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Geschmacklos aber üblich AIG-Chef rechtfertigt Boni

Im Streit um Bonuszahlungen an führende Manager hat der Chef des angeschlagenen US-Versicherungsriesen American International Group (AIG) Fehler eingeräumt. Einige der ausgezahlten Boni empfinde er als geschmacklos, sagte Edward Liddy vor einem Ausschuss des Kongresses in Washington.

In seiner Aussage zog Liddy eine kritische Bilanz der Arbeit von AIG: "Bei AIG wurden Fehler in einem Ausmaß gemacht, wie es sich nur wenige hätten vorstellen können." Die Bonuszahlungen seien den Managern aber vertraglich zugesagt worden und seien in der Geschäftspraxis üblich. "Wir müssen unser Unternehmen weiter als Unternehmen führen - und uns dabei den kalten Realitäten des Werbens um Kunden, Einkünfte und Angestellte stellen", hieß es in Liddys Stellungnahme.

180 Mrd. vom Staat

"Aus diesem Grund und wegen rechtlicher Verpflichtungen hat AIG kürzlich eine Reihe von Bonuszahlungen geleistet, von denen ich manche als geschmacklos empfinde", erklärte Liddy weiter. Er unterstrich seinen Willen, AIG neu aufzustellen und wieder profitabel zu machen, so dass die 180 Mrd. US-Dollar staatliche Finanzhilfe zurückgezahlt werden könnten.

Liddy erklärte den Abgeordneten, AIG sei sich bewusst, dass die Geduld der Bevölkerung fast erschöpft sei. Dieses Geständnis konnte jedoch die Wut der Abgeordneten kaum bändigen. Ein Mitglied des Ausschusses sagte, AIG sei die Abkürzung für "Arroganz, Inkompetenz und Gier". Liddy war erst nach der ersten staatlichen Rettungsaktion auf Bitten der Regierung an die Spitze des Konzerns gekomen und ist damit nicht für dessen katastrophale Verluste verantwortlich.

Liddy forderte die Empfänger der Zahlungen zum freiwilligen Verzicht auf. Seinen Angaben zufolge erklärten sich bereits mehrere AIG-Manager bereit, die Boni komplett zurückzuzahlen. Er selbst habe jenen Empfängern, die mehr als 100.000 Dollar erhalten haben, den Verzicht auf mindestens die Hälfte nahegelegt, sagte Liddy.

Die an AIG-Manager ausgezahlten Boni in Höhe von 165 Mio. US- Dollar hatten in den USA parteiübergreifend einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Der Vorsitzende des Kapitalmarktausschusses, vor dem Liddy gehört werden soll, brachte die Ablösung des AIG-Chefs ins Gespräch. "Herr Liddy wird uns entweder sagen müssen, wie er Veränderungen bewirken und diese Boni zurückzahlen will, oder wir werden seine Ablösung erwägen", sagte der Demokrat Paul Kanjorski. Der Staat hält inzwischen eine Mehrheit der Anteile an AIG.

Liddy beklagte in der Anhörung, dass er angesichts der aufgeheizten öffentlichen Stimmung um das Leben seiner Angestellten fürchte. Er las aus Todesdrohungen vor, die bei AIG eingegangen seien. Darin wurde den Managern unter anderem angedroht, sie mit einer Klaviersaite zu erdrosseln. "Ich bin in Sorge um die Sicherheit unserer Leute", sagte Liddy. Der Forderung des Kongresses nach Vorlage der Namen von Bonus-Empfängern wolle er deshalb nur nachkommen, wenn äußerste Vertraulichkeit gewährt sei.

Emp örung wächst

Unterdessen wächst in den USA wächst die Empörung über Millionen-Bonuszahlungen. Nach Präsident Barack Obama will auch das Parlament Gegenmaßnahmen ergreifen. Demokraten und Republikaner haben bereits eine mögliche "Lex AIG" ins Auge gefasst: Notfalls sollen die Boni durch hohe Steuern abgeschöpft werden.

Zugleich gerät die Regierung unter zunehmenden Druck. US-Medien stellen die Frage, warum Obama und Finanzminister Timothy Geithner nicht schon früher handelten. Die "New York Times" sprach von einem "Feuersturm, der über Regierung und Kongress" hinwegfegt. Es heißt, Obama hätte erst Ende vergangener Woche von den Boni erfahren.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft haben 73 Manager jeweils mindestens eine Million US-Dollar erhalten. Insgesamt seien 165 Mio. US-Dollar an Boni gezahlt worden, obwohl das taumelnde Unternehmen Milliarden aus dem staatlichen Rettungsprogramm für den Finanzsektor erhalten hatte. "AIG hat mehr als 73 Millionäre in der eigenen Firma geschaffen, die zuvor so viel Geld verloren hatte, das sie in die Knien ging und ein Rettungspaket des Steuerzahler erzwungen hatte", kritisierte die New Yorker Staatsanwaltschaft. Nach dem Willen Obamas sollen alle juristischen Mittel ausgeschöpft werden, um diese Bonuszahlungen zu blockieren. "Es geht hier nicht nur um Dollar und Cent, es geht um fundamentale Werte", meinte Obama kürzlich.

Quelle: ntv.de

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