Sorge um Scharon Kursrutsch an Israels Börsen
05.01.2006, 15:24 UhrDie israelischen Börsen haben am Donnerstag mit starken Kursrückgängen auf die Nachrichten über den Besorgnis erregenden Gesundheitszustand des Ministerpräsidenten Ariel Scharon reagiert. Auch die Landeswährung Schekel verlor deutlich gegenüber dem Dollar.
Am Morgen brach der wichtigste israelische Aktienindex an der Börse in Tel Aviv, der Tel Aviv 25 um rund acht Prozent ein; so viel wie seit gut einem Jahrzehnt nicht mehr. Erst am Mittwoch hatte das Börsenbarometer ein Rekordhoch von 856,4 Punkten markiert. Die Landeswährung schwächte sich auf 4,6422 Schekel je Dollar von 4,5770 ab.
"Der Markt ist der Meinung, dass nun Scharons politische Karriere beendet ist", sagte ein Börsenhändler. Es herrsche Unsicherheit über die Zukunft. Es sei schon generell besorgniserregend, wenn der Ministerpräsident einen Schlaganfall erleide. In politischen Umbruchzeiten sei es jedoch ein Desaster.
Im März stehen in Israel vorgezogene Wahlen an, zu denen Scharon mit seiner neuen Partei Kadima antreten will. Umfragen zufolge galt Scharon als Favorit. Nach seinem schweren Schlaganfall gilt es jedoch als ausgeschlossen, dass er in sein politisches Amt zurückkehren kann. Bis zur Wahl Ende März könnten es sich viele Wähler noch anders überlegen, erläutern Marktteilnehmer. Vizepremier Ehud Olmert, der die Amtsgeschäfte übernommen hat, gilt als weniger starker Politiker, als Scharon. Die neue Situation könnte dem Likud und damit Benjamin Netanjahu neue Stimmen bringen, heißt es. Das wäre für die israelische Wirtschaft aber keine gute Nachricht. Netanjahu gilt im Palästinenserkonflikt als Hardliner.
Scharon hatte zuletzt für eine relative Ruhe in der Palästinenserfrage gesorgt und das kam auch der israelischen Konjunktur zugute. Im letzten Jahr wuchs die Wirtschaft um etwa fünf Prozent, die Inflationsrate pendelte sich zwischen zwei und drei Prozent ein. Der israelische Aktienmarkt kletterte 2005 um 25 Prozent nach oben. Besonders international ausgerichtete Investoren hatten die Ruheperiode genutzt und in Israel investiert. Das Land gilt als Emerging Market, obwohl in einigen Wirtschaftszweigen, wie zum Beispiel der Pharmabranche, durchaus auch Weltmarktführer zu finden sind.
Der weitere Verlauf der israelischen Börsen hänge nun vom Gesundheitszustand Scharons ab, glauben Börsianer. Sollte er sich noch mal erholen können, würden die Aktienindizes nach oben drehen.
Scharon ringt in einem Jerusalemer Krankenhaus um sein Leben. Nach mehrstündigen Operationen konnten zwar die Ärzte die Hirnblutungen des 77-Jährigen am Donnerstagmorgen stoppen. Sein Zustand sei aber immer noch kritisch, teilte das Hadassah-Krankenhaus mit. Der Zustand Scharons könnte auch die Friedensbemühungen in Nahost belasten. US-Präsident Bush baut bei seinen Plänen für eine Befriedung der Region vor allem auf Scharon.
Quelle: ntv.de