Meldungen

Kein Silberstreif am Horizont Ifo-Index fällt kräftig

Das Geschäftsklima in Deutschland hat sich im September stärker eingetrübt als erwartet. Zurückzuführen ist dies vor allem auf eine Verschlechterung der Lagekomponente. Wie das Münchener Ifo Institut für Wirtschaftsforschung am Mittwoch im Rahmen seines monatlichen Konjunkturtests mitteilte, sank der Geschäftsklimaindex auf 92,9, nachdem er im Vormonat noch bei 94,8 notiert hatte. Nach diesem vierten Rückgang in Folge erreichte der Index den niedrigsten Stand seit Mai 2005. Damals war ein Stand von 92,3 verzeichnet worden.

Volkswirte hatten einen Indexrückgang auf 94,0 erwartet. Der Index zur Beurteilung der aktuellen Lage verringerte sich deutlich auf 99,8, im Vormonat hatte er bei 103,5 gelegen. Die Erwartungskomponente sank auf 86,5 (August: 87,0).

Die Unternehmen beurteilen den Angaben zufolge ihrer derzeitigen Geschäftslage sehr viel ungünstiger als im Vormonat. Die Perspektiven für das kommende halbe Jahr würden ebenfalls etwas schlechter eingeschätzt. "Der Ifo Geschäftsklimaindex setzt seinen Abwärtstrend mit Riesenschritten fort", sagte Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn zu den Daten. Während sich die Stimmung im Bauhauptgewerbe im September leicht verbesserte, sank das Geschäftsklima im Groß- und Einzelhandel sowie im verarbeitenden Gewerbe.

Im verarbeitenden Gewerbe verschlechterte sich das Geschäftsklima bereits den vierten Monat in Folge. Der entsprechende Saldenindex fiel auf minus 11,6 von minus 6,8 im August. Die Unternehmen berichteten von einer erheblich weniger guten Geschäftslage, und sie rechneten auch in den nächsten sechs Monaten vermehrt mit einer schwächeren Geschäftsentwicklung, teilte das Ifo mit. Die Chancen im Exportgeschäft würden zudem zurückhaltender betrachtet. Zusätzliches Personal wollten die Industrieunternehmen kaum noch einstellen.

Es gibt Hoffnung

Auch im Einzelhandel kühlte sich das Geschäftsklima bereits das vierte Mal in Folge ab, der Index des Sektors fiel auf minus 24,0 von minus 21,5 im Vormonat. Die derzeitige Geschäftslage stuften die befragten Unternehmen merklich negativer ein. Hinsichtlich der Entwicklung im kommenden halben Jahr seien sie jedoch nicht mehr so pessimistisch wie im Vormonat.

Ebenfalls verschlechtert zeigte sich das Geschäftsklima im Großhandel. Der Saldenindex verringerte sich hier deutlich auf minus 10,3 von minus 5,5. Sowohl die Geschäftslage als auch die weitere Entwicklung schätzten die Großhändler zurückhaltender ein. Lediglich im Bauhauptgewerbe legte der Geschäftsklimaindex etwas zu, wenn auch von einem niedrigen Niveau aus. Der Saldenindex verbesserte sich im September auf minus 25,2 von zuvor minus 26,4. Die momentane Geschäftslage und die Perspektiven für das kommende halbe Jahr bewerteten die Umfrageteilnehmer etwas günstiger.

Gernot Nerb, der Bereichsleiter für Branchenforschung, sagte, die Daten bestätigten, dass die Wirtschaft im dritten Quartal relativ schwach gewesen sei. Auch im vierten Quartal sei noch kein Silberstreif zu erkennen, fügte er in einem Interview auf Bloomberg TV hinzu. Zudem riet Nerb der Europäischen Zentralbank (EZB) zu einer Zinssenkung. Für eine sofortige Reduzierung des Leitzinses sei es wohl noch zu früh, aber die EZB sollte signalisieren, dass sie zu einer Zinssenkung bereit sei, sagte er.

Reaktionen

Der Rückgang des Ölpreises hat Nerb zufolge das Geschäftsklima im September gestützt. Er würde aber einen weiteren Rückgang auf 80 US-Dollar begrüßen, was der EZB Zinssenkungen erleichtern würde, sagte er. ING-Volkswirt Carsten Brzeski verwies darauf, dass der abermalige Rückgang des Geschäftsklimas vor allem von der Abwärtsbewegung bei der aktuellen Lageeinschätzung getragen gewesen sei. Deren monatlicher Rückgang sei der stärkste seit September 2001 gewesen, sagte er. Er führte die Schwäche des ifo-Index vor allem auf die rückläufigen Auftragseingänge der deutschen Industrie zurück.

Brzeski zufolge hat sich Deutschland mit dieser Veröffentlichung einer technischen Rezession genähert. Zu retten sei die Lage jetzt nur noch vom privaten Konsum. Insgesamt wäre eine Schwäche Deutschlands kein gutes Vorzeichen für den Euroraum insgesamt und stünde im Gegensatz zur Erwartung der EZB, dass eine konjunkturelle Erholung bevorstehe.

Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer sagte, noch sorge sich die EZB zu Recht über die zu hohen langfristigen Inflationserwartungen. "Aber die steigende Rezessionsgefahr sowie die ölpreisbedingt fallende Inflation werden die Inflationserwartungen allmählich reduzieren." Er erwarte daher, dass die EZB in der ersten Jahreshälfte beginnen werde, ihre Leitzinsen zu senken.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen