Frisches Öl in Aussicht Krisengipfel in Dschidda
22.06.2008, 15:06 Uhr"Pumpt mehr Öl und die Preise werden sinken!" Mit diesem Appell waren die Vertreter der Industrieländer zum Erdöl-Krisengipfel nach Dschidda gereist. Ihre Worte stießen nicht auf taube Ohren. Zumindest Gastgeberland Saudi-Arabien, das reiche Kuwait und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) haben versprochen, ihre Fördermenge zu steigern, "wenn die Nachfrage wirklich weiter steigen sollte".
Auch Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) setzte sich für eine Erhöhung der Fördermengen ein. Gleichzeitig forderte er mehr Transparenz auf den Ölmärkten.
Keine einheitliche Meinung
Durch diese Politik wächst aber auch der Graben innerhalb der OPEC. Denn einige Mitgliedstaaten der Organisation erdölexportierender Länder sind nicht bereit, diese Strategie mitzutragen. Sie wollen nicht große Summen investieren, um ihre Produktionskapazität zu erhöhen, weil sie auf dem Markt überhaupt keinen Mangel erkennen können. Vor allem Algerien, dessen Energieminister Schakib Chalil amtierender OPEC-Präsident ist, hält die momentanen Preise von mehr als 130 US-Dollar pro Barrel in erster Linie für das Ergebnis von Spekulation. Die OPEC-Staaten förderten jetzt schon mehr als nötig, behauptet er. Auch der Iran und Venezuela, die politisch ohnehin mit Washington im Clinch liegen, sperren sich bislang gegen die von den USA und Großbritannien eingeforderte Erhöhung der Fördermenge.
Everybody's Darling
Saudi-Arabiens König Abdullah, der in der Nahost-Region hohes Ansehen genießt, hat sich bei dem von ihm einberufenen Krisengipfel an diesem Wochenende bemüht, es allen Seiten recht zu machen. Den Öl-Abnehmerstaaten tat er einen Gefallen, indem er die bereits erwartete Erhöhung der saudischen Förderung auf 9,7 Millionen Barrel pro Tag für Juli offiziell ankündigte und weitere Steigerungen in Aussicht stellte. Die Kritiker der Politik der Produktionssteigerung versuchte er zu besänftigen, als er auf die Spekulanten schimpfte, die das Ölgeschäft mit "Egoismus" und ohne ein Gefühl der Verantwortung für die Weltwirtschaft betrieben. Den Entwicklungsländern, denen es besonders schwer fällt, die hohen Energiepreise zu bezahlen, versprach er finanzielle Hilfe und Kredite.
Häme für die Länder der Euro-Zone
Was die hohen Benzinpreise in Europa betrifft, so geht von der Konferenz in Dschidda jedoch kein Signal der Entwarnung aus. Denn in den Öl-Monarchien am Golf fehlt, wie König Abdullah deutlich machte, jedes Verständnis für die "hohen Mineralölsteuern" in Deutschland und anderen europäischen Staaten. Und mit Entwicklungshilfe aus den Golfstaaten haben die Länder der Euro-Zone natürlich auch nicht zu rechnen.
Öl-Milliarden für Atom- und Windkraft
Der britische Premierminister Gordon Brown sagte in Dschidda, angesichts der hohen Energiepreise und wegen der steigenden Nachfrage seien mehr Investitionen in Atomkraft und erneuerbare Energien notwendig. Bis zum Jahr 2050 müssten weltweit 1000 neue Atomkraftwerke und 700.000 weitere große Windturbinen gebaut werden, erklärte er. Außerdem müsse sechs Mal mehr Energie aus Sonnen- und Wasserkraft sowie Biomasse gewonnen werden als bisher. Er forderte die ölproduzierenden Länder auf, einen Teil ihrer durch die steigenden Preise erzielten Milliardenprofite dafür zu investieren.
Quelle: ntv.de