Düsteres Bild gezeichnet Fed will handeln
15.10.2008, 21:31 UhrUS-Notenbankpräsident Ben Bernanke hat die Finanzkrise als große Bedrohung für das Wachstum bezeichnet und damit die Erwartung einer weiteren Zinssenkung gefestigt. Die Krise bremse durch die Einschränkung der Kreditvergabe an Firmen, Verbraucher und staatliche Ebenen die Wirtschaftsleistung, sagte der Fed-Chef in Washington. "Wir werden alle uns zur Verfügung stehenden Werkzeuge nutzen, um das Funktionieren des Marktes und die Liquidität zu verbessern."
Die Fed zeichnete zudem in ihrem Bericht zur US-Konjunktur im September ein düsteres Bild: Die Lage habe sich im vergangenen Monat weiter verschlechtert. Auch die Perspektiven seien eingetrübt, hieß es in dem "Beige Book". Der Einzelhandel spüre die Zurückhaltung der Verbraucher. Zugleich strichen Unternehmen angesichts der unsicheren Konjunkturperspektiven ihre Investitionspläne zusammen. Der Inflationsdruck habe im September etwas nachgelassen. Die Lage am Arbeitsmarkt habe sich in den meisten Regionen indes eingetrübt.
Bernanke betonte zugleich, dass die Krise keineswegs mit der Depression in den 1930er Jahren vergleichbar sei. Anders als damals habe man schnell reagiert, um die Märkte zu stabilisieren, sagte er. Die großen internationalen Notenbanken pumpen seit Monaten Milliarden in den Geldmarkt, um diesen vor dem Austrocknen zu bewahren. Die Banken misstrauen sich wegen der Finanzkrise und sind nicht mehr bereit, sich untereinander Geld zu leihen. Damit ist der Geld- und Kreditkreislauf zwischen den Banken nahezu zum Erliegen gekommen. Die Notenbanken springen in dieser Krisensituation nun als letzte Geldgeber in die Bresche.
Die Notenbank Fed senkte zuletzt zudem die Leitzinsen in einer international abgestimmten Aktion um 50 Basispunkte auf 1,5 Prozent, um sich gegen den Abschwung zu stemmen. An den Märkten ist eine weitere Zinssenkung um 25 Basispunkte Ende Oktober zur Stimulierung des Wachstums schon in den Kursen vorweggenommen.
Haushaltsdefizit verdreifacht
Auch die Fed-Bankerin Janet Yellen hatte sich zuletzt pessimistisch über die Konjunktur geäußert. Die US-Wirtschaft stecke offenbar schon in einer Rezession, sagte die Chefin der Federal Reserve Bank von San Francisco auf einer Finanzkonferenz in Kalifornien.
Zugleich hatte sie Hoffnungen auf eine weitere Lockerung der Geldpolitik einen Dämpfer verpasst, indem sie Zinssenkungen als "kein Allheilmittel" bezeichnete. Yellen ist allerdings in dem für die Zinspolitik zuständigen Offenmarktausschuss der Fed nicht stimmberechtigt.
In Folge der Finanzkrise hat sich das Haushaltsdefizit der USA im abgelaufenen Steuerjahr fast verdreifacht. Nach 162 Mrd. Dollar im vorangegangenen Steuerjahr stieg das Defizit bis zum Ende des Steuerjahrs 2007/2008 im September auf 455 Mrd. Dollar. Damit fiel das Minus deutlich höher aus als von der US-Regierung erwartet.
Jobabbau in New York
In New York schlägt die Wirtschaftskrise bereits deutlich zu. Einem Stadtbeauftragten zufolge könnten wegen der Finanzkrise 165.000 Menschen ihren Job verlieren. William Thompson, städtischer Rechnungsprüfer, prognostizierte, dass 35.000 Menschen in der Finanzbranche um ihren Job bangen müssen.
Die Wall Street gilt als wichtigste Branche der Stadt, da nach Angaben von Experten jeder der hoch bezahlten Jobs zwei bis vier weitere in anderen Bereichen unterstützt. Die Finanzkrise hat nach der Pleite von Lehman Brothers und des staatlichen Rettungsplans für den Versicherer AIG auch den bisherigen Jobmotor im Börsenviertel ins Stottern gebracht.
Quelle: ntv.de