Telekom-Tarnname "Bunny" Neue Vorwürfe aufgetaucht
20.06.2008, 15:41 UhrIm Zusammenhang mit den Spitzelaffären der vergangenen Wochen tauchen neue Vorwürfe gegen die Deutsche Telekom auf. Der Bonner Konzern soll nach Recherchen von ZDF und der "WirtschaftsWoche" 1996 das Fernmeldegeheimnis verletzt haben. Aus internen Unterlagen des Konzerns ergebe sich der Verdacht, dass Telefonate wegen eines befürchteten Hackerangriffs abgehört worden seien.
Die Telekom erklärte dagegen, es habe nach heutiger Kenntnis keinen Mitschnitt von Gesprächsinhalten oder eine illegale Datenerfassung gegeben. Es sei vielmehr darum gegangen, bestimmte Steuersignale (Hackercodes) aufzuspüren. Es habe keine illegale Überwachungsaktion stattgefunden.
Nach den Berichten von ZDF und "WirtschaftsWoche" geht aus vertraulichen Protokollen, Aufzeichnungen und Briefen hervor, dass die Telekom vom 12. bis 16. Dezember 1996 insgesamt rund 120 Telefongespräche überwacht hat. Dabei soll es sich um vier Nummern von drei Personen im Rheinland gehandelt haben. Die Aktion mit dem Tarnnamen "Bunny" erfolgte den Berichten zufolge ohne Einschaltung der Staatsanwaltschaft und ohne richterliche Anordnung. Auslöser seien mutmaßliche Angriffe von Hackern auf die Computer der Telekom gewesen.
Erst im Juni 1997 - also etwa ein halbes Jahr später - habe die Telekom das damalige Bundesministerium für Post und Telekommunikation informiert. Das Ministerium sei zu dem Schluss gekommen, dass die Maßnahmen rechtswidrig gewesen seien. Außer dieser Rüge sei die Aktion offenbar folgenlos geblieben: Gegen die beteiligten Mitarbeiter des Konzerns wurde den Berichten zufolge nicht staatsanwaltschaftlich ermittelt. Das Ermittlungsverfahren gegen die vermeintlichen Hacker sei eingestellt worden. Die Bonner Staatsanwaltschaft war am Freitagnachmittag nicht zu einer Stellungnahme zu erreichen.
Telekom massiv bedroht
Nach Angaben der Telekom lief im vierten Quartal 1996 "der bis dahin größte Hackerangriff in der Geschichte der Deutschen Telekom, offenbar als Teil einer weltweiten Hackeroffensive". Die Netzsicherheit der Deutschen Telekom sei massiv bedroht gewesen. Das Unternehmen habe die Strafverfolgungsbehörden eingeschaltet und auch eigene Schritte zur Gefahrenabwehr eingeleitet. "Insbesondere war es notwendig, den Hackerangriff technisch zu analysieren", hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme des Unternehmens. "Es erfolgte nach unserer Kenntnis kein Mitschnitt von Gesprächsinhalten." Die Telekom bestätigte, dass das Vorgehen vom Bundesministerium gerügt worden sei.
In den vergangenen Wochen war die Telekom wegen Spitzelvorwürfen in die Schlagzeilen geraten. Das Unternehmen hatte zugegeben, dass Telefonverbindungsdaten 2005 und 2006 missbräuchlich benutzt wurden. Dabei soll es um Kontakte von Aufsichtsräten und Managern zu Journalisten gegangen sein. In der Affäre ermittelt die Staatsanwaltschaft auch gegen den früheren Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke und den Ex-Aufsichtsratsvorsitzenden Klaus Zumwinkel. Insgesamt richten sich die Ermittlungen gegen acht Verdächtige.
Quelle: ntv.de