Bundesagentur für Arbeit Job-Boom soll anhalten
31.07.2008, 20:57 UhrDie Bundesagentur für Arbeit (BA) rechnet trotz abflauender Konjunktur mindestens bis zum Jahr 2009 mit einer Fortsetzung des Job-Booms. Daran werde weder der schwache Dollar noch die Finanzkrise oder andere Faktoren etwas ändern, die derzeit die Konjunktur belasteten, sagte BA-Chef Frank-Jürgen Weise. "2009 könnte der Arbeitsmarkt unter heute erkennbaren Umständen sogar noch etwas besser werden als 2008", fügte Weise hinzu. Auch Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) rechnet mit einer weiterhin robusten Arbeitsmarktentwicklung.
Weise sieht seine positive Gesamteinschätzung von den aktuellen Arbeitsmarktzahlen bestätigt. Im Juli waren 3,21 Mio. Männer und Frauen ohne Arbeit. Dies waren 50.000 mehr als vor einem Monat. Der überwiegend jahreszeitlich bedingte Anstieg fiel damit doppelt so stark aus wie im Schnitt der vergangenen drei Jahre. Im Vergleich zum Juli 2007 ist die Erwerbslosenzahl dagegen um rund 505.000 zurückgegangen. Die Arbeitslosenquote nahm im Vergleich zum Vormonat um 0,2 Punkte auf 7,7 Prozent zu. Vor einem Jahr hatte sie noch bei 8,9 Prozent gelegen.
Der Anstieg der Arbeitslosenzahl im Juli darf nach Weises Einschätzung nicht überbewertet werden. Diese Entwicklung sei in diesem Monat üblich. "Zum einen stellen Betriebe in den Ferien weniger Menschen ein. Zum anderen melden sich Jugendliche nach Beendigung von Schule oder Ausbildung vorübergehend arbeitslos", sagte Weise. An der Jahresprognose von 3,43 Mio. Arbeitslosen im Jahresdurchschnitt 2008 hält Weise weiter fest.
27,42 Millionen zahlen ein
Der BA-Chef stützt seine positive Gesamteinschätzung unter anderem auf den anhaltenden Rückgang der saisonbereinigten Arbeitslosenzahl; dieser Wert ging im Juli um 20.000 zurück. Auch die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten liege aktuell mit einem Plus von 580.000 deutlich über dem Niveau von Juli 2007, betonte Weise. Insgesamt waren bei der Bundesagentur 27,42 Mio. Beschäftigte registriert, die in die Sozialkassen einzahlen. "Auch die Nachfrage nach Arbeitskräften bewegt sich auf hohem Niveau", betonte Weise.
Dem halten Arbeitsmarkt-Experten allerdings entgegen, dass die Zahl der offenen Stellen in der freien Wirtschaft - also ohne Ein- Euro-Jobs - im Juli im Vergleich zum Vorjahr um 38.000 auf 424.000 gesunken sei. Das deute auf eine leicht sinkende Kräftenachfrage in den Unternehmen hin. Auch habe der Arbeitsmarkt von einer Reihe konjunkturunabhängige Sonderentwicklungen profitiert. So seien im Verlauf der vergangenen zwölf Monate deutlich mehr Männer und Frauen in Rente gegangen als im Jahr davor und hätten so den Arbeitsmarkt um rund 100.000 im Vergleich zum Vorjahr entlastet.
Vom Arbeitsaufschwung der vergangenen drei Jahre hat unterdessen der Osten weitaus weniger profitiert als der Westen Deutschlands. Gemessen an der Zahl aller Erwerbstätigen herrscht in den neuen Bundesländern weiterhin eine doppelt so hohe Arbeitslosigkeit wie in den alten Ländern. In Westdeutschland waren im Juli 2.120.000 Männer und Frauen ohne Beschäftigung. Das waren 47.000 mehr als im Vormonat. In Ostdeutschland lag die Arbeitslosenzahl im Juli bei 1.090.000. Das waren 3000 mehr als im Juni. Die Arbeitslosenquote lag im Westen bei 6,4 Prozent, im Osten bei 12,8 Prozent.
Scholz zufrieden
Bundesarbeitsminister Scholz zeigte sich mit der Entwicklung am Arbeitsmarkt zufrieden. "Wenn wir weiter das Richtige tun, ist Vollbeschäftigung ein erreichbares Ziel", sagte Scholz. Darunter versteht er, dass niemand länger als ein Jahr arbeitslos ist. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla sagte, 588.000 freie Stellen seien ein ermutigendes Signal für junge Schulabgänger. Die Koalition wolle noch mehr tun.
Die Arbeitgeber forderten mehr Einsatz von Scholz gegen die Langzeitarbeitslosigkeit. "Mit einem Anteil von 70 Prozent sind inzwischen fast drei Viertel der Arbeitslosen Hartz-IV-Empfänger", kritisierte die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Die Gewerkschaften riefen die Wirtschaft auf, mehr junge Fachkräfte einzustellen. Allein zum Vormonat sei die Zahl arbeitsloser Jugendlicher um über 60.000 auf 360.000 gestiegen.
"Blanker Hohn"
Die Linke hält nichts davon, von "Vollbeschäftigung zu träumen". Schon der Bundesrechnungshof habe mehrfach die Effektivität der Jobcenter und den Umgang mit Ein-Euro-Jobs bemängelt, betonten sie in einer Mitteilung. Ähnlich äußerten sich die Grünen: "Das Ziel des Arbeitsministers ist vor dem Hintergrund steigender Arbeitslosigkeit blanker Hohn", sagte Arbeitsmarktexpertin Brigitte Pothmer. FDP-Vize Rainer Brüderle warnte vor den Vorboten des Abschwungs. "Jetzt werden die letzten Reste des Booms verspeist, morgen ist der Tisch leer."
Quelle: ntv.de