Sachsen LB macht Schnitt Kapitalmarktchef geht
23.08.2007, 07:45 UhrDie Krise bei der SachsenLB hat personelle Konsequenzen gefordert. Der für das Kapitalmarktgeschäft der Bank zuständige Vorstand Stefan Leusder scheidet mit sofortiger Wirkung "auf eigenen Wunsch" aus dem Vorstand der Landesbank aus, teilte die SachsenLB mit. Er habe in einem Schreiben an Landesfinanzminister Horst Metz, der Vorsitzender der Anteilseignerversammlung und des Verwaltungsrats der SachsenLB ist, um die Beendigung seines Vorstandsmandat gebeten. Leusder sei ab sofort nicht mehr für die Bank tätig, sein Anstellungsvertrag werde zum 30. September beendet, hieß es.
Hintergrund des Rücktritts ist wohl ein milliardenschweres Engagement des Leipziger Instituts im schlecht besicherten Segment des US-Hypothekenmarktes. Wegen der ausufernden US-Kreditkrise musste die Sachsen LB von anderen Landesbanken und der DekaBank mit einer Kreditlinie über 17,3 Mrd. Euro gestützt werden. Nach einem Bericht der "Financial Times Deutschland" investierte die Bank über ihre Zweckgesellschaft Ormond Quay rund 3,5 Mrd. Euro am Markt für zweitklassige US-Hypotheken. Damit stecke rund ein Fünftel des Fondsvolumens von Ormond Quay in stark ausfallgefährdeten Darlehen, heißt es. Die SachsenLB habe darauf verwiesen, dass alle von Ormond Quay gehaltenen Wertpapiere ein "AAA"-Rating haben.
Fitch sieht keine Systemkrise
Die Ratingagentur Fitch sieht derweil keine Systemkrise im deutschen Bankensektor als Folge der Probleme am US-Hypothekenmarkt. Die Agentur hält die meisten Banken dank ihrer verbesserten Finanzkraft und breiten Aufstellung für in der Lage, begrenzte Schocks auszuhalten. Die deutschen Banken halten mit rund 185 Mrd. Euro rund ein Fünftel der Liquiditätslinien für so genannte Conduits. Diese Spezialgesellschaften verdienen ihr Geld mit Anleihen, die mit Forderungen auch aus faulen US-Hypotheken hinterlegt sind (so genannte Asset Backed Securities).
HSH Nordbank sieht sich trotz Engagements nicht betroffen
Die HSH Nordbank sieht sich trotz Investitionen von 1,8 Mrd. Euro am US-Subprime-Markt nicht von dessen Krise betroffen. Das Bankhaus sei über Verbriefungen in dieser Höhe engagiert, sagte Vorstandschef Hans Berger in Hamburg. Die Summe entspreche weniger als einem Prozent der Konzernbilanzsumme.
300 Mio. Euro der Gesamtsumme würden von Dritten verwaltet, für 1,5 Mrd. habe die Bank das Portfolio selbst zusammengestellt. Bei der Auswahl dieser Anlagen habe die fünftgrößte deutsche Landesbank strenge, eigene Kriterien angelegt, beschwichtigte Berger. Die HSH habe sich nicht auf das Rating der Agenturen verlassen. Es seien hohe Mindestanforderungen an die Schuldnerqualität gestellt worden.
Insgesamt ist die HSH Nordbank den Angaben zufolge mit 4,4 Mrd. Euro über zwei Zweckgesellschaften am Markt für verbriefte Forderungen (ABS) engagiert. Die Namen dieser Vehikel seien "Poseidon" und "Carrera", sagte Berger weiter. Beide Portfolien seien "von erstklassiger Qualität", das schlechteste Rating sei "AA".
Union fordert gesetzliche Regulierung der Rating-Agenturen
Die Union will bei den Rating-Agenturen nun gesetzliche Konsequenzen aus der Finanzkrise ziehen. Der finanzpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Otto Bernhardt, sagte, entweder würden die Einschätzungen der Bewerter bei der Finanzaufsicht nicht mehr genutzt: "Oder wir gießen den freiwilligen Verhaltenskodex der Rating-Agenturen in Gesetzesform." Ihnen wird vorgeworfen, noch beste Noten vergeben zu haben, als bereits über die Risiken auf dem US-Hypothekenmarkt berichtet wurde. Die Bonitätsprüfung der Agenturen ist vor allem eine Grundlage für Kreditgeschäfte.
"Eine Welt ohne Ratings ist nicht mehr vorstellbar", sagte Bernhardt: "Zu abhängig sind Banken, private Investoren und eben auch die Aufsichtsbehörden von den Meinungen der Bewerter." Dabei unterliefen diesen Fehler: "Und dieses Risiko der Fehleinschätzungen gehen wir ein, obwohl wir die Entscheidungen von Rating-Agenturen aufsichtsrechtlich nutzen." So bildeten im deutschen Versicherungsaufsichtsrecht Ratings bereits seit Jahren eine Grundlage zur Bewertung von Vermögensanlagen. "Wir verlassen uns in einem staatlich regulierten Bereich auf unregulierte Einschätzungen", kritisierte der Finanzexperte.
Damit zeichnen sich erste Konsequenzen aus der Kritik unter anderem von Bundeskanzlerin Angela Merkel ab. Sie hatte Klarheit darüber gefordert, auf welcher Grundlage die Agenturen ihre Bewertung von Unternehmen vornehmen und vor einer schwarzen Box gewarnt, "wo etwas herauskommt, das keiner nachvollziehen kann".
Verhaltenskodex bereits seit 2004
Bernhardt erinnerte daran, dass Ende 2004 ein weltweit abgestimmter Verhaltenskodex für Rating-Agenturen entwickelt worden sei, der auf dem Prinzip der Selbstregulierung beruht. "Hierin finden sich Vorgaben etwa zur Qualität des Ratingprozesses, zur Unabhängigkeit der Rating-Agenturen oder zur Transparenz ihrer Methodik." Die EU-Kommission prüft bereits gesetzliche Regelungen. Neben Merkel hatte auch Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy Unterstützung signalisiert.
Der weltweite Rating-Markt wird von den drei großen Bewertern Standard & Poor's, Moody's und Fitch beherrscht. Bernhardt sagte, die Basel-II-Richtlinie sehe bereits eine Prüfung vor, ob eine Agentur bestimmte Anforderungen erfülle, damit ihre Bonitätseinschätzung von den Banken zur Berechnung der Eigenkapitalunterlegung eines Kredits herangezogen werden könne. Er forderte, die Diskussion um die Bedeutung der Bewerter möglichst bald wieder auf nationaler und internationaler Ebene zu führen. Der Markt für zweitklassige Baufinanzierungen war in den USA wegen fallender Häuserpreise und gestiegener Zinsen völlig zusammengebrochen.
Quelle: ntv.de