"Lehman sieht nicht gut aus" KfW-Überweisung kein Versehen
21.09.2008, 21:20 UhrDie Millionen-Überweisung der Staatsbank KfW an die insolvente US-Investmentbank Lehman Brothers ist laut einem Zeitungsbericht nicht aus Versehen erfolgt. Das legen nach Informationen der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" erste interne Auswertungen des Vorfalls nahe, die Basis für die Entscheidungen des Verwaltungsrates am vergangenen Donnerstag waren. Zwei Vorstände und der Bereichsleiter für das Risikocontrolling waren daraufhin suspendiert worden. Die Überweisungspanne könnte die KfW bis zu 350 Millionen Euro kosten.
Wie die Zeitung berichtet, hatten am Freitag vorvergangener Woche KfW-Mitarbeiter über die Entwicklung von Lehman und die anstehende Zahlung beraten. Dabei habe man festgestellt, dass "Lehman nicht so gut aussieht", aber die Entscheidung getroffen, die Überweisung noch auszuführen. Neugeschäfte sollten aber nicht mehr eingegangen werden. Über das Wochenende hatte sich die Lage von Lehman zugespitzt, in der Nacht von Sonntag auf Montag wurde über die Insolvenz berichtet.
Der Überweisungsauftrag sei am Montag um 8.37 Uhr an die Bundesbank gegangen und dort einige Minuten später ausgeführt worden, berichtet die "FAZ". Erst für 9.30 Uhr und damit zu spät sei ein weiteres Treffen des Krisenstabes in der KfW anberaumt gewesen. Durch den dann gültigen Umrechnungskurs von Dollar in Euro wurden aus der anfänglich angenommenen Summe von rund 300 Millionen Euro etwa 350 Millionen Euro. Wie hoch der Verlust genau ist, hänge von der Konkursquote von Lehman ab.
Weitere Konsequenzen?
Unterdessen lässt die KfW auch strafrechtliche Konsequenzen untersuchen. Nach Angaben des Nachrichtenmagazins "Focus" unter Berufung auf Bankenkreise prüft die Frankfurter Anwaltskanzlei Clifford im Auftrag der Bank, ob Vorstände oder KfW-Mitarbeiter mit einer Kündigung oder einer Strafanzeige rechnen müssen. Die Prüfung umfasse "alle Aspekte, die relevant sein können", sagte dazu eine KfW-Sprecherin. Die KfW hatte bereits nach ihrer Verwaltungsratssitzung am Donnerstagabend mitgeteilt, dass eine Kanzlei mit der Prüfung juristischer Schritte beauftragt worden sei.
Teure Krise
Die Bankenkrise könnte die deutschen Steuerzahler nach Ansicht des haushaltspolitischen Sprechers der SPD-Fraktion im Bundestag, Carsten Schneider, rund 1,8 Mrd. Euro kosten. "Hinzu können Steuerausfälle kommen, weil deutsche Banken weniger Gewinne machen", sagte Schneider der "BZ am Sonntag".
Nach der Panne bei der KfW forderte Schneider den Vorfall in der Sitzung des Haushaltsausschusses am kommenden Mittwoch zu thematisieren. Es bedürfe "exakter Auskunft, wer welche Verantwortung trägt, welches Risikomanagement es gab". Dabei sei zu klären, ob die beiden suspendierten Vorstände die einzigen und wirklich Verantwortlichen waren. Außerdem müssten nach diesem Desaster die Strukturen geändert werden, sagte Schneider weiter. "In der KfW kann kein Stein auf dem anderen bleiben."
Quelle: ntv.de