Viele gute Vorsätze Milchmenge wird begrenzt
29.07.2008, 20:33 UhrBundesagrarminister Horst Seehofer (CSU) will gemeinsam mit der gesamten Milchbranche die Weichen für höhere Preise für die Milchbauern stellen. Das Ziel sei, die Milchwirtschaft in Deutschland auch künftig zu erhalten und kostendeckende und faire Milchpreise zu gewährleisten, sagte Seehofer nach dem Milchgipfel in Berlin. Rund 50 Vertreter des Deutschen Bauernverbands, des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter, der Molkereien, des Handels sowie der Länder waren sich darin einig, Möglichkeiten zur Senkung der Milchmenge zu prüfen. Der Einzelhandel bekannte sich zur deutschen Landwirtschaft, lehnte aber Preiszusagen ab. Ein neuer Milchlieferstreik ist damit vorerst abgewendet.
Die Milchbauern, die seit Monaten höhere Preise fordern, zeigten sich zuversichtlich. "Wir sehen den Gipfel als ganz, ganz wichtigen Teilerfolg", sagte Verbandschef Romuald Schaber. "Ich denke, dass heute ein erster wichtiger Schritt gelungen ist auf dem Weg zu kostendeckenden Preisen, sicher noch nicht der letzte Schritt." Bauernpräsident Gerd Sonnleitner forderte eine schnelle Umsetzung. "Wir wollen auch Taten", sagte er. Dies müsse möglichst schnell in höheren Auszahlungspreisen der Molkereien sichtbar werden. Sonnleitner forderte die Branche zu einer Aufbruchstimmung auf.
Seehofer für EU-Milchfonds
Der Bundesrat will im Herbst auf Antrag Bayerns ein Verbot überhöhter Milchlieferungen der deutschen Molkereien prüfen. Mit der EU soll über ein Verbot der Verrechnung auf europäischer Ebene gesprochen werden. Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland rund 370.000 Tonnen Milch zuviel produziert, was rund 100 Millionen Euro Strafabgabe kostete. Die Produktion ist EU-weit durch Milchquoten beschränkt, die 2015 auslaufen sollen. Seehofer will die Milchmenge zudem senken, indem die Umrechnung von Liter in Kilogramm bei der Milchlieferung geändert wird. Dies kann nach Ansicht der Milchviehhalter ein Prozent der Milchmenge senken und die Preise erhöhen. Eine Umlage zugunsten der Milchbauern soll geprüft werden. Seehofer griff damit Forderungen des Bauernverbands sowie der Milchviehhalter auf, die sich teils uneins sind.
Seehofer forderte erneut einen EU-Milchfonds von 300 Millionen Euro pro Jahr für Bauern in benachteiligten Regionen, um die Folgen des Wegfalls der Milchquote zu mildern. Er zeigte sich optimistisch, dies im November bei den Verhandlungen über die Überprüfung der EU-Agrarreform anzusprechen. Der Fonds etwa zur Investitionsförderung soll aus nicht ausgeschöpften EU-Agrarmitteln finanziert werden. Die Forderung muss allerdings noch mit der EU-Kommission besprochen werden.
Zusammenschluss der Molkereien als Gegenpol zum Handel
Der Einzelhandel bekannte sich zu heimischen Produkten, lehnte aber konkrete Preiszusagen ab. Es gebe ein hohes Interesse an fairen Markt- und Preisverhandlungen, sagte der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbands des Deutschen Einzelhandels, Stefan Genth. Er warnte aber davor, dass überhöhte Preise die Verbraucher überforderten. Seehofer sprach dennoch von einem Durchbruch. Der Lebensmittel-Einzelhandel "tritt für die Sicherung einer leistungsstarken deutschen Ernährungsindustrie ein", heißt es in einem Papier Seehofers. Die rund 100 Molkereien in Deutschland sollen sich stärker zusammenschließen, um mehr Macht gegenüber den Handelskonzernen zu haben. Hierzu sind bis zu drei "Leuchtturmprojekte" geplant, um mit europäischen Großkonzernen auf Augenhöhe zu sein.
Rund 100 Bauern demonstrierten vor dem Spitzengespräch für höhere Preise. Der Bundesverband der Milchviehhalter hatte vor rund zwei Monaten mit einem zehntägigen Milch-Lieferstopp höhere Verbraucherpreise im Handel für Trinkmilch und später auch Butter durchgesetzt. Die Milchbauern bekamen im Juni allerdings nur 0,3 Cent mehr pro Liter von den Molkereien. Nur rund 40 Prozent der in Deutschland produzierten Menge geht an den hiesigen Einzelhandel.
Quelle: ntv.de