Mercks Glücksgriff Erbitux Auf dem Weg zur Allzweckwaffe
10.01.2007, 08:53 UhrDer Darmstädter Pharma- und Spezialchemiekonzern Merck steuert mit seinem Krebsmittel Erbitux einen Mrd.markt an. Der Hoffnungsträger kam einer Zulassungserweiterung einen entscheidenden Schritt näher: in einer Darmkrebsstudie, die Merck am Mittwoch vorstellte, erreichte das Mittel positive Ergebnisse.
Bislang darf Erbitux bei fortgeschrittenem Darmkrebs nur zur Behandlung von Patienten eingesetzt werden, bei denen eine vorherige Behandlung erfolglos war. Mit einer nun näher rückenden Zulassung auch für die Erstbehandlung würde sich für Erbitux der Markt deutlich erweitern. Die im Nebenwerte-Index MDax notierte Aktie legte nach Bekanntgabe der Studienergebnisse 2,7 Prozent auf 88,57 Euro zu und war damit Spitzengewinner in dem Index.
In einer Studie habe sich gezeigt, dass das Mittel die Überlebenszeit von Patienten mit zuvor unbehandeltem fortgeschrittenem Darmkrebs verlängere, teilte Merck mit. Erbitux habe damit das vorrangige Studienziel geschafft, die so genannten progressionsfreien Überlebenszeit zu strecken. Dabei handelt es sich um die Zeit bis zum weiteren Fortschreiten der Krankheit. "Wir sind über diese Ergebnisse sehr erfreut", erklärte Wolfgang Wein von der Onkologie-Sparte des Konzerns. Sie zeigten den Nutzen einer Erbitux-Verabreichung zusätzlich zur Chemotherapie als Erstbehandlung. Studiendetails will Merck im Juni auf einem Krebsforscherkongress in den USA vorstellen.
Erbitux bereits in vielen Ländern auf dem Markt
Erbitux ist der größte Hoffnungsträger der Pharmasparte von Merck. Der Darmstädter Traditionskonzern hatte 1998 die Entwicklungs-und Vermarktungsrechte für das Mittel außerhalb der USA und Kanada von der US-Biotechfirma ImClone erworben. Das Präparat ist gegenwärtig in 58 Ländern zugelassen für die Behandlung von fortgeschrittenem Darmkrebs, gegen den eine vorherige Standardtherapie erfolglos war. Zudem ist das Präparat in 44 Ländern für die Behandlung von Kopf-und Halskrebs zugelassen. Mit dem Mittel, einem biotechnisch entwickelten Antikörper gegen das unkontrollierte Wachstum von Tumorzellen, setzte der Konzern im dritten Quartal 87 Mio. Euro um, 46 Prozent mehr als vor einem Jahr.
Sobald alle Studiendaten vorliegen, wolle das Unternehmen bei der europäischen Arzneimittelbehörde EMEA die Zulassungserweiterung beantragen, kündigte ein Sprecher an. Der genaue Zeitpunkt stehe aber noch nicht fest. In der Studie der Phase III wurde das Medikament mit einer Chemotherapie bei der Erstbehandlung von fortgeschrittenem Darmkrebs verglichen. Dabei erhielten Patienten entweder die Chemotherapie als Monotherapie oder aber die Chemotherapie plus Erbitux. An der Studie nahmen mehr als 1000 Patienten teil.
Analysten rechnen mit zusätzlichen Umsätzen
Analysten hatten die Daten mit Spannung erwartet. Analysten der WestLB hatten geschätzt, dass Merck sich mit Erbitux bei positiven Studienresultaten ein zusätzliches Umsatzpotenzial von rund 550 Mio. Euro erschließen könnte. Das Bankhaus Sal. Oppenheim hält es für möglich, dass sich Erbitux dann als Alternative zu dem Krebsmittel Avastin von Roche etablieren könnte, was der Bank zufolge ein Umsatzpotenzial von bis zu einer Milliarde Euro für Erbitux bedeuten würde. Entsprechend positiv äußerten sich Experten zu den Daten. "Wir glauben, dass die neue Studie das Indikationsgebiet für Erbitux erweitert, da es die Vorzüge einer zusätzlichen Gabe von Erbitux bei einer Chemotherapie zur Erstbehandlung zeigt", erklärte Carsten Kunold vom Bankhaus Merck Finck. Das Brokerhaus Equinet rechnet bei einer Zulassungserweiterung mit einem zusätzlichen Umsatz von rund 300 Mio. Euro.
Quelle: ntv.de