Russisches Frühwarnsystem Gazprom verliert Gewinn
09.11.2009, 13:52 UhrDer weltgrößte Erdgaskonzern Gazprom muss im ersten Halbjahr 2009 einen herben Gewinneinbruch hinnehmen. Der kremlnahe Rohstoffgigant leidet unter anderem unter den Spätfolgen des Gasstreits mit der Ukraine. Ein neues Frühwarnsystem soll das künftig verhindern.

Durch diese hohle Röhre muss es kommen: Noch liefert Gazprom quer durch die Ukraine.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Gazprom verdiente im ersten Halbjahr 296,2 Mrd. Rubel, umgerechnet entspricht das einem Gewinn von rund 6,7 Mrd. Euro. Das waren 48 Prozent weniger als im ersten Halbjahr 2008, teilte der Moskauer Konzern mit.
Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) sei um 34 Prozent auf 538,3 Mrd. Rubel gesunken, berichtete die Nachrichtenagentur Interfax. Der Umsatz fiel demnach um sieben Prozent auf rund 1,64 Billionen Rubel. Im zweiten Halbjahr habe die Nachfrage wieder angezogen, hieß es.
Den Einbruch führte Gazprom hauptsächlich auf die gesunkene Nachfrage nach Gas infolge der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise zurück. Zu schaffen machten dem Unternehmen auch die hohen Einkaufskosten für Gas aus Zentralasien. Die Gewinne seien eingebrochen, weil die Beschaffung des Gases im Ausland doppelt so teuer geworden sei.
Das Nettoergebnis im zweiten Geschäftsquartal fiel binnen Jahresfrist um 36 Prozent auf 192,6 Milliarden Rubel (4,5 Mrd. Euro). Der Umsatz fiel im zweiten Quartal um 16 Prozent, während die Betriebsausgaben um 13,5 Prozent zulegten. Trotz des Rückgangs übertraf Gazprom die Markterwartungen leicht.
Im ersten Quartal hatte ein Streit des staatlich kontrollierten Gasexporteurs mit der Ukraine zu einem dreiwöchigen Lieferstopp geführt. Zudem war das Ergebnis durch einen Nachfragerückgang in Europa belastet worden.
Medwedews Frühwarnsystem
Zur Vermeidung von Gaskrisen in Europa hat Russland der EU-Kommission erstmals schriftlich ein Frühwarnsystem vorgeschlagen. Auf dem EU-Russland-Gipfel in der kommenden Woche in Schweden solle das Memorandum diskutiert werden, berichtete die Zeitung "Kommersant".
Kremlchef Dmitri Medwedew wollte demnach auch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel am Rande der Feiern zum 20. Jahrestag des Mauerfalls am Montag in Berlin über die Vermeidung von Gaskrisen sprechen.
Der russische Gasmonopolist Gazprom bestätigte unterdessen in Moskau, dass die Ukraine, das wichtigste Transitland für die EU, die Gasrechnung für Oktober in voller Höhe bezahlt und damit einen neuen Konflikt abgewendet habe.
Das russische Energieministerium nimmt mit dem Memorandum dem Zeitungsbericht zufolge insbesondere die Ukraine als "unzuverlässiges Transitland" ins Visier. Das Papier enthalte 13 Punkte, wie im Fall neuer Probleme mit den Gaslieferungen an die EU vorzugehen sei.
Unzuverlässige Länder
Zuletzt hatte es im Januar vor allem in Osteuropa dramatische Engpässe gegeben, weil Russland der Ukraine unter Hinweis auf unbezahlte Rechnungen den Gashahn abgedreht hatte und dadurch auch die Versorgung in Teilen der EU zeitweise zum Erliegen kam. Russlands stellvertretender Energieminister Anatoli Janowski sagte der Zeitung, Moskau erwarte nun von der EU eine Reaktion.
Energieexperten in Moskau bezweifelten aber, dass das Memorandum tatsächlich Krisen verhindern könne. Zudem sei eine Beteiligung der Ukraine nicht vorgesehen. Eine Unterzeichnung des Papiers in Schweden hielten EU-Kreise in Moskau für unwahrscheinlich.
Laut "Kommersant" wollen Medwedew und Merkel außerdem über die geplante Ostsee-Pipeline "Nord Stream" sprechen. Die Transportleitung umgeht das bisherige Transitland Ukraine. Demnach seien inzwischen die wichtigsten Hindernisse aus dem Weg geräumt. Russland wolle den Bau bis Ende des Jahres genehmigen.
Quelle: ntv.de, dpa/rts