Dauerstreit mit Kirch Deutsche Bank fest im Sattel
24.05.2007, 16:40 UhrLeo Kirch hat der Deutschen Bank auf deren Hauptversammlung die Feierstimmung verdorben: statt Jubel über das Rekordabschneiden im vergangenen Jahr stand am Donnerstag ein zähes Gerangel auf dem Programm.
Die aus Furcht vor möglichen Klagen des Medienunternehmers extra angesetzte Bestätigung von Clemens Börsig als Aufsichtsratschef und Versammlungsleiter dauerte mehr als fünf Stunden. Hierdurch verzögerte sich die Generaldebatte bis weit in den Nachmittag.
Das Landgericht Frankfurt hatte auf eine Klage Kirchs hin die Wahl Börsigs im Vorjahr für nichtig befunden, die Deutsche Bank hat aber bereits Berufung eingelegt. Der Medienunternehmer wirft dem Geldhaus und dessen Ex-Chef Rolf Breuer vor, sein Medienimperium 2002 absichtlich in den Ruin getrieben zu haben, um anschließend von der Zerlegung zu profitieren. Seit Jahren überzieht der 80-Jährige das Geldhaus mit Klagen, mehr als ein Dutzend Prozesse sind anhängig. Darüber hinaus fordert er 3,4 Mrd. Euro Schadenersatz. Vor dem Bundesgerichtshof hatte Kirch 2006 zumindest in Teilen Recht erhalten.
DSW: Aktionärsinteressen missbraucht
Sein Anwalt Franz Enderle stellte auf der Hauptversammlung Dutzende Fragen zur Verwertung der Springer-Aktien Kirchs nach dem Firmenkollaps. Er zog sich damit den Unmut der anwesenden gut 4.000 Aktionäre zu, die versuchten, ihn mit lautem Klatschen zum Abbruch zu bringen. Kirchs Vertrauter Dieter Hahn forderte zudem Auskunft zu einer möglichen Verwicklung der Deutschen Bank in die Korruptionsaffäre bei Siemens.
Klaus Nieding von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) warf Kirch vor, Aktionärsrechte für eigene Interessen zu missbrauchen. Die Schadensersatzforderungen gehörten vor Gericht und nicht in die Hauptversammlung. Bankchef Josef Ackermann warnte indes davor, durch endlose Prozesse den Standort Deutschland zu gefährden. "Glauben Sie, dass irgendjemand seinen Sitz hierher verlegen will, wenn er das miterlebt", fragte Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann und gab selbst die Antwort. "Ganz sicher nicht."
Börsig wurde schließlich mit über 98 Prozent Zustimmung im Amt bestätigt.
Fusionswelle lässt Ackermann kalt
Der Dauerzwist mit Kirch ließ den Rekordgewinn 2006 von sechs Mrd. Euro in den Hintergrund rücken, obwohl die Aktionäre eine um 1,50 Euro auf vier Euro erhöhte Dividende erhalten sollen. Ackermann gab sich für die weitere Entwicklung der Bank optimistisch und bestätigte die Finanzziele. "Wir sind überzeugt, unsere Wachstumsdynamik beibehalten zu können", erklärte er.
Die Fusion von UniCredit und Capitalia, die am Wochenende ihren Zusammenschluss zur zweitgrößten Bank Europas angekündigt hatten, lässt Deutschlands größte Bank laut Ackermann nicht unruhig werden. Der eingeschlagene Kurs der Eigenständigkeit sei richtig, sagte der Manager. "Daran ändern auch aktuelle Konsolidierungsbemühungen auf europäischer Ebene nichts, selbst wenn sich dadurch die Wettbewerbslandschaft verändern wird."
Die Deutsche Bank stehe nicht unter Zugzwang, werde die Entwicklung in der Branche aber "sorgsam und gewissenhaft" beobachten. Selektive Zukäufe seien stets möglich.
Quelle: ntv.de