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Jetzt wird doch gestreikt GDL legt S-Bahnen lahm

Nachdem die Lokführergewerkschaft nur wenige Stunden vorher beteuert hatte, bis einschließlich Sonntag nicht streiken zu wollen, wird nun doch ein Streik für den Donnerstagmorgen ausgerufen. Allerdings wie versprochen nicht im Güter- oder Fernverkehr, sondern im S-Bahnverkehr in Hamburg und Berlin.

GDL-Chef Manfred Schell will damit gegenüber der Bahn Härte beweisen, die Leidtragenden sind jedoch die Fahrgäste. Allein die Berliner S-Bahn befördert nach eigenen Angaben werktäglich 1,4 Millionen Fahrgäste, in Hamburg sind es 500.000.

Zwischen 8.00 und 10.00 Uhr will die GDL den S-Bahn-Verkehr in Hamburg und Berlin lahmlegen. Die S-Bahn Berlin kündigte auf ihrer Internetseite an, sie wolle versuchen, einen eingeschränkten Fahrplan anzubieten. Ziel sei, auf allen Strecken mindestens einen 20-Minuten-Takt zu fahren.

"Mit dem Streik wollen wir dem Vorstand der Deutschen Bahn nochmals verdeutlichen, dass wir ein verhandlungsfähiges Angebot von ihm erwarten", so der GDL-Bundesvorsitzende Manfred Schell. Die GDL geht davon aus, dass sich mehrere hundert Lokomotivführer in beiden Unternehmen an diesem Streik beteiligen. Streiks bei der DB Regio AG sind zurzeit nicht geplant.

GDL nutzt die einzige Lücke

Ein vom Arbeitsgericht Chemnitz verhängtes Streikverbot im Regionalverkehr gilt nach Angaben eines Bahn-Sprechers für die S-Bahnen mit Ausnahme von Berlin und Hamburg. Die Entscheidung über das Streikverbot gelte für alle Züge der Bahn-Tochter DB Regio. Dazu gehörten auch die S-Bahnen in anderen Städten, etwa in München, Stuttgart oder Leipzig - nicht aber die in Berlin und Hamburg.

Dort dürfe daher auch nach der Chemnitzer Entscheidung zu den für Donnerstag geplanten Streiks aufgerufen werden, sagte der Bahn-Sprecher. Die GDL nutze damit die praktisch einzige Lücke in den Streikverbots. Das Arbeitsgericht Nürnberg hatte zuvor vorerst auch Streiks im Güter- und Personenfernverkehr verboten.

GDL findet Bahn unfair

Von der einstweiligen Verfügung des Arbeitsgerichts Nürnberg wurde die GDL nach eigenen Angaben überrascht. Die Bahn habe in Gesprächen den Antrag bei Gericht nicht erwähnt, hieß es. "Wir sehen das Gebot der gegenseitigen Fairness verletzt", sagte Schell. "Statt sich mit uns an den Verhandlungstisch zu setzen, verklagt die Bahn uns lieber. Dies hat der heutige Tag einmal mehr bewiesen". Als Reaktion auf die einstweilige Verfügung will die GDL künftige Streikmaßnahmen nicht mehr vorher ankündigen. Bevor der Streikaufruf an die Mitglieder herausgehe, werde die Bahn nicht mehr über geplante Streiks unterrichtet.

Für einen Ausstand im Regionalverkehr der Bahn, der bislang nur in einzelnen Bundesländern verboten ist, brauche die GDL etwa zwölf Stunden Vorlauf. Derzeit sei aber nichts in dieser Richtung geplant, es drohten auch keine "Blitzstreiks". Für Bahnkunden im Personenverkehr gebe es "erstmal Entwarnung", versicherte Schell.

Prozessflut oder Verhandeln

Die GDL hält das vom Nürnberger Arbeitsgericht verhängte Streikverbot für verfassungswidrig. "Für uns ist nicht vorstellbar, dass ein deutsches Gericht einer Gewerkschaft das grundgesetzliche Recht zu Arbeitskämpfen versagt. Das sehen wir nicht ein", sagte Schell. Zudem sei es "lächerlich", dass das Gericht bei seinem Streikverbot im Güterverkehr mit der Hauptreisezeit argumentiert habe. Die GDL erwarte, dass ihr Widerspruch in Nürnberg mit der gleichen Eile behandelt werde wie der Antrag der Bahn. "Wir sind guter Hoffnung, dass das Recht die Oberhand behält." Da bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aber mehrere Monate vergehen würden, werde die GDL das Gericht vorerst nicht anrufen. "Das hieße zwei bis drei Monate Stillstand", sagte Schell.

Der Deutschen Bahn warf Schell "Prozesshanselei" vor. Der Gewerkschaftschef betonte: "Unumstößlich ist für uns die Forderung nach einem eigenen Tarifvertrag." Über die Forderung von 31 Prozent mehr Geld und kürzeren Arbeitszeiten für das Fahrpersonal könne man reden.

Die Deutsche Bahn hatte zuvor auf die rasche Bestellung eines Vermittlers im Streit mit der Gewerkschaft GDL gedrängt. "Man könnte noch heute einen Mediator bekommen und sich morgen an den Tisch setzen", sagte Personalvorstand Margret Suckale. Die Bahn habe bereits zwei Kandidaten für den Posten in petto.

Bund will Frieden zwischen den Streithähnen

Die Bundesregierung mahnte die Tarifparteien zu einer Verständigung zu kommen. Wirtschaftsminister Michael Glos sprach von einem Damoklesschwert, das weiter das Wachstum der deutschen Wirtschaft bedrohe.

Umweltminister Sigmar Gabriel stellte sich als erstes Regierungsmitglied hinter die Tarifforderung der GDL. "Es ist nicht korrekt, wenn so ein Lokführer, der wirklich viel Verantwortung trägt, 1.500 Euro netto bekommt", sagte er dem "Stern". Die Bahn widerspricht dieser Gehaltsangabe der GDL und beziffert das Einkommen mit Zulagen auf 2.100 Euro netto.

Quelle: ntv.de

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