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Bewährung und Geldstrafe Kein Gefängnis für Hartz

Das Landgericht Braunschweig hat den früheren VW-Personalvorstand Peter Hartz wegen Untreue und Begünstigung eines Mitglieds des Betriebsrates zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Außerdem müsse Hartz eine Geldstrafe von rund 576.000 Euro zahlen, sagte die Vorsitzende Richtern Gerstin Dreyer.

Das Urteil war so bereits erwartet worden. Eine Haft hatte Hartz bereits in der vergangenen Woche mit seinem Geständnis abgewendet. Das Gericht hatte dem 65-Jährigen nach einem umstrittenen Deal mit Staatsanwaltschaft und Verteidigung bereits am ersten Verhandlungstag eine höchstens zweijährige Freiheitsstrafe auf Bewährung und eine Geldstrafe von 360 Tagessätzen in Aussicht gestellt.

Hartz reagierte mit unbewegter Miene auf das Urteil und verließ den Gerichtssaal über einen Nebenausgang. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Hartz Volkert mit Sonderbonuszahlungen in Höhe von rund zwei Millionen Euro über zehn Jahre hinweg "bei guter Laune" halten wollte. Dabei habe Hartz eigenmächtig, heimlich und unter Abschaffung von Kontrollmechanismen gehandelt. "Die Zahlungen waren praktisch nicht nachweisbar durch das Unternehmen." Zweck sei es gewesen, sich das Wohlwollen des mächtigen Betriebsratschefs zu sichern. Zudem habe Hartz Volkert und dessen früherer Geliebten Adriana Barros weitere Zahlungen und Vergünstigungen, darunter teure Reisen, in Höhe von insgesamt rund 600.000 Euro zukommen lassen.

Gegen Hartz spreche zwar die hohe Schadenssumme, sagte die Vorsitzende Richterin Gerstin Dreyer. Für den 65-Jährigen spreche jedoch, dass er geständig gewesen und nicht vorbestraft sei und sich nicht persönlich bereichert habe.

Schnelle Arbeit

Der Hartz-Prozess wurde nach nur zwei Verhandlungstagen beendet. Bereits vor Prozessbeginn hatten sich Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung auf eine Strafobergrenze verständigt. Juristen sowie etwa der Anwalt Volkerts hatten diese Urteilsabsprache kritisiert und von einem "Kuhhandel" gesprochen. Die Staatsanwaltschaft dagegen nannte das Urteil eine für Hartz "empfindliche und nachhaltige Sanktion".

Hartz hatte vor Gericht monatliche Einkünfte von rund 25.000 Euro sowie ein Anlage-Vermögen von rund 2,7 Mio. Euro angegeben. Das Landgericht verurteilte Hartz zu einer Geldstrafe von 360 Tagessätzen mit einem Tagessatz von 1.600 Euro. Die Höhe des Tagessatzes richtet sich nach den monatlichen Einkünften sowie dem Vermögen. Hartz drohen aber zudem Schadenersatzforderungen des Wolfsburger Autobauers VW. Dreyer sagte, bei dem Urteil seien die zivilrechtlichen Folgen für Hartz berücksichtigt worden.

Oberstaatsanwältin Hildegard Wolff sagte mit Blick auf Kritik an der Urteilsabsprache, Hartz sei nicht zu bestrafen, weil er die nach ihm benannten Arbeitsmarktreformen mit auf den Weg gebracht habe, weil er prominent oder vermögend sei oder weil er Dienste von Prostituierten in Anspruch genommen habe. Nachdem Hartz bereits bei seiner Vernehmung ein umfangreiches Geständnis ablegt hatte, verzichtete die Staatsanwaltschaft darauf, vor Gericht Zeugen, etwa Prostituierte, oder Sachverständige zu laden. Die Behörde begründete dies mit "Prozessökonomie".

"Reich-und-sorglos"-Paket für Volkert

Vor der Urteilsverkündung ließ Hartz über seinen Anwalt Egon Müller bekräftigen, Volkert "gekauft" zu haben. Es hätten wichtige Entscheidungen angestanden, die nur mit der Zustimmung des Betriebsrats zu treffen gewesen seien.

1993 etwa drohten Massenentlassungen bei VW, die Hartz und Volkert mit der Einführung der Vier-Tage-Woche verhinderten. Auch bei anderen wichtigen tarifpolitischen Entscheidungen arbeiteten Hartz und Volkert eng zusammen. Sie waren die Säulen des umstrittenen "Systems VW" - dem "Co-Management" von Betriebsrat und IG Metall.

Hartz habe ein "Rundum-Sorglos-Programm" für Volkert veranlasst, meinte Oberstaatsanwältin Hildegard Wolff. Kontrollen seien abgeschafft worden. Volkert habe "Hunderttausende" hinter sich bringen können, sagte Hartz-Anwalt Müller. "Ein Mann wie Volkert verfügte über ein Charisma, das hat Hartz erkannt und das hat er eingekauft", so Müller. Volkert habe eine Gehaltserhöhung gefordert, weil er sich im Vergleich zu Mitarbeitern des damaligen VW-Einkaufschefs und "Kostenkillers" Jose Ignacio Lopez deutlich unterbezahlt fühlte. Hartz selbst schwieg, er äußerte sich nur zu seiner Person. Ein Schlusswort gab er nicht ab.

Hartz war im Juli 2005 im Zuge der Affäre um Korruption, Lustreisen und Sexpartys auf Firmenkosten zurückgetreten. Sein Prozess ist erst der Beginn der juristischen Aufarbeitung des beispiellosen Skandals, der den Wolfsburger Autobauer zutiefst erschüttert hatte. Weitere Prozesse etwa gegen Volkert sind zu erwarten.

Quelle: ntv.de

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