Zehntausende betroffen GM plant Kahlschlag
18.02.2009, 10:22 UhrDer ums Überleben kämpfende Opel-Mutterkonzern General Motors (GM) will 26.000 Stellen außerhalb der USA streichen. Damit müssen auch Opel-Mitarbeiter an den deutschen Standorten um ihre Arbeitsplätze zittern. Das Schicksal der deutschen Tochter Opel ließ GM-Chef Rick Wagoner bei einer Pressekonferenz in Detroit aber offen.
Damit ist weiterhin unklar, ob GM deutsche Standorte schließen oder Opel komplett verkaufen will. Insgesamt will der US-Konzern 47.000 Stellen abbauen - das wäre etwa jeder fünfte Arbeitsplatz bei weltweit 245.000 Beschäftigten.
In seinem der US-Regierung vorgelegten Sanierungsplan verlangt GM zudem bis zu 30 Mrd. Dollar vom Staat. Das ist mehr als doppelt so viel wie GM bisher bekommen hat.
Kontakt mit der Bundesregierung
Der schwer gebeutelte größte US-Autohersteller droht zunehmend zu einem Milliardengrab zu werden. Der deshalb von der Regierung eingeforderte Sanierungsplan sieht neben Stellenabbau die Schließung von fünf US-Werken vor. Die Marken Saab in Schweden sowie Hummer und Saturn in den USA stehen zum Verkauf. Die Einschnitte sind die Voraussetzung für neue Staatshilfen.
Zur Frage, ob im Rahmen des Plans auch Werke in Deutschland geschlossen werden, wollte sich Wagoner nicht äußern. Laut Medienberichten erwägt GM, die Opel-Fabriken in Bochum und im belgischen Antwerpen zu schließen und das Werk Eisenach zu verkaufen. Mit der Bundesregierung verhandelt Opel wegen der GM-Schieflage über eine Bürgschaft von bis zu 1,8 Mrd. Euro.
"Wir sind mittendrin, mit verschiedenen Seiten zu sprechen, darunter auch die deutsche Regierung", sagte Wagoner. Man höre sich alle Optionen an. Zu Spekulationen über eine Trennung von Opel sagte Wagoner lediglich; bisher sei niemand an GM wegen eines Verkaufs herangetreten.
Hoffen und Bangen bei Opel
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers forderte während seiner USA-Reise Klarheit, was der Sanierungsplan konkret für die deutschen Opel-Standorte bedeutet. Im Bochumer Opel-Werk diskutierten die Beschäftigten der Nachtschicht die Lage. Ein Fertigungsmonteur sagte stellvertretend für Kollegen, dass man auf eine Zukunft ohne GM setze. "Wir hoffen, dass das Werk verkauft werden kann und erhalten bleibt", sagte er. Der Betriebsrat des Bochumer Werkes hält einen Verkauf für die beste Lösung.
Rüttgers verlangte Informationen über die Auswirkungen in Deutschland. "Es ist jetzt Aufgabe von Opel, zu sagen, wie langfristig das Zukunftskonzept aussieht", sagte der CDU-Politiker bei einer Veranstaltung in der deutschen Botschaft in Washington. "Wir haben gesagt, wir sind bereit zu helfen, aber das geht nur, wenn man weiß, wohin die Reise geht." Rüttgers wollte heute Abend (MEZ) mit Wagoner in Detroit zu einem Treffen zusammenkommen. "Ich bin sehr froh darüber, dass wir dann darüber reden können, was das (Sanierungskonzept) für die einzelnen Standorte heißt", sagte er.
Kauder gegen Staatsbeteiligung
In der Diskussion um eine Opel-Rettung warnte der Präsident des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) und künftige Wirtschaftsweise, Christoph Schmidt, vor Staatshilfen. In der "Bild"-Zeitung forderte Schmidt Bundesregierung und Landesregierungen auf, auf Hilfen für Opel zu verzichten. "Ich halte Hilfen für einzelne Branchen für eine ganz schlechte Idee. Die Politik sollte sich nicht anmaßen, zu entscheiden, welche Unternehmen erhaltenswert sind und welche nicht", sagte Schmidt.
Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses des Bundestages, Otto Fricke (FDP), sprach sich ebenfalls gegen Staatshilfen aus. "Es kann nicht sein, dass wir einfach Steuerzahlergeld da reinpumpen, ohne dass wir wissen, ob eine Überlebensfähigkeit da ist", sagte Fricke bei n-tv. "Wenn Opel klar machen kann, Erstens: dass es eine Überbrückung braucht und danach existieren kann, ist das ein Schritt. Der zweite Schritt ist natürlich, dass General Motors sagen muss: okay, wir werden Opel die Möglichkeit geben, in eigene "Crafts" zu machen." Es gehe aber nicht, einem amerikanischen Konzern Geld zu geben, der dann am Ende sage: "ich guck mal, was ich mit Opel mache".
Der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes BDA, Reinhard Göhner, will " staatliche Hilfe in Form von verzinslichen Bürgschaften" nicht von vorneherein ausgeschlossen sehen. "Es ist ja offensichtlich so, dass die Opel-Werke in Deutschland und Europa anders und besser dastehen als die in den Vereinigten Staaten oder anderen Standorten der Welt", so Göhner bei n-tv.. Deshalb hoffe er sehr, dass es ein unternehmerisches Konzept gebe, mit dem die Fortführung gesichert ist.
Unionsfraktionschef Volker Kauder sprach sich indes gegen eine staatliche Beteiligung an Opel aus. "Eine direkte Staatsbeteiligung an Opel lehne ich ab", sagte Kauder der "Financial Times Deutschland". Opel solle die von der Bundesregierung geschaffenen Möglichkeiten für Bürgschaften an krisengeschüttelten Unternehmen nutzen, empfahl Kauder.
Auch Chrysler braucht weitere Milliarden
Auch der Autokonzern Chrysler legte dem Finanzministerium ein Sanierungskonzept vor. Die bereits erhaltene Notfallhilfe in Höhe von vier Mrd. Dollar reiche nicht aus, um das Überleben des Konzerns zu sichern, es würde weitere fünf Mrd. Dollar benötigt, hieß es darin. Neben seinen bereits verkündeten Restrukturierungen will das Unternehmen in diesem Jahr seine Fixkosten um weitere 700 Mio. Dollar senken, 3000 weitere Arbeitsplätze abbauen sowie seine Produktionskapazitäten um 100.000 Fahrzeuge zurückfahren.
Die US-Regierung sagte eine gründliche Prüfung der Sanierungspläne zu, von denen sie ihre bis zum 31. März erwartete Entscheidung über weitere Hilfszahlungen abhängig machen will. Präsidentensprecher Robert Gibbs machte klar, dass die Regierung weitere Forderungen stellen werde. "Wir werden von allen Beteiligten mehr erwarten, um das Überleben dieser Konzerne sicherzustellen", erklärte Gibbs. Ausdrücklich nannte er dabei Gläubiger, Manager, Gewerkschaften, Zulieferer und Händler.
Chinesen blocken ab
Der kleine chinesische Autohersteller Sichuan Auto Industry Group dementierte, am Kauf der Hummer-Produktion von General Motors interessiert zu sein. Nach entsprechenden Berichten in chinesischen Medien und Andeutungen aus dem Unternehmen selbst teilte ein Sprecher mit, dass Sichuan Auto Industry nicht zur Übernahme der GM-Geländewagensparte bereit sei. Es gebe auch keine Kontakte zu General Motors.
GM und Wettbewerber Chrysler müssen ihre Überlebensfähigkeit auf Basis ihrer Sanierungspläne konkret bis Ende März beweisen. Dazu laufen auch noch Verhandlungen mit den Gewerkschaften über Zugeständnisse und mit den Gläubigern zur Umschuldung.
Quelle: ntv.de