Konsequenzen aus der Krise G7-Staaten greifen durch
12.04.2008, 09:49 UhrDie sieben führenden Industrieländer (G7) haben sich in Washington auf ein Aktionsbündel verständigt, um die weltweite Finanzkrise einzudämmen. Ihre Finanzminister und Notenbankchefs verständigten sich auf eine Vielzahl von Maßnahmen, die zum Teil schon in den nächsten 100 Tagen umgesetzt werden sollen, hieß es im Abschlusskommunique ihres Treffens. Der zweite Teil des Aktionsplanes soll dann bis Ende 2008 gelten. Gefordert sind Banken und Finanzfirmen, Rating-Agenturen, Politik und Zentralbanken sowie die Aufsichtsbehörden. Die Vorschläge gehen zurück auf einen Bericht des internationalen Forums für Finanzstabilität (FSF).
Die Finanzkrise ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass die G7-Vertreter in dem Papier formulierten: "Die Weltwirtschaft ist weiterhin mit einer schwierigen Situation konfrontiert." Zwar bewerte man die langfristige Solidität der großen Volkswirtschaften weiter positiv, doch kurzfristig hätten sich die Wachstumsaussichten verschlechtert.
Jedes Land individuell betroffen
Auch wenn die Situation in den einzelnen Ländern unterschiedlich sei, dominierten insgesamt die Risiken. Genannt wurden von der G7 die weitere Entwicklung am US-Wohnungsmarkt, die angespannte Lage an den Finanzmärkten, die Auswirkungen der hohen Öl- und Rohstoffpreise sowie der anhaltende Inflationsdruck. Die Schwellenländer hätten sich zwar bislang gut behauptet in diesem schwierigen Umfeld, seien aber nicht immun gegen Ansteckungsgefahren durch die Krise.
Angesichts der Finanzmarktturbulenzen, die dauerhafter und tiefergehend seien als zunächst erwartet, erneuerte die G7 ihr Bekenntnis zu einer engen Zusammenarbeit. Es gelte, für die Rückkehr zu einem nachhaltigen Weltwirtschaftswachstum zu sorgen. Auch gehe es um den Erhalt von Preisstabilität und ein ordnungsgemäßes Funktionieren der Finanzmärkte. Ausdrücklich begrüßt wird die Kooperation der Notenbanken bei der Versorgung der Märkte mit Liquidität in jüngster Zeit angesichts von Marktanspannungen. Begrüßt werden von den G7 auch "andere Maßnahmen" der Geld- und Fiskalpolitik, um das Wirtschaftswachstum zu stützen.
"Jeder von uns steht weiter in der Pflicht, je nach der Angemessenheit individuell oder gemeinsam tätig zu werden, und zwar im Einklang mit unseren beziehungsweise den jeweiligen heimischen Bedingungen", erklärten die Finanzminister und Notenbanker der G7-Staaten.
Konkrete Ansätze
Ansatzpunkte für die G7-Vorschläge sind das Kapital-, Liquiditäts- und Risikomanagement in der Finanzwelt, die Schaffung von mehr Transparenz und angemessener Risikobewertung sowie Änderungen in der Rolle und Praxis der Ratingagenturen. Darüber hinaus sollen die Aufsichtsbehörden beim Aufkommen von Risiken reaktionsfähiger werden. Das Finanzgewerbe selbst sollte für den Umgang mit Stresssituationen besser gewappnet werden.
Zu den Maßnahmen, die die G7 kurzfristig umsetzen will, gehört, dass die Banken ihre Risiken, Abschreibungen und Wertberichtigungen unverzüglich und vollständig offenlegen - und zwar bis zu ihren Halbjahresberichten. In der Bilanzierung sollen die zuständigen Institutionen die Standards überprüfen und sie verbessern. Auch außerbilanzielle Risiken sollen berücksichtigt werden. Daneben soll es Leitlinien für die faire Bewertung gerade der neuen Finanzinstrumente in Problemzeiten geben. Die Firmen selbst müssten ihr Risikomanagement verbessern, begleitet von den Aufsichtsbehörden und ergänzt um harte Stress-Tests. Zudem soll der Basler Ausschuss für das Bankenwesen bis Jahresmitte revidierte Leitlinien für das Management von Liquiditätsrisiken herausgeben.
Mehr Macht für die Aufseher
Unter den Maßnahmen, die bis Ende 2008 eingeführt werden sollen, befindet sich eine schärfere staatliche Aufsicht über Kapital, Liquidität und Risiko-Management. Die sogenannten Basel-II-Eigenkapitalanforderungen müssten umfassend umgesetzt und ergänzt werden durch zusätzliche Puffer bei Banken für risikoreiche Produkte und Instrumente. Auch soll der Basler Ausschuss Leitlinien erarbeiten, damit Bewertungprozesse, gerade bei Verbriefungen und neuen Finanzvehikeln, besser durchschaubar werden.
Entsprechend ähnlichen EU-Plänen sollen auf G7-Ebene international zusammengesetzte Gruppen von Bankenaufsehern gebildet werden, die die großen grenzüberschreitend tätigen Finanzinstitute im Auge behalten sollen. Geändert und verbessert werden müsse auch der Rating-Prozess, wobei dieser bei den neuen strukturierten Finanzprodukten anders als bei Anleihen aussehen sollte. Auch bei den Ratingagenturen müsse sich etwas ändern.
Schließlich gehe es darum, eine Vorgehensweise zu entwickeln, wie Zentralbanken in angespannten Situationen dem Markt auf effektive Weise Liquidität zuführen können. Auch die staatliche Finanzaufsicht müsse sich besser darauf einstellen, wie man künftig mit schwachen und notleidenden Banken umgehen will.
Quelle: ntv.de