Finanzminister pessimistisch Keine Erholung 2010
09.03.2009, 22:41 UhrDie EU-Finanzminister geben die Hoffnung auf eine Konjunkturerholung im kommenden Jahr auf. Es sei "höchst unsicher", ob das Wachstum 2010 wieder anspringe, zitierte die "Financial Times Deutschland" aus einem Papier der Minister für den EU-Gipfel am 19. März.
Das düstere Szenario lässt die offiziellen Konjunkturprognosen der EU als viel zu optimistisch erscheinen. Noch Mitte Januar hatte Wirtschaftskommissar Joaqun Almunia eine Verbesserung der Lage im zweiten Halbjahr 2009 vorhergesagt. Inzwischen gehen viele Ökonomen aber davon aus, dass die Wirtschaftskrise sehr viel heftiger sein und länger dauern wird, als bislang befürchtet.
Europas Volkswirtschaften seien von Negativwachstum, historisch niedrigem Verbraucher- und Geschäftsvertrauen sowie ausgetrockneten Kreditflüssen geprägt, heißt es in dem Papier, das die Minister am Dienstag beschließen wollen. "Negativspiralen zwischen der Realwirtschaft und den Finanzmärkten verschlimmern die Situation."
Konsolidierung der Haushalte
Dennoch wollen die Finanzminister einen Zeitplan zum Abbau ihrer nationalen Haushaltsdefizite festlegen. "Die meisten Mitgliedsstaaten werden ihre Konsolidierungsanstrengungen 2010 beginnen, diejenigen mit Haushaltsspielraum werden 2011 anfangen", heißt es in dem Text. Nur so könne vermieden werden, dass die Märkte hochverschuldete Regierungen durch noch höhere Risikoaufschläge auf ihre Staatsanleihen abstrafen.
Allerdings soll die EU die Flexibilität des Stabilitätspakts in der Krise voll ausnutzen. Länder mit besonders hohen Defiziten sollten "längere Fristen bei der Korrektur eingeräumt bekommen". Der Fehlbetrag müsse dann jährlich in größeren Schritten abgebaut werden. Diese Bestimmung zielt auf Länder wie Irland, die 2009 ein Defizit von fast zehn Prozent aufweisen dürften.
Keine weiteren Konjunkturhilfen
Unterdessen wiesen die Länder der Euro-Zone die jüngsten Forderungen aus den USA nach neuen Konjunkturhilfen zurück. Die Konjunkturpakete würden nicht erhöht, sagte der Chef der Euro-Gruppe, der luxemburgische Finanzminister Jean-Claude Juncker, auf dem Treffen der Gruppe in Brüssel.
Die 16 Länder der Euro-Gruppe wollten den jüngsten Aufforderungen aus den USA nach zusätzlichen budgetären Anstrengungen nicht nachkommen, sagte Juncker. "Wir wollen nicht den Eindruck erwecken, dass wir über neue Konjunkturpakete nachdenken. Wir haben getan, was wir tun mussten." Die Euro-Länder reagierten damit auf Forderungen des Wirtschaftsberaters von US-Präsident Barack Obama, Lawrence Summers, nach weiteren Konjunkturmaßnahmen. Die Staaten dürften nicht nachlassen, in der Krise die Nachfrage zu fördern, hatte dieser in der "Financial Times" gefordert.
Auch Bundesfinanzminister Peer Steinbrück hatte vor dem Treffen weitere Konjunkturhilfen abgelehnt. "Wir sollten uns auf die Maßnahmen, die schon entschieden worden sind, konzentrieren", sagte der SPD-Politiker.
Trichet macht Mut
Zuvor hatten führende Notenbanker die Ansicht geäußert, dass sich die Weltwirtschaft trotz anhaltender Talfahrt allmählich einem Wendepunkt nähere. Das globale Wachstum werde voraussichtlich dieses Jahr zwar noch nahe null liegen und erst 2010 anziehen, sagte der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, der eine Sitzung der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel leitete. "Wir haben aber mehrere Hinweise, die darauf hindeuten, dass wir uns dem Zeitpunkt einer Erholung nähern", sagte Trichet.
An den Märkten werde vielfach der Einfluss der niedrigen Öl- und Rohstoffpreise sowie der milliardenschweren Konjunkturprogramme unterschätzt. Dies gelte wohl auch für die Zinssenkungen der Notenbanken rund um den Globus.
Ankauf von Wertpapieren
Die EZB hatte den Leitzins vorige Woche auf das historische Tief von 1,5 Prozent heruntergeschraubt und weitere geldpolitische Lockerungen nicht ausgeschlossen. In den USA und Japan wird bereits seit längerem eine Quasi-Nullzinspolitik gefahren. Flankierend steuern die Zentralbanken die Geldmenge durch den Ankauf von Wertpapieren - diese unorthodoxe Geldpolitik wird im Fachjargon "Quantitative Easing" genannt.
Trichet sagte, bei dem Baseler Treffen sei es zu einem "sehr interessanten" Meinungsaustausch über dieses Modell und die herkömmliche Geldpolitik gekommen. Trichet verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass nicht alle Volkswirtschaften in derselben Situation seien. Der EZB-Chef hatte bereits nach der jüngsten Zinssenkung betont, dass er eine Nullzinspolitik wie in den USA skeptisch sehe. Angesichts der tiefsten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten prüfe die EZB aber mittlerweile auch unorthodoxe Maßnahmen. Details nannte er jedoch nicht.
Quelle: ntv.de