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US-Banken im Strudel Morgan Stanley rutscht ab

Im Strudel der Finanzkrise werden immer größere Banken in die Tiefe gezogen. Gegen die Flut von Pleiten und Zusammenbrüchen versuchen die Notenbanken, finanzielle Schutzwälle aufzurichten. In Großbritannien flüchtete sich der größte Baufinanzierer HBOS am Donnerstag in die Arme der Großbank Lloyds TSB. Sie will die Halifax Bank of Scotland (HBOS) für 12,2 Mrd. Pfund (15,47 Mrd Euro) übernehmen. In den USA lösten Gerüchte um die in Bedrängnis geratene zweitgrößte US- Investmentbank Morgan Stanley neue Ängste aus. Die Aktie lag zeitweise 40 Prozent im Minus.

"Alles ist hypernervös", kommentierten Händler in New York widersprüchliche Berichte über die Situation von Morgan Stanley. Einerseits hieß es, es gebe bereits Gespräche mit der US-Geschäftsbank Wachovia und auch mit asiatischen Investoren, andererseits hielten sich Gerüchte, die Bank versuche, ihre Unabhängigkeit zu erhalten.

Morgan Stanley droht im Sog der Finanzkrise mitgerissen zu werden. Die Bank hatte an der Börse zuletzt immer stärkere Kursverluste erlitten, obwohl sie einen Gewinn für das Ende August abgelaufene dritte Geschäftsquartal von 1,4 Mrd. Dollar ausgewiesen hatte. Zur Wochenmitte war die Aktie erneut um 24 Prozent auf 21,75 Dollar abgestürzt. Ähnliche Verluste hatten in den vergangenen Tagen bereits mehrere andere Finanzhäuser in die Pleite oder zum Verkauf gezwungen. So sind wegen der Kreditkrise von einst fünf unabhängigen US-Investmentbanken nur noch Morgan Stanley und Goldman Sachs übrig.

Washington Mutual verhandelt

Auch bei der größten US-Sparkasse Washington Mutual liefen bereits Verkaufsgespräche, berichtete die "New York Times". Zu den möglichen Käufern zählten die britische Bank HSBC sowie die US-Häuser J.P. Morgan Chase und Wells Fargo. Auch der US-Finanzkonzern Citigroup habe erstes Interesse an Washington Mutual (WaMu) angemeldet, berichtete das "Wall Street Journal". WaMu musste bereits das Geschäft mit Hauskrediten drastisch kürzen und steht wegen Milliardenverlusten unter verschärfter Finanzaufsicht.

Die Börsen, die sich im Verlauf des Tages wieder leicht beruhigten, verloren wieder anfängliche Gewinne. Verunsicherte Anleger flüchteten in vermeintlich "sichere Häfen" wie Gold: Die Feinunze wurde binnen eines Tages vorübergehend um mehr als 100 Dollar teurer, zuletzt kostete sie 877,30 Dollar. "Das Vertrauen, Geld in Aktien und Fonds anzulegen, ist auf lange Zeit erschüttert. Die Angst dominiert", hieß es von Anlegerschützern und Kapitalmarktexperten.

London bangt um 40.000 Jobs

In Großbritannien entsteht mit Lloyds und HBOS ein neuer Bankenriese mit einem Marktwert von fast 38 Mrd. Euro. Beide Banken haben zusammen mehr als 3000 Filialen und 38 Mio. Kunden. Seit dem Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers hatten HBOS-Aktien rund 70 Prozent ihres Werts verloren. Der Baufinanzierer litt nicht nur unter dem dramatischen Preisverfall am Immobilienmarkt Großbritanniens, sondern auch unter dem Hypothekendesaster am US- Häusermarkt.

Wettbewerbshüter schoben ihre Bedenken wegen zu großer Marktmacht beiseite. Die neue Gruppe hält 30 Prozent am britischen Hypothekenmarkt. "Wir haben uns entschieden, die Wettbewerbsregeln im Fall dieser beiden Banken zu erlassen", sagte Finanzminister Alistair Darling. Wirtschaftsminister John Hutton bestätigte in London, dass sich die Regierung für die Fusion einsetzt, um die "Stabilität des britischen Finanzsystems" zu gewährleisten. Medienberichten zufolge könnten nun 40.000 Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen. Die beiden Banken haben zusammen gut 145.000 Beschäftigte.

Anleger verunsichert

Die Vertrauenskrise bei den Anlegern dauert an. "Wenn kein Vertrauen mehr da ist, dann haben die Leute auch keine Lust mehr, in Aktien und Fonds zu investieren, und das wird leider noch lange nachwirken", sagte Marco Cabras von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW).

Unterdessen beriet der Verwaltungsrat der KfW-Bankengruppe über die Folgen der Finanzkrise für die staatliche Bank nach dem Bekanntwerden der millionenschweren Überweisungspanne an die zusammengebrochene Investment Lehman Brothers. Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) forderte Konsequenzen im Management der Staatsbank. Die Überweisung von 300 Mio. Euro noch am Tag der Lehman-Pleite sei ein ungeheuerlicher Vorgang. "Ich jedenfalls habe so etwas in meinem Leben noch nicht erlebt", sagte Steinbrück am Rande der Sitzung des KfW-Verwaltungsrats in Berlin.

Folgen in Deutschland

Möglicherweise könnte die Lehman-Pleite die KfW härter treffen als zunächst erwartet. Von über 500 Mio. Euro ist die Rede. Der Verwaltungsrat wollte zudem nach dem Debakel um die Mittelstandsbank IKB den Verkauf der KfW-Tochter an den US-Finanzinvestor Lone Star absegnen.

Der amerikanische Versicherungsriese AIG steht nach der Rettungsaktion durch die US-Notenbank vor einem Ausverkauf umfangreicher Konzernteile. Zu den möglichen Käufern zählen besonders die deutschen Branchengiganten Allianz und Münchener Rück.

Mega-Darlehen für AIG

Die neu eingesetzte AIG-Führung prüfe bereits eine Zerschlagung von AIG, berichtete etwa die "New York Times". Die Notenbank Fed hatte am Mittwoch der in einer dramatischen Kreditklemme steckenden AIG (American International Group) in letzter Minute ein Mega-Darlehen von 85 Mrd. Dollar gewährt (60 Mrd. Euro).

Quelle: ntv.de

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