Chef auf Südsee-Reise Es brodelt bei Verdi
03.08.2008, 13:07 UhrUnter den Mitgliedern der Gewerkschaft Verdi gibt es Widerstand gegen den am Freitag erzielten Tarifkompromiss mit der Lufthansa. Ein "Netzwerk für eine kämpferische und demokratische Verdi" forderte das Boden- und Kabinenpersonal auf, in der Urabstimmung zum Tarifabschluss mit Nein zu stimmen.
Das Netzwerk teile "voll und ganz die Empörung von Lufthansa-Kollegen, wie der Mechaniker in München, über den Tarifabschluss", hieß es in einer Mitteilung. Die Verdi-Führung habe den Streik abgebrochen, als er begonnen habe, Wirkung zu zeigen.
Die jetzt vereinbarten Gehaltserhöhungen bedeuteten keinen Ausgleich für die enormen Preissteigerungen der letzten Monate und schon gar nicht für die Reallohnverluste der vergangenen Jahre. Zudem sollte in einer Zeit, in der jeden Monat die Lebenshaltungskosten in die Höhe schössen, keine Laufzeit von mehr als zwölf Monaten vereinbart werden.
Freiflug mit Nachgeschmack
Verdi-Chef Frank Bsirske zieht wegen seines Gratis-Privatflugs mit der ersten Klasse der Lufthansa weiterhin Kritik auf sich. Während einige Unions- und FDP-Politiker den Vorsitzenden der Dienstleistungsgewerkschaft zum Rücktritt aufforderten, verlangten andere, Bsirske solle seinen Urlaub zumindest abbrechen und sich den Verdi-Mitgliedern vor Ort erklären. Verdi-Sprecher Harald Reutter nannte Rücktrittsforderungen "absurd".
Der Vorsitzende der Jungen Union, Philipp Mißfelder, sagte: "Bsirskes Verhalten mag legal sein, ich halte es aber für unanständig. Ich fordere ihn auf, seinen Luxusurlaub sofort abzubrechen und den Vorgang sowohl seinen Gewerkschaftsmitgliedern als auch den Lufthansa-Aktionären zu erklären."
CSU-Generalsekretärin Christine Haderthauer sagte, "das ist bei Gewerkschaftsfunktionären leider nichts Neues: Diejenigen, die den moralischen Zeigefinger am höchsten heben, halten am ungeniertesten die Hand auf."
Widersprüchliche Forderungen
Auch der stellvertretende FDP-Vorsitzende Rainer Brüderle forderte Bsirske zum Abbruch seines Urlaubs auf. "Das ist der Gipfel der Geschmacklosigkeit: Die kleinen Verdi-Leute stehen mit der Fahne vor den Toren und kämpfen um einige Zehntel mehr, während sich ihr Gewerkschaftschef wie ein Bonze verhält", sagte Brüderle. Der saarländische SPD-Vorsitzende Heiko Maas forderte: "Diesen Vorgang muss Frank Bsirske seinen Mitgliedern erklären."
Der Chef der Dienstleistungsgewerkschaft solle "in der Südsee bleiben", hatte dagegen FDP-Generalsekretär Dirk Niebel gefordert. "Wenn er jetzt nicht zurücktritt, sollten ihm die Gewerkschafter den Stuhl vor die Tür setzen."
Quelle: ntv.de