Trübe Aussichten Euro-Zone auf Talfahrt
16.12.2008, 13:39 UhrDie Privatwirtschaft in der Euro-Zone steuert immer tiefer in die Krise. Die Geschäfte der Industrie wie auch der Dienstleister schrumpften im Dezember im Rekordtempo, wie aus der Umfrage des Londoner Forschungsinstitut Markit unter Tausenden Einkaufsmanagern hervorgeht. Der Abschwung schlägt mehr und mehr auf den Arbeitsmarkt durch: Die Industrie baute so viele Stellen ab wie noch nie seit Umfragebeginn - auch in Deutschland.
Die Unternehmen reagierten damit auf die Nachfrageflaute an den Weltmärkten, die sich in weiter rückläufigen Neuaufträgen bemerkbar macht. "Wenn die Auslastung nächstes Jahr noch schwächer wird, wird sich der Personalabbau wahrscheinlich beschleunigen", warnte Markit-Volkswirt Tim Moore. Einen Lichtblick lieferten die deutschen Dienstleister. Ihre Geschäfte schrumpften nicht mehr so stark wie im Vormonat, was manche Experten auf das anziehende Weihnachtsgeschäft zurückführten.
"Schrumpfkur"
Der Service-Sektor im Euroraum ging mit 42,0 Zählern nach 42,5 Punkten im Vormonat hingegen so stark wie nie zuvor zurück. Hier hatten Analysten einen noch stärkeren Rückgang auf 41,2 Punkte erwartet. Das Barometer verharrt nunmehr seit sieben Monaten unter der Wachstumsschwelle von 50 Zählern. Eine derart lange Durststrecke musste der Dienstleistungssektor - der von Banken bis zu Restaurants reicht - seit sieben Jahren nicht mehr durchstehen. Auch der Einkaufsmanagerindex für die Industrie in der Euro-Zone fiel im Dezember auf ein Rekordtief von 34,5 Punkten nach 35,6 Zählern im November.
Laut Konjunktur-Experte Christoph Weil von der Commerzbank macht der Euroraum derzeit die größte Schrumpfkur der Nachkriegsgeschichte durch: "Auch mit neuen staatlichen Konjunkturprogrammen kann der Einbruch nicht mehr verhindert werden." Die Stützungspakete seien allenfalls dazu geeignet, der Wirtschaft im Frühjahr wieder etwas Halt zu geben. Der Preis hierfür sei aber ein deutlicher Anstieg der Staatsverschuldung.
"Tr übe Aussichten"
"Auch die Aussichten für die deutsche Wirtschaft sind außerordentlich trübe. Eine mindestens ebenso starke Rezession wie Mitte der 70er und Anfang der 90er Jahre wird uns nicht erspart bleiben", sagte Ökonom Jörg Lüschow von der WestLB. Man müsse sich trotz der Ergebnisse des Krisengipfels vom Sonntag im Kanzleramt auf kräftig steigende Arbeitslosenzahlen im neuen Jahr einstellen. Bei einem Schrumpfen der Wirtschaftsleistung um zwei Prozent sei 2009 mit einer Zunahme der Arbeitslosenzahl um rund eine halbe Million zu rechnen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel will mit den 30 größten börsennotierten Unternehmen über eine freiwillige Beschäftigungsgarantie für 2009 verhandeln, die von einzelnen Unternehmern ins Gespräch gebracht wurde. Zudem forciert die große Koalition die Arbeiten für ein zweites Konjunkturpaket, das wohl bis Ende Januar stehen soll. Dabei zeichnet sich ein Investitionsprogramm in zweistelliger Milliardenhöhe für Schulen, Verkehr und Krankenhäuser in Städten und Gemeinden ab.
Das Bundesregierung könnte einem Zeitungsbericht zufolge ihre Konjunkturprognose für das kommende Jahr dennoch drastisch senken. In internen Berechnungen gehe das Bundeswirtschaftsministerium davon aus, dass das Bruttoinlandsprodukt um drei Prozent oder mehr schrumpfen werde, meldete die "Frankfurter Allgemeine Zeitung". Dies wäre noch pessimistischer als die jüngsten Prognosen der Wirtschaftsinstitute. Die Regierung geht für 2009 offiziell bislang noch von 0,2 Prozent Wachstum aus.
Quelle: ntv.de