Meldungen

Machtkampf bei Tui Krumnow darf bleiben

Nach einer brisanten Tui-Hauptversammlung ist die Gruppe um den größten Aktionär John Fredriksen am Mittwochabend mit ihrem Bemühen um Abwahl von Aufsichtsratschef Jürgen Krumnow gescheitert. In einer bis zuletzt spannenden Abstimmung setzten sich die Unterstützer Krumnows mit einer knappen Mehrheit durch. Allerdings stimmten 42,76 Prozent der anwesenden Stimmrechte für die Ablösung.

Die Tui-Spitze und das Lager um den zweitgrößten Tui-Investor, den russischen Stahlmagnaten Alexej Mordaschow, hatten sich schon vor dem Aktionärstreffen hinter Krumnow gestellt. Auch der Antrag eines Aktionärs, der Tui-Chef Michael Frenzel das Vertrauen entziehen lassen wollte, scheiterte. 71,6 Prozent waren dagegen. 69,2 Prozent stimmten für die Entlastung des Vorstandschefs. Bei Krumnow waren es 68,8 Prozent. Beides ist verhältnismäßig wenig.

Der Vertraute des norwegischen Reeders und Tui-Großaktionärs John Fredriksen, Tor Olav Troim, kündigte weiteren Druck auf Tui-Aufsichtsratschef Jürgen Krumnow an. "Wir kommen wieder", sagte Troim am späten Mittwochabend in Hannover. Sie wollten sich bemühen, weitere Aktien zu kaufen, um damit die Unterstützung für die Tui-Spitze zu schwächen. Bei dem schwachen Ergebnis müsste Krumnow eigentlich zurücktreten, meinte Troim.

Turbulente Veranstaltung

Rebellische Aktionäre, scharfe Vorwürfe und eine teils aufgeheizte Personaldebatte haben die Tui-Hauptversammlung am Mittwoch in Hannover geprägt. Auch acht Stunden nach Beginn war der Ausgang immer noch offen. Das galt vor allem für den Antrag des streitbaren norwegischen Großinvestors John Fredriksen, der den Aufsichtsratschef des Reise- und Schifffahrtskonzerns Jürgen Krumnow abwählen lassen wollte. "Noch nie war eine Hauptversammlung der Tui AG so sehr im öffentlichen Blickpunkt wie diese", sagte Tui-Chef Michael Frenzel und bedauerte dies. Der große Showdown blieb jedoch zunächst aus.

In den Redebeiträgen wurden die beiden Lager unter den Aktionären deutlich. Es ging um den geplanten Verkauf der Reedereitochter Hapag-Lloyd, die Verwendung der Verkaufserlöse und die künftige Entwicklung des Konzerns. Kritiker warfen Frenzel abermals vor, er habe Werte vernichtet und fahre einen Schlingerkurs. "Da kommt kein Aktionär mehr mit", sagte ein Kleinanleger.

Frenzel will nach dem Beschluss des Aufsichtsrates zur Trennung von Hapag-Lloyd die Tochter zügig verkaufen und im Reisegeschäft expandieren. Dies wird den Aktionären aus dem touristischen Umfeld begrüßt. Dazu gehört auch der zweitgrößte Aktionär Alexej Mordaschow, der mit der Tui gemeinsam den russischen Reisemarkt erobern will. Dessen Partner Wladimir Jakuschew sitzt seit kurzem auch im Aufsichtsrat. Die Gegner kritisierten, zu der Personalie hätten die Aktionäre befragt werden sollen.

Milliarden für Hapag-Lloyd?

F ür die zum Verkauf stehende Schifffahrtstochter Hapag-Lloyd gibt es nach Angaben von TUI-Chef Michael Frenzel Interesse mehrerer strategischer Investoren. "Wir werden auf sie zugehen", sagte Frenzel. "Es wäre unprofessionell, einen Verkaufswert zu nennen." Experten schätzen den möglichen Erlös auf fünf Milliarden Euro.

Die Erholung der Frachtraten und höhere Gewinne der Container-Reeder machten Hapag-Lloyd attraktiv, sagte Frenzel. "Aber für einen Verkauf gibt es eigentlich nie einen richtigen Zeitpunkt."

Keine Heuschrecken

Fredriksen, der aus gesundheitlichen Gründen nicht nach Hannover gekommen war, griff durch seinen Vertrauten Tor Olav Troim die Tui-Spitze massiv an und warf ihr schlechte Unternehmensführung und Vetternwirtschaft bei der Besetzung im Aufsichtsrat vor. Troim zog vor den über 2000 Aktionären und Gästen zwar die Forderung nach zwei Sitzen in dem Kontrollgremium zurück - ein Mandat würde reichen. Dies war ihm bereits angeboten worden. Das Wichtigste für die Gruppe um Fredriksen bleibe aber die Ablösung von Aufsichtsratschef Krumnow.

"Wir sind keine Heuschrecken und Unruhestifter ", sagte Troim. "Wir wollen Werte für die Aktionäre schaffen und wir wollen Arbeitsplätze erhalten." Krumnow habe jahrelang eine schlechte Leistungsbilanz des Unternehmens toleriert. Deshalb müsse er gehen, sagte Troim. An seiner Stelle solle ein anderer deutscher Unternehmensführer das Kontrollgremium leiten.

Personaldebatte unnötig

Frenzel sagte, der Aufsichtsrat sei stets ein kritischer Sparringspartner gewesen. Er kritisierte wie auch Krumnow die Personaldebatte, die nicht im Interesse des Unternehmens sei und unnötig Kräfte binde. Der Tui-Chef versicherte den Aktionären, dass er den geplanten Hapag-Lloyd-Verkauf zügig voranbringen werde. Und: "Wir werden unsere Aktionäre angemessen am Erlös beteiligen." Der Vorstand sei überzeugt, dass die Trennung mit optimalem Ergebnis umgesetzt werden könne und am Ende des Prozesses eine gestärkte Tui AG stehe, betonte Frenzel. Der Vorstand sehe sich in der Pflicht, den tatsächlichen Marktwert der Containerschifffahrt zu realisieren und dabei die Interessen aller zu wahren.

Troim wandte sich gegen einen schnellen Verkauf. Angesichts des schwachen Finanzmarktes sei für Hapag-Lloyd kein fairer Preis zu erzielen. Fredriksen setze sich deshalb dafür ein, die Sparte vom Tui-Konzern abzulösen, weiterzuentwickeln und an die Börse zu bringen. Bei einem Verkauf müsse zudem die Hauptversammlung entscheiden. Fredriksen hält knapp zwölf Prozent und kann damit einen außerordentliche Sitzung erreichen, wofür fünf Prozent benötigt werden.

Verwirrte Belegschaft

Für die Belegschaftsaktionäre sah sich Christian Großmann an den "Tanz ums goldene Kalb" erinnert. Die Beschäftigten würden "verängstigt, verunsichert und zunehmend demotiviert durch dieses Spektakel", sagte er. Rund 100 Demonstranten forderten vor dem Gebäude der Hauptversammlung, Hapag-Lloyd nicht an einen ausländischen Investor zu verkaufen. Die Arbeitnehmer fürchten um die Jobs.

Der anhaltende Machtkampf lockte ungewöhnlich viele Aktionäre nach Hannover. Die Präsenz lag bei 71,49 Prozent der Stimmrechte. 2007 waren es noch rund 47 Prozent gewesen, in den Jahren zuvor jeweils rund um 40 Prozent. Die hohe Präsenz machte die Abstimmung zu den kritischen Anträgen, vor allem zur Abwahl von Krumnow besonders spannend. Es wäre in einem Dax-Konzern ein bisher einmaliger Vorgang.

Umsatzplus bei Touristik

Wie Tui vor der Hauptversammlung mitteilte, hat der Konzern dank des Zusammenschlusses mit der britischen First Choice den Umsatz im ersten Quartal um knapp ein Viertel gesteigert. Vorläufigen Zahlen zufolge wurden 5,1 Mrd. Euro umgesetzt. Der saisonal bedingte Verlust schrumpfte. Das bereinigte Betriebsergebnis (Ebita) betrug minus 196 Mio. Euro. Im Vorjahresquartal hatte der Verlust noch 248 Mio. Euro betragen.

Der Umsatz der Touristiksparte legte dank First Choice um rund 38 Prozent auf rund 3,6 Mrd. Euro zu. Der bereinigte Betriebsverlust lag mit 227 Mio. minimal unter dem Vorjahreswert von 230 Mio. Euro.

Schifffahrt dümpelt ins Plus

Die Schifffahrtsparte Hapag-Lloyd, die abgespalten werden soll, erreichte immerhin die Gewinnzone: Bei einem um 2,4 Prozent leicht gewachsenen Umsatz auf rund 1,5 Mrd. Euro machte die Sparte im ersten Quartal einen bereinigte Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen von 24 Mio. Euro. Im Vorjahresquartal hatte noch ein Verlust von 33 Mio. Euro den Sektor belastet. Tui-Chef Michael Frenzel erklärte, die Trennung von der Sparte laufe planmäßig. Endgültige Quartalszahlen will Tui am 15. Mai veröffentlichen.

"Die Schifffahrt konnte das operative Ergebnis trotz spürbarer Belastungen durch das gestiegene Energiepreisniveau sowie den schwächeren Dollar-Wechselkurs deutlich steigern", kommentierte Frenzel die Zahlen. Allerdings seien die Auswirkungen der Finanzmarktkrise auf den Routen nach Nordamerika spürbar.

"Insgesamt kann für 2008 sowohl durch die erwartete Steigerung des Ergebnisses in der Touristik sowie durch die weitere Erholung der Schifffahrt von einer Verbesserung der Ertragskraft des Konzerns ausgegangen werden", bekräftigte Frenzel weiter. "Wir halten es nicht für unrealistisch, dass wir über all unsere Produkte und Märkte in den nächsten zehn Jahren unser Geschäftsvolumen weltweit mehr als verdoppeln können," lautete der optimistische Ausblick des Tui-Chefs.

Tui dementiert Spitzelvorwürfe

Im Laufe des Tages hat der Tui-Konzern den Vorwurf aus dem Lager von Großaktionär John Fredriksen zurückgewiesen, dass Detektive beauftragt worden seien, um Aktionäre auszuspionieren. Fredriksens Vertrauter Tor Olav Troim hatte zu Beginn der Hauptversammlung gesagt, das Tui-Management habe Geld und Zeit verschwendet, um gegen die norwegischen Investoren zu kämpfen. Dazu seien sogar Detektive eingesetzt worden.

Der Konzern erklärte dazu: "Dies ist nicht der Fall. Der Vorwurf entbehrt jeglicher Grundlage."

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen