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Vorräte geschrumpft Nervenkrieg ums Gas

Im Gasstreit mit der Ukraine hat Russlands Ministerpräsident Wladimir Putin der Führung in Kiew "Tatenlosigkeit" und "fast schon verbrecherische Dummheit" vorgeworfen. Putin forderte das Nachbarland auf, den seit einer Woche blockierten Transit von russischem Gas durch die Ukraine nach Westeuropa endlich zu ermöglichen. Die Ukraine missbrauche ihre Position als Transitland. Der ehemalige Kremlchef lehnte erneut eine kostenlose Bereitstellung von "technischem Gas" ab, das zum Transit erforderlich ist. Dies sei die Pflicht der Ukraine.

Ein Sprecher sagte, dass Putin mit seinem italienischen Amtskollegen Silvio Berlusconi über einen Ausweg aus der Krise gesprochen habe. Moskau schlägt die Bildung eines internationalen Konsortiums vor, das "technisches Gas" von Russland kauft. Dieses Gas mit einer Tagesmenge von 21 Millionen Kubikmetern ist nötig, um die ukrainischen Pipelines zu betreiben.

Russland erwarte sich durch das Konsortium mehr Rechtssicherheit, weil das Gas dann von einem internationalen Eigentümer an die Ukraine verkauft werde, sagte der Sprecher. Bei einem Treffen mit Putin in Moskau sagte der Vorstandschef des italienischen Energieversorgers ENI, Paolo Scaroni, dass sein Unternehmen die Idee eines Konsortiums unterstütze. Der Vorschlag sei "sehr konstruktiv" und eine "technisch-kommerzielle Lösung".

EU soll vorerst zahlen

Im Gasstreit mit Russland erwägt die Ukraine offenbar, die EU vorübergehend zur Kasse zu bitten. Es könnte eine Lösung sein, dass diese zeitweilig die Zahlung des "technischen Gases" übernehme, sagte Vize-Premier Hryhoriy Nemyria der Tageszeitung "Die Welt". "So könnten die Gaslieferungen wieder eingesetzt werden, bis wir uns mit Russland über den Gaspreis geeinigt haben." Pro Tag müssten dafür rund 21 Mio. Kubikmeter fließen.

Das "technische Gas" wird den Angaben zufolge benötigt, um die Verdichterstationen entlang der Transitstrecke zu betreiben und ist damit eine Voraussetzung für die Wiederaufnahme des Gastransports. Bis Ende 2008 zahlte die Ukraine laut Zeitung 179,50 US-Dollar pro 1000 Kubikmeter. Gazprom wolle den Preis aber auf 450 Dollar anheben.

Timoschenko nach Moskau

Nemyria bestätigte der Zeitung, dass Premierministerin Julia Timoschenko am Samstag zu Gesprächen mit Putin nach Moskau reisen wird. Dort werde sie Garantien für den Gastransit durch die Ukraine nach Europa geben, falls der russische Konzern Gazprom im Gegenzug die Volumina um acht Prozent für "technisches Gas" erhöhe. Zudem wolle Kiew dieses erst zahlen, wenn der gesamte Preis für das Gas vereinbar sei.

Timoschenko sagte nach Angaben aus Kiew in einem Telefonat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Ukraine bestehe auf Abschluss eines "technischen Abkommens" mit Russland, um die Durchleitung wieder aufzunehmen. Darin sollen auch die Einzelheiten des Gastransits festgelegt werden. Der ukrainische Präsident Viktor Juschtschenko forderte seine innenpolitische Rivalin Timoschenko in einem Brief auf, die Voraussetzungen für den Transit zu schaffen. Unklar war jedoch, welche konkreten Konsequenzen das Schreiben auf den Gaskonflikt hat.

Deutsche Speicher bald halbleer

Unterdessen droht der Füllstand der deutschen Gasspeicher ohne eine Wiederaufnahme der russischen Lieferungen bereits kommende Woche unter 50 Prozent zu sinken. Das geht aus Zahlen der Gasspeicher-Organisation Gas Storage Europe (GSE) in Brüssel hervor. Demnach waren die 46 Gasspeicher in Deutschland zu Wochenbeginn nur zu 59 Prozent gefüllt. In der Vorwoche waren es noch 69 Prozent gewesen.

Der kalte Winter und der Stopp der Lieferungen über die Ukraine haben die deutschen Gasvorräte ungewöhnlich schnell schrumpfen lassen. Üblicherweise sollen die Speicher Lieferschwankungen bei besonders hohem Gasverbrauch im Winter ausgleichen. Inzwischen sind die Gasspeicher allerdings bereits so geleert wie üblicherweise gegen Ende der Heizperiode.

"Der Ausfall von russischem Gas hat natürlich Auswirkungen gezeigt", sagte ein GSE-Sprecher der "Financial Times Deutschland". Der Organisation gehören 60 Gasimporteure aus insgesamt 27 Ländern an, darunter Eon, RWE, Wingas, VNG und Shell. Experten zufolge werden die Versorger bald versuchen, den Verbrauch zu kappen.

Ein Grund für das starke Absacken der deutschen Gasvorräte ist, dass die Speicher zu Beginn des Winters weniger gut gefüllt waren als in Nachbarstaaten. Anfang Dezember lag der Füllstand der deutschen Speicher bei 82 Prozent. In anderen Ländern Westeuropas waren es laut GSE durchweg 90 Prozent.

Quelle: ntv.de

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