Bahn will hart bleiben GDL verschärft Streik
13.11.2007, 06:36 UhrDer Tarifstreit bei der Deutschen Bahn eskaliert. Die Lokführergewerkschaft GDL bestreikt wie angedroht in dieser Woche bundesweit den gesamten Bahnverkehr. Die Bahn habe trotz Millionenschäden noch immer kein "tragfähiges Angebot" vorgelegt, begründete der GDL-Vorsitzende Manfred Schell das massive Vorgehen am Dienstag in Frankfurt.
Der Arbeitskampf im Güterverkehr soll an diesem Mittwoch um 12.00 Uhr und im Nah- und Fernverkehr am Donnerstag um 2.00 Uhr beginnen. Enden sollen die erneuten Streiks in der Nacht zum Samstag um 2.00 Uhr. Schell drohte bereits mit einer weiteren Eskalation: Wenn auch diese Aktion nicht zum Erfolg führe, werde der GDL-Vorstand nicht mehr umhinkommen, dem zunehmenden Drängen der Gewerkschafts- Mitglieder zu unbefristeten Streiks nachzugeben. Schell betonte, die GDL habe noch genug Geld für weitere Arbeitskämpfe in ihrer Kasse.
Die Deutsche Bahn sprach von dem größten Streik in der Geschichte des Unternehmens. Personalvorstand Margret Suckale sagte, der Streik werde die Bahn hart treffen. Die Bahn werde sich jedoch "von einer kleinen Gruppe" nicht erpressen lassen und eine Spaltung der Mitarbeiter nicht zulassen. Ein Nachgeben würde zu einem volkswirtschaftlichen Desaster führen.
Der Bahn-Vorstand würde gerne verhandeln, sagte Suckale und sprach von "berechtigten Anliegen" der Lokführer. Als Beispiele nannte sie die Entgeltstruktur, familienfreundlichere Schichtpläne und die Frage der Ruhezeiten. Doch die GDL-Führung seien ihre Mitglieder egal, meinte Suckale. Es gehe in dem Tarifkonflikt lediglich um die Interessen der Gewerschaftsführung. Ansonsten würde die GDL mit der Bahn verhandeln und die Forderung nach einem eigenständigen Tarifvertrag nicht ins Zentrum des Tarifstreits stellen.
Osten stark betroffen
Im Personenverkehr soll ein Notfahrplan erstellt werden, der den Kunden von Mittwochmittag an zur Verfügung gestellt werden soll. Im Güterverkehr gilt ab sofort ein Annahmestopp für Transporte von und nach Ostdeutschland. Dort ist der Organisationsgrad der GDL besonders hoch. Gesichert werden soll aber eine Minimalversorgung mit versorgungsrelevanten Zügen im Osten sowie eine Grundversorgung im Westen.
Die Bahn wolle sich "mit aller Macht" gegen den Streik stellen, sagte Personenverkehrsvorstand Karl-Friedrich Rausch. Im Fernverkehr wolle man zwei Drittel aller Züge fahren lassen, vor allem die ICE. Bei den Intercitys werde der Verkehr dagegen ausgedünnt sein. Im Nahverkehr will die Bahn wie an den bisherigen Streiktagen bis zur Hälfte der Züge fahren lassen. Die Bahn wird Lokführer einsetzen, die in anderen Gewerkschaften organisiert oder verbeamtet sind.
Unterdessen rief Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) Bahn-Vorstand und GDl auf, wieder zu verhandel. "Die Tarifpartner sollten sich ihrer "hohen Verantwortung für die Volkswirtschaft bewusst sein", sagte er. Das Ergebnis des Vermittlungsverfahrens sei nach wie vor eine "solide Grundlage" für eine Einigung.
Der Bahn-Vorstand betonte, er sei auf Basis der Vereinbarung verhandlungsbereit. Die Vermittler Heiner Geißler und Kurt Biedenkopf hatten Ende August einen Lösungsweg für einen eigenständigen Tarifvertrag abgesteckt, der sich aber "konflikt- und widerspruchsfrei" in das gesamte Tarifgefüge der Bahn einfügen sollte.
Spitzentreffen ohne Ergebnis
Zuvor hatte auch ein geheimes Spitzengespräch zwischen Schell und Bahnchef Hartmut Mehdorn am Montagnachmittag keine Bewegung in den seit Monaten festgefahrenen Tarifkonflikt gebracht. Schell betonte: "Wir sind der felsenfesten Überzeugung, dass das, was die GDL will - nämlich schlicht und einfach ein Ergebnis auf Grundlage des Moderatorenergebnisses - erzielbar und erreichbar und für die Bahn und damit auch für die deutsche Volkswirtschaft absolut vertretbar ist."
Die Gewerkschaft fordert unvermindert einen eigenständigen Tarifvertrag für das Fahrpersonal und bis zu 31 Prozent mehr Geld. Schell zeigte sich aber kompromissbereit: "Die ganze Republik weiß, dass 31 Prozent nie zum Tragen kommen." Er nannte als Kompromissvorschlag als Beispiel eine Erhöhung von 15 Prozent für 30.000 Beschäftigte. Das jüngste Angebot der Bahn von Mitte Oktober enthält außer einer Einkommenserhöhung von 4,5 Prozent und einer Einmalzahlung von 600 Euro zusätzliche Verdienstmöglichkeiten durch Mehrarbeit und günstigere Dienstpläne. Diese Vorschläge hatte die GDL bereits mehrfach als unzureichend abgelehnt.
Mit ihrer sturen Haltung habe die Bahn schon "mehr volkswirtschaftlichen Schaden angerichtet als das Mehr, was wir uns erhoffen", kritisierte Schell. Der Bahn-Vorstand beriet am Dienstag in Berlin über den Tarifkonflikt. Eine Prognose, wie lange die Auseinandersetzung noch andauern werde, wagte Schell nicht: "Wir können viel vermuten, aber dass es bis Weihnachten geht, wird dieser (Bahn-)Vorstand nicht überleben."
Quelle: ntv.de