BIP-Minus über acht Prozent? Horrorszenario für Russland
03.04.2009, 15:36 UhrFührende Forschungsinstitute befürchten in Russland in diesem Jahr einen Konjunktureinbruch von mehr als acht Prozent. Im schlimmsten Fall könnte das Minus bei 8,3 Prozent liegen, teilten das Entwicklungs-Zentrum und die Höhere Wirtschaftsuniversität (HSE) mit. Bestenfalls könnte die Wirtschaftsleistung um nur 5,3 Prozent zurückgehen.
Als Risiko nannten die Experten eine größere Krise im Bankensektor. Zentralbankchef Sergej Ignatjew zeigte sich am Freitag aber zuversichtlich, dass eine zweite Welle der Bankenkrise verhindert werden könne. "Ich denke, der schlimmste Teil der Probleme liegt hinter uns", sagte er.
Mit ihrer Prognose sind die beiden Institute deutlich pessimistischer als die Regierung in Moskau, die lediglich ein Schrumpfen des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 2,2 Prozent für 2009 vorhersagt. Auch Ignatjew zeigte sich optimistisch, dass die russische Wirtschaft in den kommenden Monaten wieder auf Wachstumskurs komme. Der wichtigste Grund dafür sei eine Stabilisierung der Ölpreise.
Neue Bankenkrise?
Umstritten ist bei Politik und Experten, ob Russland eine neuerliche Bankenkrise bevorsteht. Finanzminister Alexej Kudrin warnte zuletzt vor einer zweiten Krise, die durch faule Kredite und nicht durch einen Mangel an Liquidität ausgelöst werde. Ignatjew widersprach dem. "Ich teilte die Ansichten nicht, wonach eine zweite Welle unausweichlich ist." Sollte sich die Lage bei den Banken verschärfen, würde dies nach Einschätzung der Forschungsinstitute der russischen Wirtschaft einen deutlichen Dämpfer versetzen. "Bei diesem Szenario wären die Gefahren einer weiteren Abwertung des Rubel und einer steigenden Inflation deutlich höher." Zudem dürfe nicht zu viel Geld aus den russischen Devisenreserven für Sozialausgaben abgezogen werden. "Wir können davon sprechen, dass die Reserven aufgefressen werden, weil der positive Effekt für die Konjunktur zweifelhaft und kurzlebig sein wird."
Im günstigsten Fall führt dagegen der Einbruch der heimischen Nachfrage nach Experten-Einschätzung nicht zu drastischen Produktionsrückgängen, weil das durch geringere Importe aufgefangen werden könne. Eine schnelle Erholung sehen beide Institute nicht: 2010 werde die Wirtschaft stagnieren oder bestenfalls um 0,6 Prozent wachsen. Die HSE ist die führende Wirtschaftsuniversität Russlands. Das Entwicklungs-Zentrum forscht unter anderem im Auftrag von Ministerien oder der Zentralbank.
Die Ratingagentur Moody's setzte die Beurteilung des Gasmonopolisten Gazprom wegen Sorgen um die weitere Entwicklung der russischen Wirtschaft um einen Schritt auf Baa1 herab. Es sei nicht mehr gerechtfertigt, Gazprom besser zu bewerten als das gesamte Land, schrieben die Experten. "Bewegungen beim Öl- und Gaspreis und Änderungen beim Zustand der russischen Wirtschaft beeinflussen gleichermaßen das Schicksal von beiden", hieß es.
Quelle: ntv.de