Wut auf Skandal-Broker Madoff droht U-Haft
06.01.2009, 13:18 UhrIm größten Betrugsfall der Finanzgeschichte droht dem unter Hausarrest stehenden Broker Bernard Madoff die Untersuchungshaft. Der 70-Jährige soll laut Staatsanwaltschaft die Kautionsauflagen gebrochen und versucht haben, Juwelen und anderen Besitz beiseite zu schaffen, indem er sie an Freunde und Verwandte schickte. Eines der versandten Objekte sei mehr als eine Million Dollar wert gewesen, erklärte Staatsanwalt Marc Litt vor Gericht. Damit habe der 70-jährige gegen die Kautionsauflagen verstoßen. Litt forderte deshalb Untersuchungshaft für Madoff.
Der Richter schob eine Entscheidung auf und bat Staatsanwaltschaft und Verteidigung um weitere Informationen bis Donnerstag.
Madoffs mutmaßlicher Verstoß gegen Kautionsauflagen sorgte in der Öffentlichkeit für eine neue Welle der Empörung. Zuvor hatten beispielsweise Politiker für den einst hoch angesehenen Geschäftsmann Untersuchungshaft gefordert. Bislang steht er gegen eine Millionen-Kaution in seinem New Yorker Luxus-Appartement unter Hausarrest. Madoffs Verteidiger behauptete, der Beschuldigte habe nicht gegen die Auflagen verstoßen wollen und bemühe sich derzeit, die Wertsachen zurückzuholen.
Deutsche Anleger könnten unterdessen in das 50 Milliarden Dollar schwere Schneeball-System weit stärker verwickelt sein als bisher bekannt. Es gehe mindestens um einen dreistelligen Millionenbetrag, berichtete die "Financial Times Deutschland" am Dienstag. Dies habe eine Münchner Fonds-Vertriebsgesellschaft bestätigt, über die ein wesentlicher Teil der Madoff-Investments aus Deutschland gelaufen sei.
Knapp vier Wochen nach Madoffs erstem Geständnis hat in Washington auch die politische Aufarbeitung des Skandals begonnen. Die US-Börsenaufsicht SEC steht massiv in der Kritik, weil sie Madoff trotz zahlreicher Hinweise und Prüfungen in den vergangenen Jahrzehnten nicht auf die Schliche kam. SEC-Chefprüfer David Kotz kündigte bei einer Anhörung im Finanzausschuss des US-Abgeordnetenhauses an, die Arbeit der Behörde "schonungslos" zu untersuchen. Die bisherigen Ermittlungen würden ausgeweitet und sollen auch die Kontakte zwischen Mitarbeitern und der Madoff-Familie unter die Lupe nehmen. Sie könnten das Verhalten der Kontrolleure beeinflusst haben, argwöhnt Kotz. Politiker sprachen von einem schweren Vertrauensverlust in die Aufsicht.
Madoff hatte seinen Opfern jahrzehntelang beständig hohe Gewinne versprochen, die er in Wirklichkeit gar nicht erzielt haben soll. An die Investoren schüttete er stattdessen Geld aus, das er von immer neuen Anlegern bekam - ein sogenanntes Schneeball-System. Zu den potenziellen Opfern zählen namhafte Banken und Fonds, aber auch Universitäten und Wohltätigkeitsorganisationen. Analysten glauben, dass Madoff einen der größten Betrugsfälle der Wall Street ausgelöst hat. Der Angeklagte steht in seiner Manhattaner Wohnung unter Hausarrest. Sein Vermögen ist eingefroren. Bei einer Verurteilung drohen Madoff bis zu 20 Jahre Gefängnis.
Quelle: ntv.de