Aktienstratege Jörg Rahn von Marcard Stein & Co die Zahlen von Goldman Sachs. Das Geldhaus sei als Investmentbank ein guter Indikator und daher seien die Zahlen positiv zu sehen, meinte Rahn. Einige Investoren dürften beruhigt sein, erklärte auch Marktstratege Peber Cardillo von Avalon Partners in New York. Die Aktien der Commerzbank konnten sich von ihren kräftigen Vortagsverlusten leicht erholen und gingen nahe der Index-Spitze 1,5 Prozent fester bei 4,25 Euro aus dem Handel.
Größter Dax-Gewinner waren am Nachmittag die Aktien von BMW, VW, MAN und Daimler, die im Verlauf zeitweise bis zu knapp drei Prozent zulegten. Auf der seien zwar keine Überraschungen verkündet worden, aber insgesamt habe sich der positive Ausblick für die Autobranche bestätigt, sagte ein Händler. Daimler-Chef Dieter Zetsche äußerte die Erwartung, dass der chinesische Automarkt mittelfristig deutlich anzieht. BMW-Manager Ian Robertson rechnet 2011 in China mit zweistelligen Wachstumsraten bei den Absatzzahlen des Konzerns und im Premiumsegment insgesamt. BMW gingen als stärkster Wert im Dax mit einem Aufschlag von knapp 2,8 Prozent auf 58,79 Euro in den Abend. Dahinter ging es für Volkswagen (VW-Vorzüge) um 1,53 Prozent auf 113 Euro hoch. Daimler verteuerte sich um 0,94 Prozent auf 49,08 Euro. In Paris zogen Renault und Peugeot um bis zu 2,6 Prozent an.
Belastet wurde der Dax vom Rückgang der Versorgeraktien: RWE fielen um 1,1 Prozent, Eon um 0,7 Prozent. Analysten von Goldman Sachs hatten sich skeptisch zu beiden Unternehmen geäußert und die Kursziel gesenkt.
Die Anhebung der Umsatz- und Ergebnisprognose katapultierte die Leoni-Aktien an die MDax-Spitze. Bis zu 8,2 Prozent auf 33,57 Euro legten die Aktien zu. "Das ist eine riesige Anhebung", kommentierte ein Börsianer. Die DZ Bank bekräftigte ihre Kaufempfehlung mit einem Kursziel von 38 Euro. Er müsse seine Gewinnschätzungen aber nach oben revidieren, kündigte DZ-Bank-Analyst Jasko Terzic an. "Die Anhebung des Ausblicks kam angesichts der zuvor konservativen Ziele zwar nicht unerwartet, ist aber deutlicher als von mir erwartet ausgefallen", sagte Commerzbank-Analyst Daniel Schwarz. Am Abend schlossen Leoni 6,4 Prozent im Plus bei 32,99 Euro.
Die Aktien der Konkurrenten Continental und Rheinmetall, die anders als Leoni schon vorher von der Branchenerholung profitiert hatten, bauten ihre vorherigen Gewinne aus und schlossen jeweils knapp 3 Prozent höher.
Der Eurostoxx50 beendete den Tag mit einem Plus von 0,34 Prozent bei 2857,61 Punkten. Die nationalen Aktienindizes in Paris und London konnten ebenfalls zulegen. An der Wall Street zeigte sich der Dow Jones Index zum europäischen Handelsschluss kaum verändert. Positiv reagierten die Anleger in New York auf die Zahlen von Johnson & Johnson. Der Pharmariese hatte im ersten Quartal überraschende Zuwächse erzielt und verhalf damit seinen Aktien zu einem Plus von fast drei Prozent. In Zürich kletterten die Titel von Novartis um 3,5 Prozent, nachdem die Schweizer ihren Zwischenbericht veröffentlicht hatten.
Starke Umsatzzahlen machten den Anlegern in London und Paris Appetit auf Luxusgüteraktien: So stiegen die Titel von Burberry um 6 Prozent, die von LVMH - zu dem Konzern zählen Marken wie Moet & Chandon und Louis Vuitton - verteuerten sich um 5 Prozent.
Am Rentenmarkt sank die durchschnittliche Rendite der börsennotierten Bundeswertpapiere auf 3,07 (Montag: 3,11) Prozent. Der Rentenindex Rex stieg um 0,13 Prozent auf 121,64 Punkte. Der Bund Future verlor 0,21 Prozent auf 122,19 Punkte.
Der Kurs des Euro stieg: Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs auf 1,4302 (Montag: 1,4275) Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,6992 (0,7005) Euro.
Quelle: ntv.de, mmo/dpa/rts