Jahreslanger Rechtsstreit Aufbau-Verlag insolvent
30.05.2008, 13:01 UhrDie Berliner Aufbau-Verlagsgruppe geht in Insolvenz. Der früher bedeutendste Verlag der DDR mit großen Werkausgaben von Brecht bis Fontane werde in den nächsten Tagen beim Amtsgericht Charlottenburg Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen Überschuldung stellen, teilte der Verlag mit. Hintergrund ist ein jahrelanger Rechtsstreit mit der früheren Treuhandanstalt um die tatsächlichen Eigentumsrechte beim Verkauf des Aufbau-Verlags nach dem Ende der DDR.
Verleger Bernd F. Lunkewitz zieht damit eine bittere Konsequenz aus einem jüngsten höchstrichterlichen Urteil, mit dem ihm vom Bundesgerichtshof bestätigt worden war, dass der Aufbau-Verlag in der DDR nie zum Volkseigentum gehörte. Damit sei er auch nie Eigentum der Treuhandanstalt gewesen, die ihn an eine Investorengruppe um Lunkewitz 1991 verkauft hatte. Tatsächlicher Eigentümer sei bis zuletzt der Kulturbund, die frühere Massenorganisation der DDR, gewesen, der den Verlag seinerseits an Lunkewitz verkaufte.
Enorme Risiken
Damit könnten für den Verleger bisherige Investitionen von rund 50 Millionen Euro verloren gehen, zu neuen Investitionen sei die Gruppe "in Erwartung weiterer Prozesse" auch nicht in der Lage, heisst es in der Presseerklärung vom Freitag. Die Überschuldung des Verlages ergebe sich daraus, dass die von der Treuhandanstalt 1991 verkaufte Gesellschaft "zu keiner Zeit Inhaberin des Vermögens des Aufbau- Verlags, insbesondere der Verlagsrechte" gewesen sei, hieß es. Das kann möglicherweise noch weitreichende juristische Folgen haben. Lunkewitz könnte die Bundesregierung auf Schadenersatz verklagen, andere Verlage, die von Aufbau Lizenzrechte erworben haben, könnten die Aufbau-Verlagsgruppe verklagen.
Er habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht, betonte Lunkewitz. "Aber durch die Weigerung des Bundesfinanzministeriums als Rechtsaufsicht der abgewickelten Treuhand, sich der Verantwortung für die schwerwiegenden Täuschungen zu stellen, wird die Aufbau Verlagsgruppe auf unabsehbare Dauer mit enormen rechtlichen und wirtschaftlichen Risiken belastet. Ich habe alles getan, um den Verlag am Leben zu erhalten. Weitere Mittel aus meinem privaten Vermögen werde ich nicht zur Verfügung stellen."
Erst in der vergangenen Woche hatte die Bundesregierung ihre Auffassung bekräftigt, wonach der Verkauf des Aufbau-Verlags 1991 nicht rechtswidrig oder unwirksam gewesen sei. Zudem habe die Treuhandanstalt für die Fortführung des Verlages und im Interesse seiner Mitarbeiter "erhebliche finanzielle Mittel bereitgestellt".
2007 hatte die Aufbau-Verlagsgruppe, zu der auch der Verlag Rütten und Loening gehört, nach Angaben der Geschäftsführer Tom Erben und Ren Strien mit zeitgenössischer und klassischer Literatur, Belletristik und populären Sachbüchern einen Umsatz von 14,2 Millionen Euro erzielt. Zu den meistverkauften Büchern zählten zuletzt Werner Bräunings postumer Überraschungserfolg "Rummelplatz", die Kriminalromane von Fred Vargas sowie die Autobiografie des Schauspielers Winfried Glatzeder. Frühere Bestseller waren "Die Päpstin" und die Tagebücher von Victor Klemperer.
Quelle: ntv.de