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Bis ins Mark erschüttert Bankenbranche im Sturm

Die Bankenkrise in den USA wird nach Einschätzung von Finanzexperten auch in Deutschland negative Auswirkungen haben, aber keine Pleitewelle auslösen. Für die Verbraucher in Deutschland habe die Krise keine spürbaren Konsequenzen. Unternehmen dürften bei der Kreditvergabe mehr Schwierigkeiten bekommen. Die Konsolidierung im Bankenwesen werde weitergehen, meinen die Experten.

"Die Banken in Deutschland und Europa werden zwar weitere Abschreibungen vornehmen müssen - da können sich ganz große Milliardenlöcher auftun", sagte Dirk Schiereck, Professor an der TU Darmstadt. "Pleiten sind aber nicht zu erwarten."

Nach Einschätzung des Finanzprofessors Andreas Pfingsten müssen die Bürger nicht um ihr Erspartes fürchten. Die Einlagensicherungssysteme in Deutschland seien relativ sicher, sagte Pfingsten. "Ob wir aber jeden Schock verdauen können, ist unklar", sagte er weiter. Auch er rechnet damit, dass die Banken in Deutschland bei der Kreditvergabe noch vorsichtiger werden.

Glos beschwichtigt

Nach Einschätzung von Wirtschaftsminister Michael Glos werden die deutschen Banken die gegenwärtige Finanzmarktkrise vergleichsweise glimpflich überstehen. "Die Nachrichten aus den USA sind nicht gut. Unsere Banken sind aber besser aufgestellt. Wir haben bereits Bereinigungen vorgenommen", sagte Glos. "Vor allen Dingen ist es auch so, dass unsere Wirtschaft inzwischen besser finanziert ist als in der Vergangenheit."

Glos räumte jedoch ein, die deutsche Wirtschaft könne unter einer Verlangsamung der Weltwirtschaft leiden. "Wir hoffen, dass es nicht zu einer Krise kommt, die die Weltwirtschaft an den Rand des Ruins treibt", sagte Glos.

IWF will einspringen

Nach Einschätzung von IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn ist das Schlimmste in der Finanzkrise noch nicht ausgestanden. "Die Konsequenzen sind nicht vorbei, aber die Auslöser liegen weit hinter uns", sagte Strauss-Kahn. Der Finanzsektor werde aus der Krise geschrumpft hervorgehen. Die Wirtschaft sei dagegen weltweit robuster als erwartet. Irgendwann im kommenden Jahr sei mit einem Anziehen des Wachstums zu rechnen.

Der Internationale Währungsfonds werde Finanzhilfe gewähren, wenn dies wegen der "Kombination der verschiedenen Krisen" nötig sei, sagte Strauss-Kahn weiter. Mehrere Notenbanken pumpten am Montag Milliardenbeträge in den Geldmarkt, um nach dem Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers eine Ausweitung der Krise zu verhindern.

Wie im griechischen Drama

Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), hält dagegen den Höhepunkt der Krise bereits für überwunden. Bei n-tv sagte Hüther: "Wir haben uns das in dieser Form sicherlich nicht vorstellen können. Andererseits ist es so ein bisschen wie im griechischen Drama - hier ist die Wendung, wo doch schon sehr viel passiert ist. Die Wertberichtigungen haben ihren Peak im Sommer gehabt."

Die harte Haltung der US-Notenbank bei der Suche nach einem Rettungsplan für die angeschlagene Investmentbank Lehman Brothers verteidigte Hüther mit den Worten: "Es kann auch nicht immer der Staat eintreten. Das ist eine völlig andere Lage als bei Fanny Mae und Freddie Mac, wo ja der Staat in den USA durchaus zu Recht - nicht schön, wenn man die Vorgeschichte kennt, aber unvermeidbar - unter die Arme gegriffen hat. Das muss jetzt verkraftet werden."

Die Notenbanken seien aufgerufen, durch Liquidität das gesamte System, "das heißt, den Kreislauf der Banken zwischen den Banken aufrecht zu erhalten". Das sei "das Wichtigste, was jetzt geschehen muss", sagte Hüther bei n-tv.

Bange Blicke in die Schweiz

Die Folgen Lehman-Pleite sind für die beiden Schweizer Großbanken UBS und Credit Suisse nach eigenen Angaben noch nicht abzusehen. Für eine Einschätzung sei es viel zu früh, sagte ein UBS-Sprecher. Die Situation bei der schwer angeschlagenen US-Bank wollten weder UBS noch Credit Suisse kommentieren. An der Börse in Zürich gerieten die Schweizer Finanzinstitute infolge der US-Bankenkrise unter Druck.

Beide Banken gehören zu einer Gruppe internationaler Großbanken, darunter die Deutsche Bank, die einen 70 Mrd. Dollar schweren Unterstützungsfonds aufgelegt haben, um sich gegenseitig auszuhelfen.

Angeschlagene Nothelfer

UBS gehört zu den Banken in Europa, die am schwersten von der Finanzkrise getroffen wurden. Im zweiten Halbjahr steht die Schweizer Bank laut einem Bericht der "SonntagsZeitung" vor einem zusätzlichen Abschreibungsbedarf auf Risikopositionen von fünf Milliarden Dollar. Die Bank wollte dazu keine Stellung nehmen.

Auf Risikopositionen in den USA hatte UBS im zweiten Quartal weitere 5,1 Mrd. Dollar (rund 3,4 Mrd. Euro) abgeschrieben. Bereits 2007 hatte die Bank 21 Mrd. Franken wertberichtigt, im ersten Quartal 2008 waren weitere 19 Mrd. Franken hinzugekommen. Zwei Kapitalerhöhungen hatten dem Geldinstitut neue Liquidität verschafft.

Quelle: ntv.de

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