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GM, Chrysler, oder beide? Autobauer am Abgrund

Nach dem Scheitern des Rettungsplans für die US-Autobranche im Senat halten Analysten den Bankrott von mindestens einem der drei großen Autohersteller für wahrscheinlich. "Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass General Motors oder Chrysler Antrag auf Gläubigerschutz (Chapter 11) anmelden werden, zumal sie bereits angekündigt haben, finanziell nicht allein bis zum Jahresende durchhalten zu können", schrieben die Analysten der LBBW.

Equinet-Analyst Tim Schuldt warnte, dass Chapter 11 unkontrollierbare Folgen haben könnte. Ford halten die Analysten anders als GM und Chrysler zumindest kurzfristig für überlebensfähig.

"Wenn es zu einer Pleite von GM käme, hätte dies gravierende Folgen für die Wirtschaft", warnte Aktienstratege Carsten Klude von M.M. Warburg. Als einzigen Ausweg für die "Großen Drei" aus Detroit sieht Kredit-Analyst Sven Kreitmair von Unicredit, dass der scheidende US-Präsident George W. Bush den 700 Mrd. Dollar schweren Bankenfonds dafür anzapft. Die Chancen darauf seien aber gering.

Analysten zufolge stehen vor allem GM und Chrysler mit dem Rücken an der Wand. Beide hatten in den Anhörungen vor dem Kongress erklärt, ohne frische Staatsmittel kurzfristig nicht überleben zu können. Außerdem warnten sie, dass der Zusammenbruch eines Autokonzerns einen Dominoeffekt nach sich ziehen würde.

Ford etwas weniger gefährdet

Der Senat hatte den Rettungsplan für die US-Autoindustrie nach einer elfstündigen Marathonsitzung abgelehnt. Die Republikaner von Präsident Bush kippten die geplanten Not-Kredite von 14 Mrd. Dollar. GM engagierte daraufhin laut einem Zeitungsbericht bereits Insolvenzberater. Ford gilt vorerst als etwas weniger gefährdet.

GM hatte um zehn Mrd. Dollar bis Jahresende gebeten, Chrysler um vier Mrd. Die Unternehmen "verbrennen" derzeit ihre Bargeld-Reserven. In der Finanz- und Konjunkturkrise ist der Absatz massiv eingebrochen und die geschmolzenen Einnahmen aus dem Tagesgeschäft reichen nicht aus, um die laufenden Kosten zu decken.

Wie schnell GM und Chrysler das Geld ausgehen könnte, ist unklar. Bevor sie vor kurzem eilige Kredite noch im Dezember gefordert hatten, hieß es noch, sie könnten bis ins nächste Jahr durchhalten. Insgesamt hatten die "großen drei" GM, Ford und Chrysler um staatliche Kredite von 34 Mrd. Dollar gebeten, die bis Ende 2009 ausgezahlt werden sollten. Ford gilt als solider finanziert.

"Das wird ein schlimmes Weihnachten"

An der Autoindustrie hängen nach verschiedenen Schätzungen drei bis fünf Mio. Arbeitsplätze in den USA. "Das wird ein schlimmes, schlimmes Weihnachten für viele Menschen", sagte der Mehrheitsführer der Demokraten im Senat, Harry Reid.

Den Republikanern gingen die Zugeständnisse der Autoindustrie als Gegenleistung für die rettenden Milliarden nicht weit genug. So weigerten sich die Auto-Gewerkschaften, die von den Republikanern geforderten tiefgreifenden Lohnkürzungen zu akzeptieren. Damit sollten die Lohnkosten auf das Niveau der japanischen Anbieter in den USA gesenkt werden.

Bis zur Zusammenkunft des neuen Senats im kommenden Jahr werde es "keine weiteren Arbeiten" an dem Rettungsplan geben, sagte Reid. Zuvor hatte das US-Abgeordnetenhaus den Plan am Mittwoch mit 237 gegen 170 Stimmen verabschiedet.

Banger Blick zur Wall Street

Er schaue mit Angst auf die Kurse an der Wall Street, sagte Reid nach dem Scheitern der Verhandlungen. "Das wird kein schöner Anblick."

Vergeblich hatte auch der künftige US-Präsident Barack Obama die Senatoren aufgefordert, die US-Autohersteller zu retten. "Wir können nicht einfach daneben stehen und zuschauen, wie die Industrie zusammenbricht", sagte er.

Der 14-Milliarden-Dollar-Plan, der nur begrenzt den Forderungen der Auto-Unternehmen entsprach, war in tagelangen Verhandlungen zwischen den Demokraten und dem Weißen Haus entstanden. Er sah unter anderem vor, dass Präsident Bush einen Beauftragten - den sogenannten "Auto-Zar" - ernennt, der die vom Kongress verlangte Umstrukturierung und Sanierung der Unternehmen überwacht. Dieser "Auto-Zar" hätte die Autobauer notfalls auch in ein Insolvenz-Verfahren zwingen können.

Vergleichbar mit Fall Lehman Brothers

Republikanische Senatoren hatten auch bemängeltet, dass der "Auto- Zar" nicht genügend Macht habe, um eine tiefgreifende Umstrukturierung durchzusetzen. Der größte Fehler des Plans sei, "dass er heute Steuergelder für Reformen von morgen kostet, die vielleicht kommen oder auch nicht", meinte der republikanische Minderheitsführer im Senat, Mitch McConnell. Der Plan sichere auf lange Sicht nicht die Überlebensfähigkeit der Autounternehmen.

Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter, erwartet hektische Wochen. "Ich nehme nicht an, dass das die letzte Entscheidung ist, die wir vor dem Jahreswechsel sehen", sagte er bei n-tv. Die ganze Geschichte sei jetzt dramatisch und natürlich werde das sofort internationale Implikationen haben.

Nach Angaben des Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer wäre eine Insolvenz von GM "vergleichbar mit dem Fall Lehman Brothers im Bankenbereich und wird eine unkalkulierbare Abwärtsspirale in Gang setzen". Die Ablehnung der Kredite durch den amerikanischen Staat sei ein "dramatisches Zeichen" und erhöhe das Risiko eines schnellen Zusammenbruchs auf dem US-Automarkt.

Quelle: ntv.de

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