Milliarden für US-Wirtschaft Konjunkturpaket kommt
24.01.2008, 20:13 UhrUS-Präsident George W. Bush und Abgeordnete des amerikanischen Kongresses haben sich angesichts der Rezessionsängste auf ein milliardenschweres Programm zur Ankurbelung der US-Wirtschaft geeinigt. Wie Finanzminister Henry Paulson sowie Spitzenvertreter der Demokraten und Republikaner am Donnerstag in Washington mitteilten, sieht das Kompromisspaket für die meisten Amerikaner Steuerrückzahlungen von bis zu 600 US-Dollar für Ledige und bis zu 1200 US-Dollar für Verheiratete plus 300 US-Dollar für jedes Kind vor. In den Genuss kämen den Angaben zufolge etwa 117 Mio. Familien.
Für Unternehmen sieht der Kompromiss zeitlich begrenzte Investitionsanreize vor. Zusätzlich sollen Reformen bei der Hypothekenvergabe den durch die Kreditkrise bedrängten Hausbesitzern eine Neufinanzierung erleichtern. Das Paket soll nach den Worten der Präsidentin des Abgeordnetenhauses, Nancy Pelosi, möglichst rasch verabschiedet werden, um ein Abgleiten der weltgrößten Volkswirtschaft in die Rezession zu verhindern. Allerdings müssen beide Kongresskammern - Repräsentantenhaus und Senat - noch darüber abstimmen.
Das Programm bringe Geld in die "Taschen der Mittelklasse" und werde die Konjunktur stimulieren, sagte Pelosi. Wenn nicht, werde "mehr kommen". Zugleich erklärte sie, Bushs Programm grundsätzlich zu unterstützen, auch wenn sie dieses nicht völlig zufriedenstelle. Bush will der von der Hypothekenkrise gebeutelten US-Wirtschaft vor allem mit Steuernachlässen für Privatleute und Investitionsanreizen für Unternehmen unter die Arme greifen und so eine Rezession verhindern. Er braucht allerdings die Zustimmung des Kongresses, damit er sein Hilfspaket umsetzen kann. Pelosi ist de facto im Kongress Bushs mächtigste Gegenspielerin. Sie gehört den Demokraten an, die beide Kammern kontrollieren.
"Wir sind sehr zufrieden, dass wir uns auf ein Konjunkturpaket einigen konnten", sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Nancy Perino. Präsident George W. Bush war zuvor mit führenden Kongressmitgliedern zusammengekommen, um das Zustandekommen des Kompromisses zu beschleunigen.
Bush hatte am vergangenen Freitag ein Konjunkturprogramm in Höhe von 140 bis 150 Mrd. US-Dollar mit Rückzahlungen an die Steuerzahler vorgeschlagen. Demokraten hatten aber bemängelt, dass Bürger ausgelassen würden, die zu wenig verdienen, um Einkommensteuern zu bezahlen. Nach dem nun erzielten Kompromiss sollen sie ebenfalls einen Scheck in Höhe von mindestens 300 US-Dollar erhalten. Ledige mit einem Einkommen von bis zu 75.000 Dollar im Jahr können auf bis zu 600 US-Dollar, Ehepaare mit Bezügen von bis zu 150.000 US-Dollar auf 1200 US-Dollar hoffen. Zusätzlich soll es für jedes Kind 300 US-Dollar geben. Details zur Finanzierung des Programms liegen bislang nicht vor.
Bush selbst äußerte sich zufrieden über den Kompromiss. Er sei sowohl in seiner Zielrichtung als auch in der Größenordnung der richtige Schritt, sagte der Präsident vor Journalisten. Er zeigte sich insgesamt zuversichtlich über die weitere Entwicklung. Die Wirtschaft sei widerstandsfähig und strukturell gesund.
Erste Reaktionen an den Märkten
Nach Bekanntgabe der Einigung hat der Ölpreis am Donnerstag deutlich zugelegt. Händler machten dafür das geplante 150-Milliarden-Dollar-Paket verantwortlich. Ein Barrel (159 Liter) leichtes US-Öl kostete 89,34 US-Dollar, das sind 2,36 US-Dollar mehr als am Vortag. Das Barrel Nordsee-Öl der Sorte Brent notierte mit 89,10 US-Dollar um 2,48 US-Dollar fester.
Dank der Hoffnung auf weitere Rettungsaktionen haben die US-Börsen am Donnerstag im Handelsverlauf Kursgewinne verzeichnet. Positive Daten zum amerikanischen Arbeitsmarkt halfen den Händlern, sich den zweiten Tag in Folge wieder für Käufe zu entscheiden. Beachtung fanden besonders Unternehmensergebnisse von Technologie- Unternehmen. Die Stimmung war jedoch von großer Nervosität geprägt.
In den USA haben in der vergangenen Woche überraschend weniger Menschen Arbeitslosenhilfe neu beantragt. Mit dem vierten Rückgang in Folge erreicht die Zahl den niedrigsten Stand seit September. Experten hatten mit einem Anstieg gerechnet. "Die Anträge für Arbeitslosenhilfe waren etwas besser als erwartet", sagte Cleveland Rueckert von Birinyi Associates. "Viele Investoren und Händler sehen diese Zahl als wegweisend für die Gesamtwirtschaft, besonders da es in dieser Woche kaum Konjunkturdaten gibt."
Börsianer stützten sich auch auf die Erwartung, dass die US-Notenbank Fed mit weiteren Zinssenkungen die Wirtschaft stabilisieren und dem angeschlagenen Bankensektor helfen will. Die Währungshüter hatten den Leitzins überraschend am Dienstag gesenkt, Börsianer gehen nun von einem weiteren Zinsschritt in der kommenden Woche aus. Auch die Aussicht auf das Konjunkturprogramm habe den Kursen geholfen.
Quelle: ntv.de