Grünes Band verschwindet Commerzbank baut um
01.09.2008, 16:44 Uhr136 Jahre nach ihrer Gründung bleibt von der Dresdner Bank nach der Übernahme durch die Commerzbank nicht viel übrig. Commerzbank-Chef Martin Blessing will die Investmentbank-Tochter Dresdner Kleinwort zusammenstutzen, die der Allianz in den vergangenen Jahren immer wieder Verluste eingebracht hatte. Die "grüne" Traditionsmarke Dresdner Bank wird aller Voraussicht nach vom Markt verschwinden. Der bisherige Vorstandschef Herbert Walter zieht als einziger der acht Dresdner-Vorstände in das Management der Commerzbank ein und soll sich dort um den Vertrieb kümmern.
"Die Commerzbank untermauert mit dieser Übernahme ihren Anspruch, die führende Bank in Deutschland zu werden", sagte Vorstandschef Blessing in Frankfurt bei der Präsentation der größten Bankenfusion in Deutschland seit dem Kauf der HVB durch die italienische Unicredit 2005. "Die Übernahme der Dresdner Bank ist der richtige Schritt zur richtigen Zeit. Wir schaffen damit ein größeres und stärkeres Unternehmen." Angreifen will die neue Bank besonders im Privat- und Firmenkundengeschäft. Commerzbank und Dresdner Bank haben zusammen gut elf Millionen Privatkunden und über 100.000 Firmenkunden.
Jetzt muss gespart werden
Vor dem Angriff kommt aber erstmal das Sparprogramm, denn die Commerzbank setzt beim Kauf der Dresdner Bank vor allem auf Kostensenkungen. Zusätzliche positive Ertragseffekte erwartet die Bank dagegen aus dem Zusammenschluss nicht. In den Jahren nach der 9,8 Mrd. Euro teuren Übernahme sollen rund zwei Mrd. Euro Kosten eingespart werden. Vor allem das Investmentbanking soll drastisch eingedampft werden.
Insgesamt will sich die Bank von zahlreichen nicht zum Kerngeschäft gehörenden Aktivitäten trennen und dadurch die Bilanzsumme deutlich reduzieren. Letztendlich wäre die neu formierte Bank in diesem Punkt nur um rund ein Drittel größer als die bisherige Commerzbank. Zudem solle bei der Refinanzierung die Abhängigkeit vom Kapitalmarkt verringert werden. Hier setzt der Commerzbank-Chef Martin Blessing vor allem auf steigende Kundeneinlagen.
Panik im Traditionshaus
F ür rund 26.000 Mitarbeiter der Dresdner Bank bedeutet der neue Kurs vor allem tiefe Einschnitte. Die Mitarbeiter der Dresdner Bank schwanken nach dem Verkauf zwischen Hoffen und Bangen. "Die Leute haben schon Panik. Das ist doch klar, wenn man sieht, dass mehr als 9.000 Arbeitsplätze wegfallen", sagte eine Angestellte, die nicht genannt werden will. Sie hoffe darauf, dass viele Mitarbeiter beim neuen Arbeitgeber Commerzbank eine Zukunftsperspektive haben. Einen quälenden Prozess, der sich länger hinziehen werde, befürchtet die Angestellte in der Verwaltung, in der vermutlich besonders viele Jobs gefährdet seien. "Wie es weitergehen wird, werden wir wahrscheinlich erst in Monaten erfahren", sagte sie. Bei vielen Mitarbeitern des 1872 gegründeten Traditionshauses sitzt der Frust tief, dass es "ihre Bank" in Zukunft nicht mehr geben wird.
"Ich glaube, es ist trotz allem, trotz der Entscheidung jetzt immer noch sehr viel Unsicherheit da: Wie geht es mit den Arbeitsplätzen weiter? Es ist auch eine Enttäuschung da - darüber, wie die Allianz mit der Dresdner Bank und mit den Arbeitnehmerinteressen umgeht, denn was uns vor allem fehlt, ist die wirkliche Absicherung der Arbeitsplätze", beschrieb Franz Scheidel, Betriebsrat der Dresdner Bank, bei n-tv die Stimmung unter den Mitarbeitern.
Die Gewerkschaft Verdi will sich gegen den geplanten Stellenabbau wehren. Verdi-Bundesvorstand Uwe Foullong schloss Streiks nicht aus. Der versprochene Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis Ende 2011 reiche nicht aus.
Skepsis an der Börse
Auch an der Börse wurde die Übernahme alles andere als enthusiastisch aufgenommen. Die Commerzbank-Aktie verlor mehr als zehn Prozent. Experten sind skeptisch, ob die Commerzbank die angepeilten Kosten- und Erlösvorteile umsetzen kann. "Die Dresdner Bank hat sich in den vergangenen Jahren als ziemlich immun gegen Restrukturierungen erwiesen", sagte Analyst Heino Ruland von FrankfurtFinanz. Die Kosten der Integration und der Verkleinerung der Dresdner Kleinwort könnten im nächsten Jahr den gesamten Gewinn auffressen, sagte Dirk Becker von Landsbank Kepler, obwohl Commerzbank-Finanzvorstand Eric Strutz ausdrücklich schwarze Zahlen erwartet.
Für Commerzbank und Dresdner Bank ist es bereits der zweite Anlauf zu einem Zusammenschluss. 2000 hatten sie die Gespräche bereits nach wenigen Wochen abgebrochen. 2001 war die Dresdner Bank für 24 Mrd. Euro von der Allianz geschluckt worden. Sie steigt nun in zwei Schritten wieder aus und bleibt an der fusionierten Commerzbank mit weniger als 30 Prozent beteiligt. Mit der Übernahme festigt die Commerzbank ihre Stellung als Nummer zwei unter den deutschen Großbanken und rückt näher an den Branchenprimus Deutsche Bank an.
Die grünen Dresdner-Filialen werden künftig wohl unter dem gelben Commerzbank-Logo geführt. "Es hat wenig Sinn, zwei Marken zu behalten", sagte Blessing. Von 1.500 Filialen werden bis 2012 300 geschlossen. Genossenschaftsbanken und Sparkassen reagierten gelassen. Sie sehen ihre Stellung nicht in Gefahr, bedienen sie doch rund zwei Drittel des deutschen Marktes. Commerzbank und Dresdner Bank kommen zusammen auf gerade acht Prozent.
Quelle: ntv.de