Reaktion auf die Bankenkrise IIF stellt Konsequenzen vor
18.07.2008, 13:58 UhrDie internationalen Großbanken wollen als Konsequenz aus der Finanzkrise mit einem eigenen Gremium zur Marktbeobachtung und einem Verhaltenskodex früher als bisher auf künftige Turbulenzen reagieren. Ziel der "Gruppe zur Marktüberwachung" (MMG) sei, "neue, heraufziehende Schwachstellen in den Märkten und im Finanzsystem besser und früher zu erkennen", sagte der Präsident des Internationalen Bankenverbandes (Institute of International Finance, IIF), Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann. Bei einer ganzen Reihe von Finanzfirmen habe es "ernsthafte Schwächen in den Geschäftspraktiken gegeben, die erheblich zu den breiteren Folgen für die Finanzindustrie und für die ganze Wirtschaft beitrugen".
Ackermann legte einen eigenen Verhaltenskodex und Reformempfehlungen für die Finanzindustrie vor. Das Ziel ist, in der Branche vor allem ein besseres Risikomanagement zu erreichen. Es soll aber auch zu mehr Transparenz bei komplizierten Produkten und einer Managerbezahlung führen, die keine exzessiver Risikobereitschaft zur Folge hat.
Unverbindliche Empfehlungen
Er erwarte, dass die meisten Vorschläge bereits bis zum Jahresende umgesetzt seien, sagte Ackermann. Sie seien "ein bedeutender Beitrag zur Stärkung des Finanzsystems, vor allem, wenn sie mit effektiven Schritten von staatlicher Seite kombiniert werden".
Mit Blick auf die umstrittene Anpassung der Bilanzregeln, die der Finanzbranche künftig den Ausweis allzu hoher Verluste ersparen sollen, sagte der Mitverfasser des Kodex', Cees Maas, man sehe die Notwendigkeit eines "offenen Dialogs" mit allen Beteiligten.
Transparenz ja, aber nicht immer
Bei einem starken Verfall von Wertpapier-Kursen sollen die Banken eine Bilanzierung vornehmen können, die diesen Verlust nicht in voller Höhe abbildet. Hintergrund dafür ist der drastische Kursverfall bestimmter Papiere als Folge der Finanzkrise. Der Punkt stößt bei den Aufsichtsbehörden auf Kritik und hatte auch innerhalb des Bankenverbands heftige Debatten ausgelöst und zu einem Eklat geführt. Die weltweit führende US-Investmentbank Goldman Sachs fürchtete mangelnde Transparenz und war Anfang Juni aus Protest gegen die Pläne aus dem Internationalen Bankenverband ausgetreten.
Maas zeigte sich überzeugt, dass die vorgestellten Maßnahmen von den Finanzinstituten auch wirklich umgesetzt werden. "Wir sind zuversichtlich, dass dieser Bericht sehr ernst genommen wird."
Kritik an schwachen Zentralbanken
Ackermann hob hervor, dass er von Krisenwarnungen eines brancheneigenen Gremiums zur Marktüberwachung eine größere Wirkung auf die Finanzindustrie erwarte als etwa durch entsprechende Hinweise von Zentralbanken. Zwar habe es Warnsignale der Notenbanken gegeben. "Aber sie hatten keine Zugkraft oder Einfluss auf die Industrie."
Der Deutsche-Bank-Chef unterstrich, der Verhaltenskodex sei nicht zur "Selbstverteidigung" der Branche gegen eine verschärfte staatliche Aufsicht gedacht. "Es hängt von den Regulierern ab, was sie als zusätzliche Schritte für nötig erachten", sagte Ackermann. Bei der Vorstellung eines Entwurfs der Empfehlungen im April hatte er noch erklärt: "Wir sind der Meinung, dass es jetzt absolut falsch wäre, verfrüht nach regulatorischen Maßnahmen zu rufen." Die Finanzindustrie habe die Initiative ergriffen, "um zu zeigen, dass wir in der Branche einen besseren Job machen können".
Bundesregierung nicht zufrieden
Der IIF machte aber auch deutlich, dass selbst mit einem eigenen Mechanismus zur Marktüberwachung und einem Verhaltenskodex Finanzturbulenzen auch künftig nicht zu verhindern sein werden. "Es wird wieder Krisen geben", sagte der Vorstandchef der kanadischen Scotiabank, Rick Waugh. Dem Internationalen Bankenverband gehören mehr als 375 führende Banken und Kreditinstitute weltweit an.
Aus der Sicht der Bundesregierung gehen vorgeschlagenen Reformen und freiwilligen Verhaltensregeln nicht weit genug. "Selbstregulierung der Marktteilnehmer allein ist für das Ziel der Finanzmarktstabilität nicht ausreichend", sagte Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen. "Wir brauchen die ordnende Hand der Staatengemeinschaft, die Regeln setzt und durchsetzt."
Asmussen begrüßte, dass das IIF in seinen Empfehlungen auch den schon 2007 von der deutschen G7-Präsidentschaft der Gruppe der sieben führenden Industriestaaten angeregten Weg hin zu mehr Transparenz einschlage. "Auch klare Verantwortungsstrukturen und Verhaltensregeln werden helfen."
Was ist der "richtige Mix"?
Der Bundesverband deutscher Banken (BdB) unterstützt die vom Institute of International Finance (IIF) vorgelegten Empfehlungen und hat sich für deren zügige Umsetzung ausgesprochen.
"Alle Beteiligten sollten jetzt konstruktiv an der Umsetzung der Schlussfolgerungen mitarbeiten", sagte Manfred Weber, Geschäftsführender BdB-Vorstand. Wer darin nur den Versuch sehe, staatliche Regulierung zu vermeiden, liege völlig fehl in dieser Einschätzung. Entscheidend werde der richtige Mix aus neuen bzw. angepassten staatlichen Regeln und Selbstregulierung sein.
Schon alles erledigt
Die IIF-Vorschläge leisteten einen wichtigen Beitrag, die richtigen Schlussfolgerungen aus der US-Subprimekrise zu ziehen, sagte Weber.
Für die dauerhafte Existenzsicherung einer Bank sei es wichtig, den "Risikoappetit der jeweiligen Bank" sorgfältig festzulegen und einzuhalten. Die Vorschläge dazu stünden in Übereinstimmung mit den Vorgaben der deutschen Mindestanforderungen an das Risikomanagement. "Wir gehen davon aus, dass die deutschen Banken die von IIF geforderten Veränderungen bereits heute im Wesentlichen erfüllen", sagte Weber.
Quelle: ntv.de