GDL nagelt Bahn fest Eigener Vertrag zugesagt
13.10.2007, 10:21 UhrDie Deutsche Bahn hat nach Angaben der Lokführergewerkschaft GDL zugesagt, über einen eigenständigen Tarifvertrag zu verhandeln und damit auf die Kernforderung der Streikenden einzugehen. Der stellvertretende GDL-Vorsitzende Claus Weselsky sagte gegenüber n-tv, bei dem Spitzengespräch am Donnerstag sei vereinbart worden, aufbauend auf dem Ergebnis der Moderatoren Kurt Biedenkopf und Heiner Geißler "über einen eigenständigen Tarifvertrag zu verhandeln, der Arbeitszeit und Entgelt beinhaltet". Wenn das für Montag angekündigte Angebot der Bahn in diese Richtung gehe, könnten Verhandlungen aufgenommen werden. Sollte das Angebot aber nicht dem entsprechen, müsse die Lage neu bewertet werden. GDL-Chef Manfred Schell hat für diesen Fall bereits mit neuen Streiks ab Mittwoch gedroht.
Mehdorn und Schell waren am Donnerstagabend zu einem Spitzengespräch zusammengekommen, zu dem Bahn-Aufsichtsratschef Werner Müller eingeladen hatte. Danach kündigte Mehdorn das neue Angebot an. Mehdorn und Schell vereinbarten, das neue Angebot müsse auf der Moderation der Ex-CDU-Politiker Biedenkopf und Geißler aufbauen. Allerdings haben bislang beide Tarifparteien das Ergebnis der Moderation unterschiedlich ausgelegt. Die Bahn lehnt bislang den von der GDL geforderten eigenständigen Tarifvertrag für Lokführer ab. Das Unternehmen hat der GDL die mit den anderen Bahn-Gewerkschaften bereits vereinbart 4,5-prozentige Lohnerhöhung angeboten. Zusätzlich ist der Konzern bereit, gegen Mehrarbeit weitere 5,5 Prozent zu zahlen.
Nach einem Bericht des "Spiegel" zeichnet sich ein Kompromiss ab. Die GDL solle einen eigenen Vertrag bekommen, der aber zu über 90 Prozent deckungsgleich sei mit dem Tarifvertrag der übrigen Bahn-Mitarbeiter. Ob das Wort "Tarif" in dem Papier auftauche, sei noch unklar, zitierte das Magazin einen Teilnehmer der Sitzung am Donnerstag. GDL-Chef Schell zeigte sich überrascht über den Bericht. Dem Hessischen Rundfunk sagte er: "Ich kenne keinen Kompromiss, die Sachlage ist völlig unverändert. Wir erwarten am Montag das Angebot des Arbeitgebers und darüber hinaus ist mir gar nichts bekannt." Schell erinnerte daran, dass in der vergangenen Woche ein Hacker "bei uns im Internet war und schon mal einen Kompromiss verbreitet hat."
Suckale: Lohngerechtigkeit wahren
Laut Bahn-Personalvorstand Margret Suckale will die Bahn mit ihrem neuen Angebot die Lohngerechtigkeit für die 240.000 Beschäftigten wahren. "Wir sind nicht nur 8.000 streikwilligen Lokführern verpflichtet, sondern allen anderen Berufsgruppen bei der Bahn", bekräftigte sie in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Die spezifischen Bedürfnisse der Lokführer wolle man aber mit verbesserten Schichten und Aufstiegsmöglichkeiten berücksichtigen. Außerdem wolle man die Entgeltstruktur überarbeiten und neu gestalten. Es gebe auch Spielraum bei Lohnerhöhungen, die sich an Produktivitätssteigerungen orientierten. Suckale erklärte, eigenständige Regelungen für die Lokführer müssten sich "konflikt- und widerspruchsfrei in unser Tarifgefüge einpassen". Man gehe davon aus, dass es während der Verhandlungen bis Ende des Monats keine neuen Streiks geben werde.
Der Bahn-Aufsichtsratsvorsitzende Werner Müller drang in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" auf eine rasche Einigung. "Ich bin froh, dass beide Seiten jetzt wieder an einem Tisch sitzen", sagte Müller. "Ich werde alles dafür tun, dass es zu einem vernünftigen Ergebnis kommt."
Rund ein Drittel der Züge ausgefallen
Nach Bahnangaben fiel wegen des Streiks am Freitag rund ein Drittel der 26.000 Nahverkehrszüge aus. Schwerpunkte waren Berlin, Hamburg, München, Stuttgart und Halle/Leipzig sowie Rostock, besonders beeinträchtigt war der Bahnverkehr in Ostdeutschland. Am Samstag sei der Bahnverkehr wieder normal angelaufen.
Der Streik kann der Bahn immense Einbußen bei den Zahlungen der Länder für den Nahverkehr bescheren. Bahnsprecher Achim Stauß bestätigte einen Bericht der "Neuen Presse" in Hannover, wonach Bundesländer und Verkehrsverbünde für nicht gefahrene Züge auch keine Zahlungen an die Bahn leisten müssen. Es gehe dabei aber nicht um Rückforderungen, sondern die Länder könnten nach Streiks einfach im Rahmen ihrer monatlichen Zahlungen an die Bahn weniger Geld überweisen.
Quelle: ntv.de