Zeitler gegen Basel III Nicht überregulieren
03.06.2008, 20:25 UhrBundesbank-Vizepräsident Franz-Christoph Zeitler hat sich gegen eine Überregulierungen der Bankenbranche als Reaktion auf die aktuelle Finanzkrise ausgesprochen. "Ich bin (...) skeptisch gegenüber Bestrebungen, trotz der von den Regierungen und Notenbanken im Zusammenhang mit Basel II versprochenen Regulierungspause eine Art Basel III vorzubereiten", sagte Zeitler auf einer Konferenz in Frankfurt. Die unter dem Namen Basel II bekannten neuen Vorgaben für die Finanzbranche sehen unter anderem vor, dass Kredite stärker als bisher abhängig vom tatsächlichen Risiko mit Eigenkapital unterlegt sein müssen. Obwohl die Regeln noch nicht weltweit gelten, wird angesichts der Finanzkrise bereits über eine Überarbeitung nachgedacht.
Verlässlichkeit und Nachhaltigkeit der aufsichtsrechtlichen Regelungen seien für die Branche von hohem Wert, sagte Zeitler. Die Aufsicht dürfe nicht nach dem Motto "in 'guten Zeiten' Deregulierung, in 'schlechten Zeiten' Re-Regulierung" vorgehen. Die bisherigen Regeln für die Finanzindustrie hätten sich im Grundsatz bewährt, müssten jedoch in Teilbereichen eventuell nachjustiert werden. Sie seien "aus heutiger Sicht eher zu spät als zu früh in Kraft getreten", zog Zeitler sein Fazit. Als Lehren aus der Krise müssten unter anderem die Anreizstrukturen in den Banken verändert sowie Transparenz und Risikomanagement verbessert werden, bekräftigte Zeitler die Position der Bundesbank. Zusätzlich sei es erforderlich über eine Neufassung der Vorschriften gegen Risikokonzentration bei Großkrediten und gegen die Umgehung der Regeln durch Zweckgesellschaften und ähnliche Finanzkonstrukte nachzudenken. Die Bundesbank teilt sich die Aufsicht über die Bankenbranche mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin.
Verbriefungsmärkte nicht tot
Zentral für die Bewältigung der Krise sei die Neuausrichtung der Verbriefungsmärkte. "Das Segment ist nach der Krise zwar nicht tot, aber es gibt schon jetzt einen erheblichen Ausleseprozess bei den Finanzprodukten in diesem Bereich. Für die Emittenten muss es jetzt darum gehen, diesen Ausleseprozess zu bestehen", sagte Zeitler am Rande der Konferenz zu Reuters.
Aber auch die Aufsicht sei gefordert: "Der Investor muss einen genauen Überblick haben über den realwirtschaftlichen Kern der Finanzprodukte, damit er keine Überraschung erlebt", sagte Zeitler. Ratingagenturen blieben wichtig, allerdings müssten sie ihre internen Prozesse und ihre Methodik umstellen. "Sie müssen standardisierte Bewertungen abgeben und Angaben machen über die einer Verbriefung zugrunde liegenden Werte." Ratingagenturen waren wegen ihrer undurchsichtigen Bewertungsmethoden komplexer Finanzprodukte in der Krise besonders in die Kritik geraten. Ihnen droht nun eine schärfere Kontrolle.
Zeitler: ""Wir sind noch im Tunnel"
An den Finanzmärkten sieht Zeitler derzeit Anzeichen für eine Beruhigung. Allerdings sei bislang nur ein Teil der durch die Krise ausgelösten Unsicherheit verflogen. "Es gibt (...) Licht am Tunnelrand durchaus. Wir sind aber noch im Tunnel", sagte der Bundesbank-Vize. "Der Weg hinaus wird noch einige Zeit dauern und von Phasen schlechter Nachrichten unterbrochen sein." Deshalb wäre es im derzeitigen Umfeld eine recht "gefährliche Illusion", zur Tagesordnung überzugehen. Besonders am Geldmarkt zeige sich durch hohe Risikoprämien, "dass das Vertrauen in die Liquidität der Märkte nach wie vor nicht gefestigt ist". So lange die Auslöser der Krise, bestimmte Problemsektoren auf dem US-Immobilienmarkt, noch keinen Boden gefunden hätten, bleibe "die Situation in potenziellen Ansteckungsbereichen fragil".
Quelle: ntv.de