Stillstand in Großbritannien Brown unter Druck
22.08.2008, 15:26 UhrDas Wachstum in Großbritannien ist im Frühjahr überraschend zum Stillstand gekommen. Zum Winterquartal ergab sich kein Zuwachs mehr, wie das Nationale Statistikamt in einer revidierten Schätzung in London mitteilte. Zunächst war noch ein Wachstum von 0,2 Prozent veranschlagt worden. Damit ist die britische Wirtschaft im Sog der Finanz- und Immobilienkrise in schwieriges Fahrwasser geraten: Seit den Rezessionszeiten Anfang der 90er Jahre hat sich die Volkswirtschaft mit dem international führenden Finanzplatz London nicht mehr derart schwach präsentiert. Selbst der wichtige Servicesektor schwächelt: Mit einem Plus von 0,2 Prozent ist der Zuwachs so niedrig wie seit Ende 1995 nicht mehr.
Die konjunkturelle Talfahrt dürfte Labour-Premierminister Gordon Brown weiter unter Druck bringen, der in Umfragen weit hinter seinen konservativen Herausforderer David Cameron zurückgefallen ist. In London machen bereits Gerüchte die Runde, in den Reihen der Labour-Partei könne es zu einer Palastrevolte kommen und Außenminister David Miliband auf den Schild gehoben werden. Die nächsten Unterhauswahlen stehen regulär Mitte 2010 an.
Rezession nicht zu befürchten
Brown kann nach Einschätzung der Commerzbank nicht auf Rückenwind durch eine baldige Erholung setzen. "Angesichts der vorherrschenden Konjunkturrisiken ist es nicht auszuschließen, dass das Bruttoinlandsprodukt zwei Quartale in Folge schrumpfen wird", meint Commerzbank-Experte Peter Dixon. Trotz einer solchen technischen Rezession sei ein Abschwung wie in den 90er Jahren allerdings nicht zu befürchten, da die Bank von England rechtzeitig mit Zinssenkungen gegensteuern werde.
Experten gehen jedoch davon aus, dass sich die Notenbanker erst zu diesem Schritt entschließen werden, wenn der Teuerungsdruck nachlässt. "Die Senkung wird wohl erst kommen, wenn der Scheitelpunkt der Inflationswelle überschritten ist", sagt Brian Hillard von der französischen Großbank Societe Generale. Die Notenbanker setzen darauf, dass ein bis weit ins nächste Jahr hinein schwaches Wachstum den Preisdruck lindern wird. Er lag zuletzt doppelt so hoch wie das Stabilitätsziel der Währungshüter von zwei Prozent Teuerung. Peter Newland von Lehman Brothers geht davon aus, dass Großbritannien in der zweiten Jahreshälfte in einer technischen Rezession stecken wird. "Die Notenbank wird dann wohl reagieren und im November eine Serie von Zinssenkungen starten."
Quelle: ntv.de