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Schweizer Gerüchteküche Julius Bär hält dagegen

Anschuldigungen in einem anonymen Brief haben den Jahresabschluss von Julius Bär überschattet und die Aktie der Schweizer Vermögensverwaltungsbank zeitweise einbrechen lassen. Nachdem Bär-Chef Johannes de Gier die Vorwürfe energisch dementierte, die in dem unter Analysten und Börsenhändlern kursierenden Brief erhoben wurden, erholte sich die Aktie etwas von ihrem Kurssturz um in der Spitze 41 Prozent.

Wie die Bank unter dem Druck der Gerüchte am Nachmittag mitteilte, ist durch das Falschverhalten eines früheren Händlers im Jahr 2008 ein unrealisierten Buchverlust von fünf Millionen Franken entstanden. Der Händler habe gewisse "Nostro-Positionen" nicht entsprechend den Vorschriften verwaltet, hieß es in einem Memo der Bank, das am Freitagnachmittag bekannt wurde.

Die Position sei daraufhin im Oktober 2008 in Übereinstimmung mit IFRS-Vorschriften in das Teasury Bond Portfolio übertragen worden und die Bank habe das in ihrem Geschäftsbericht in der Anmerkung 11b dargestellt. Der Geschäftsbericht sei entsprechend dem anzuwendenden Recht erstellt worden. Das sei von dem Wirtschaftsprüfer KPMG bescheinigt und von der Finanzmarktaufsicht FINMA bestätigt worden, so die Bank weiter.

Die Bär-Aktien, die am Morgen um bis zu 41 Prozent gefallen waren, notierten gut eine Stunde vor Börsenschluss noch neun Prozent schwächer bei 30,22 Franken.

Sehr heiß gekocht

Parallel zur Präsentation des Jahrsabschlusses der Bank hatte ein Brief an die Schweizer Bankenaufsicht FINMA von vor Weihnachten die Runde gemacht. Darin soll eine Behauptung enthalten gewesen sein, wonach Angestellte der Bank Verluste versteckt hätten. Bär-Chef de Gier hatte nach zunächst ausweichenden Antworten auf Nachfragen von Journalisten die Existenz des Schreibens bestätigt, die Vorwürfe allerdings gleichzeitig kategorisch dementiert.

Es habe im Oktober einen kleinen Vorfall im Handel gegeben, der "absolut irrelevant" sei und angemessen geregelt worden sei, sagte er. "Da ist absolut nichts dran", sagte er weiter. "Sonst würde ich nicht hier sitzen". Später bestätigte die FINMA den Eingang eines solchen Briefes und erklärte, die Bank habe damals Maßnahmen ergriffen. Die FINMA sei mit der Angelegenheit noch befasst, sagte ein Sprecher. Bei der Sache seien keine Gesetze und keine Vorschriften verletzt worden, erklärte Bär-Finanzchef Dieter Enkelmann.

Anonyme Vorwürfe

In dem Brief hieß es weiter, Juniorhändler hätten verlustbringende Wertpapiere auf Konten der Bank, sogenannten "Nostro Positionen", geparkt, bei denen eigentlich Verluste hätten verbucht werden müssen.

Am Nachmittag hatte die Bär-Aktie einen Teil ihres Verlustes wieder aufgeholt und notierte 13 Prozent im Minus bei 29,00 Franken.

Der Aktienkurs litt auch unter den Geschäftszahlen der Bank: Der Gewinn ging 2008 um 25 Prozent auf 852,3 Mio. Franken (570 Mio. Euro) zurück. Die verwalteten Vermögen, die Ertragsbasis der Bank, sanken im Gefolge der schwachen Finanzmärkte, eines starken Frankens und weil institutionelle Anleger Geld abzogen, um 32 Prozent auf 275 Mrd. Franken.

Das Privatbankgeschäft wächst

Im Vermögensverwaltungsgeschäft für reiche Privatkunden konnte die Bank nach de Giers Worten jeden Monat etwa 1000 neue Kunden und über das Jahr netto Neugeld von 22 Mrd. Franken gewinnen, die, so ließ er durchblicken, auch von Schweizer Großbanken gekommen sind. UBS und Credit Suisse legen in der kommenden Woche ihre Abschlüsse vor und Analysten gehen davon aus, dass die beiden Geldhäuser jeweils einen Milliardenverlust zeigen werden, der bei UBS ein Mehrfaches des Fehlbetrages bei Credit Suisse ausmachen dürfte.

Das bisher als relativ konjunkturresistent eingeschätzte Vermögensverwaltung für Reiche wird nach Ansicht de Giers angesichts der Krise eine Konsolidierung durchlaufen und Bär sei bereit, Zukäufe zu tätigen. "Bisher sehen wir aber nur wenige Blips auf dem Radarschirm", sagte er weiter. Auf jeden Fall werde die Bank neue Vermögensverwalter einstellen, die üblicherweise dann Kunden mitbringen. Zwar werde 2009 ein hartes Jahr, aber die Bank werde ihren Marktanteil ausbauen können.

Quelle: ntv.de

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