Neues Bahn-Angebot GDL bleibt skeptisch
17.11.2007, 07:23 UhrMit dem Ende des größten Streiks in der Geschichte der Deutschen Bahn kommt Presseberichten zufolge Bewegung in den Tarifkonflikt. Der Konzern wolle der Lokführergewerkschaft GDL offenbar ein neues Angebot unterbreiten, um einen unbefristeten Ausstand zu verhindern, berichtete der "Spiegel". GDL-Chef Manfred Schell reagierte zurückhaltend. Die Gewerkschaft werde eine frische Offerte darauf prüfen, ob sie tragfähig sei, sagte er. Sollte dies der Fall sein, werde es für die Dauer der Tarifverhandlungen keine weiteren Streiks geben.
In der Nacht hatten die Lokführer ihren flächendeckenden Ausstand im Personen- und Güterverkehr beendet. Der Fern- und Regionalverkehr rollte daraufhin nach Bahnangaben wieder fahrplanmäßig. Hunderte abgestellte Güterzüge müssten in den kommenden Tagen aber noch an ihren Bestimmungsort gefahren werden. Die GDL erklärte, rund 10.300 Lokführer hätten sich an dem Ausstand beteiligt. Die Gewerkschaft droht mit unbefristeten Streiks und hat der Bahn bis Montag ein Ultimatum für ein neues Angebot gestellt.
Grundlage der weiteren Bahn-Offerte solle erneut das Ergebnis der Mediationsrunde mit den CDU-Politikern Kurt Biedenkopf und Heiner Geißler Ende August sein, berichtete der "Spiegel". Der Konzern wolle nun aber nicht mehr einen Kooperationsvertrag zwischen der GDL und der größten Bahn-Gewerkschaft Transnet zur Bedingung machen. Die GDL sei im Gegenzug bereit, lediglich für die Lokführer verhandeln und nicht für das gesamte Fahrpersonal. Auch "Focus" schrieb unter Berufung auf Konzern-Insider, das Unternehmen wolle der GDL in Kürze einen Kompromissvorschlag vorlegen. Die Bahn wollte sich dazu nicht äußern.
Schell blieb zurückhaltend. "Was daran neu sein soll, weiß ich nicht", sagte er in Hofheim bei Frankfurt. Dies sei das Ergebnis der Mediationsrunde gewesen. Er wisse, dass der Bahn-Vorstand ein Gespräch mit Biedenkopf gehabt habe. Dem "Spiegel"-Bericht zufolge hatten sich Biedenkopf und Geißler zuletzt wieder in die Verhandlungen eingeschaltet. Die Gespräche auf der Basis des Mediationsergebnisses waren gescheitert, weil sich Bahn und GDL über die Auslegung des Papiers zerstritten hatten. Die GDL fordert einen eigenständigen Tarifvertrag und deutliche Einkommenssteigerungen.
Erfolgreicher Arbeitskampf
Wenige Stunden nach dem Ende des flächendeckenden Streiks im gesamten Personen- und Güterverkehr zog Schell eine positive Bilanz. "Es war ein erfolgreicher Arbeitskampf", sagte er. Sollte die Bahn nun ein Angebot vorlegen, werde die Gewerkschaft darüber beraten. "Wir werden dann schauen, ob das das von uns erwartete tragfähige Angebot ist, um an den Verhandlungstisch zurückzukehren", fügte er hinzu. Komme kein verbessertes Angebot, werde die GDL am Montag oder am Dienstag entscheiden, wie es weitergehe. Ob es kommende Woche einen befristeten oder einen unbefristeten Streik gebe, bleibe abzuwarten.
Die EU-Kommission warnte unterdessen vor gravierenden Folgen der Bahn-Streiks in Deutschland und Frankreich für die Wirtschaft in Europa. Ein langer Ausstand könne der Wirtschaft beider Länder und ihrer Nachbarstaaten schaden, sagte Vizepräsident Jacques Barrot der "Bild am Sonntag".
Wirtschaftsminister Michael Glos wandte sich gegen Überlegungen in der Union, die Tarifeinheit in Unternehmen gesetzlich zu schützen. "Der Staat sollte sich davor hüten, Fehlstrategien von Tarifpartnern durch neue Regeln zu reparieren", sagte er der "Welt am Sonntag". Zugleich rief er zu einer raschen Lösung auf.
Quelle: ntv.de