Zeit für Plan B Bund plant Rettungspaket
10.10.2008, 21:00 UhrDie Bundesregierung arbeitet an einem umfassenden Rettungspaket für das deutsche Finanzsystem nach britischem Vorbild. Ein führender Koalitionspolitiker bestätigte einen entsprechenden Bericht der Zeitung "Die Welt". Demnach erwägt die Regierung, nicht nur Geschäfte zwischen den Banken zu garantieren, sondern sich auch direkt an Geldhäusern zu beteiligen. Bundesbank-Präsident Axel Weber schloss in Washington als Ausweg aus der Finanzkrise auch eine vorübergehende Verstaatlichung von Banken nicht aus.
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück sagte vor dem G7-Treffen in den USA, es sei zu früh, ein Rettungspaket anzukündigen. Die Bundesregierung bereite sich aber "auf konkretes Handeln vor". "Spätestens für Montag müssen wir ein Signal zur Beruhigung, zur Wiedergewinnung von Glaubwürdigkeit und von Vertrauen in Deutschland haben", betonte er in einem Interview der ARD. Wenn es zu einer Lösung komme, dann werde es "um sehr rigide Auflagen gehen gegenüber denjenigen, denen wir behilflich sind", fügte er hinzu. Einzelheiten nannte er nicht.
Der mit den Überlegungen in der Regierung vertraute Koalitionspolitiker sagte: "Der Bericht der 'Welt' ist nicht falsch." Demnach wird erwogen, dass der Staat Interbankenkredite in dreistelliger Milliardenhöhe garantiert und Kredite an Geldhäuser vergibt. Außerdem könnte der Staat Banken Eigenkapital in zweistelliger Milliardenhöhe zur Verfügung stellen. Im Gegenzug würde er sich an den Finanzinstituten beteiligen.
Über den Plan werde in den nächsten Tagen im Kabinett entschieden, berichtete die "Welt". Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte am Donnerstagabend zur Bewältigung der Krise keine Instrumente ausgeschlossen. Der Zeitung zufolge gibt es in der CDU noch Widerstände dagegen, dass der Staat den Banken Kapital bereitstellt und somit zum Teil oder möglicherweise vollständig Eigentümer von bislang privaten Instituten wird. Gegenüber Reuters bestätigte der Koalitionspolitiker diese Darstellung.
Weber: Staat könnte Banken Kapital zuschießen
Bundesbank-Präsident Weber hält vorübergehende Staatsbeteiligungen an Banken für einen Lösungsweg. "Alle Staaten müssen den Finanzinstituten jetzt umfassend Hilfe zur Selbsthilfe geben", sagte er vor dem Treffen der sieben führenden Industrieländer (G7). Eine Möglichkeit sei, dass der Staat frisches Kapital zuschieße und Anteile erwerbe.
Die britische Regierung hatte dem dortigen Bankensystem 500 Mrd. Pfund bereitgestellt, davon 50 Mrd. Pfund zur Rekapitalisierung von großen Privatkundenbanken. Auch die USA erwägen, ihr Hilfspaket im Umfang von 700 Mrd. US-Dollar nicht nur zum Aufkauf fauler Kredite zu nutzen, die die Banken blockieren, sondern Finanzspritzen an Geldhäuser zu geben. Die Niederlande wollen 20 Mrd. Euro zur Verfügung stellen, um wirtschaftlich gesunden Banken unter die Arme zu greifen.
Die Vertrauenskrise in das Finanzsystem hat am Freitag erneut die Aktienkurse rund um den Globus in die Tiefe gerissen. Der Dax in Frankfurt verzeichnete mit sieben Prozent einen der größten Tagesverluste seiner Geschichte und schloss auf dem tiefsten Stand seit rund drei Jahren. Getrieben von Panikverkäufen setzten auch die US-Aktienmärkte ihre Talfahrt fort. Der Dow Jones in New York verlor erneut mehr als fünf Prozent. Die Anleger hätten Angst vor einem weltweiten Wirtschaftsabschwung, erklärten Börsianer. Auch in Tokio und London brachen die Kurse zeitweise um mehr als zehn Prozent ein.
Krisengipfel im lysepalast
Auf Vorschlag des spanischen Ministerpräsidenten Jos Luis Rodriguez Zapatero treffen sich die Staats- und Regierungschefs der Eurozone am Sonntag in Paris, um über Wege aus der Finanz- und Bankenkrise zu beraten. "Dieses Treffen hat zum Ziel, einen gemeinsamen Aktionsplan der Staaten der Euro-Zone und der Europäischen Zentralbank angesichts der aktuellen Finanzkrise zu definieren", hieß es. An dem Eurostaaten-Krisengipfel im lysepalast nehmen auch die Präsidenten der Europäischen Zentralbank und der EU-Kommission teil.
Zapatero war nicht zu dem Krisengipfel der großen EU-Staaten am vergangenen Samstag in Paris eingeladen worden. Dabei hatten sich Sarkozy, Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Regierungschefs von Italien und Großbritannien sowie die Präsidenten der EU-Kommission, der Euro-Gruppe und der Europäischen Zentralbank auf abgestimmte Maßnahmen zur Sanierung der Finanzmärkte verständigt. Am kommenden Mittwoch und Donnerstag treffen die Staats- und Regierungschefs aller 27 EU-Staaten zum selben Thema zusammen.
Quelle: ntv.de