Hilfe für die Commerzbank Brüssel horcht auf
05.11.2008, 22:04 UhrDie Commerzbank bekommt wegen ihrer Finanzspritze vom Bund möglicherweise Probleme mit der EU-Kommission. Die Wettbewerbsbehörde kündigte eine Einzelfallprüfung der 8,2 Mrd. Euro schweren staatlichen Kapitalzufuhr an. Die Bundesregierung wies die Kritik umgehend als "unzutreffend" zurück. Normalerweise ist eine Untersuchung der individuellen Rettungsgelder nicht nötig, da die EU das deutsche Konzept vergangene Woche bereits genehmigt hat. Die Commerzbank lehnte eine Stellungnahme ab.
"Auf den ersten Blick steht das nicht in Einklang mit dem deutschen Banken-Rettungspaket", sagte ein Sprecher von EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes in Brüssel. Zwischen der Kommission und dem Bundesfinanzministerium ist umstritten, wie viel die Banken mindestens für die staatlichen Hilfen zahlen müssen. Auf Basis von Medienberichten und ersten Informationen der Bundesregierung habe die Kommission den Eindruck, dass die Bedingungen für die Commerzbank nicht in Einklang stünden mit den Vorgaben des Rettungspaketes, sagte Kroes-Sprecher Jonathan Todd. Aus den Konditionen des deutschen Rettungspakets gehe hervor, dass es eine Verzinsung von zehn Prozent geben müsse.
Laut Commerzbank-Chef Martin Blessing zahlt die Bank für die erste Tranche über 4,1 Mrd. Euro 8,5 Prozent und für die zweite 5,5 Prozent. Zudem sei vorgesehen, dass bei der zweiten Tranche bis zu 50 Prozent mehr des geliehenen Betrags an den Staat zurückgezahlt werden müssten. Darüber hinaus bekäme der Bund eine Dividende auf sein Kapital, wenn die Commerzbank ihren Anteilseignern ab 2010 wieder eine Ausschüttung gewähre. Nach Berechnungen von Experten kommt damit eine Vergütung von etwa zehn Prozent heraus.
Nach Ansicht des Bundesfinanzministeriums ist eine marktgerechte Verzinsung sichergestellt. Die Kommission habe die Details der Vereinbarung nicht angemessen gewürdigt, kritisierte Ministeriumssprecher Thorsten Albig. "Vergleichbare Stützungmaßnahmen in Österreich und Frankreich oder den Niederlanden weisen Renditen von 8,0 beziehungsweise 8,5 Prozent auf. Deutschland erwartet Gleichbehandlung aller Mitgliedsstaaten." Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) erklärte, die Hilfe für die Commerzbank stehe in voller Übereinstimmung mit den Regeln des Fonds. Die Bundesregierung werde der Kommission die entsprechenden Informationen liefern, um das deutlich zu machen. An den Vereinbarungen mit den anderen deutschen Banken, die den Rettungsschirm in Anspruch nehmen, hat die EU nach eigenen Angaben dagegen nichts auszusetzen.
Blessing gibt keine Entwarnung
Die Commerzbank ist die erste deutsche Geschäftsbank, die sich über den Rettungsfonds des Staates frisches Kapital besorgen will. Neben der direkten Eigenkapitalzufuhr von 8,2 Milliarden Euro will sie Garantien über 15 Mrd. Euro. Durch die Finanzspritze des Bundes erhöht die Commerzbank ihre Kernkapitalquote auf fast elf von 7,6 Prozent und kommt damit auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau.
Bankchef Martin Blessing schloss nicht aus, dass sein Haus nochmals Kapital aufnehmen muss. Es sei unmöglich "hoch und heilig zu versprechen", dass die von der Commerzbank angestrebte Kernkapitalquote von sieben bis neun Prozent in sechs Monaten noch eine adäquate Quote sei, sagte er der "Zeit". Banken in anderen Ländern kommen durch Zuschüsse vom Staat teilweise auf deutlich höhere Quoten. Die seit über einem Jahr andauernde Finanzkrise ist nach Ansicht von Blessing noch lange nicht ausgestanden. Es sei zu früh, Entwarnung zu geben.
Quelle: ntv.de