Unruhen in der Türkei Märkte brechen weiter ein
01.05.2007, 17:30 UhrDie politische Krise in der Türkei hat dem Aktienmarkt des Landes am Wochenanfang die stärksten Kursverluste seit knapp einem Jahr eingebrockt. Der Leitindex an der Börse in Istanbul schloss am Dienstag mehr als drei Prozent tiefer, nachdem er schon am Montag angesichts des Streits um die Präsidentenwahl und der Furcht vor dem Eingreifen des Militärs um vier Prozent eingebrochen war -zwischenzeitlich hatte sogar ein Minus von acht Prozent auf der Kurstafel gestanden.
Weder der Aufruf zu Einheit und Ruhe von Ministerpräsident Tayyip Erdogan noch die beruhigenden Worte des Wirtschaftsministers Ali Babacan konnten den Börsianern Vertrauen einflößen. Die Citigroup äußerte sich am Dienstag drastisch pessimistischer zum türkischen Aktienmarkt und nahm ihre Empfehlung auf "untergewichten" von "übergewichten" zurück. Es drohe möglicherweise eine lange Phase politischer Unsicherheit, erklärten die Volkswirte der Bank. Die Proteste in Istanbul zum 1. Mai trugen am Dienstag zusätzlich zur Unsicherheit bei, sagten Börsianer.
Der Aktien-Leitindex ISE National gab am Dienstag knapp 1500 Punkte nach und schloss 3,2 Prozent im Minus bei 43.529 Zählern. Die Landeswährung Lira verlor zum Dollar zeitweise zwei rund zwei Prozent, stabilisierte sich aber im späten Handel etwas auf 1,36 Lira je Dollar. Zum Euro fiel die türkische Währung auf 1,86 Lira je Euro.
Am Sonntag hatten in der Türkei rund eine Million Menschen demonstriert. Sie werfen der Regierungspartei AKP um Erdogan vor, den EU-Beitrittskandidaten islamisieren zu wollen, und fordern einen Rückzug des Regierungskandidaten für das höchste Staatsamt, Abdullah Gül. Eine Warnung der Armeeführung, sie stehe zur Verteidigung der laizistischen Verfassung bereit, hatte Sorgen vor einem militärischen Eingreifen geschürt.
Wirtschaftsminister Babacan versuchte am Dienstag erneut, Sorgen der Finanzmärkte vor einem Abrutschen der Türkei in eine Wirtschaftskrise zu zerstreuen. Vize-Ministerpräsident Abdullatif Sener hatte schon am Montag gesagt, die Zentralbank verfüge über genug Währungsreserven. Er sehe keine Wechselkursrisiken. Wichtigstes Anliegen der Regierung sei es, die Stabilität der türkischen Volkswirtschaft sicherzustellen.
Erdogan hatte sich am Montagabend an seine Landsleute gewandt. "Einheit, Zusammenhalt, Solidarität -diese Dinge brauchen wir am meisten", hatte er erklärt. "Viele Probleme können wir lösen, solange wir uns gegenseitig mit Liebe behandeln." In Anspielung auf das starke Wirtschaftswachstum unter seiner Führung erklärte er, die Türkei entwickle sich sehr schnell. "Wir müssen diese Atmosphäre der Stabilität und Ruhe beschützen."
Quelle: ntv.de