Feuerwehraktionen Notenbanken stützen
18.09.2008, 13:37 UhrDie Notenbanken haben wegen der Finanzkrise weltweit mehr als 180 Mrd. Dollar angeboten, um Spannungen auf dem Geldmarkt zu lindern. Allein bei der Europäischen Zentralbank (EZB) können die Banken bis zu 40 Mrd. Dollar für einen Tag aufnehmen; hinzu kommt ein Euro-Schnelltender mit einem offen gelassenen Volumen. Die Bank von Japan bietet erstmals Dollar an, bis Jahresende sollen es 50 Mrd. Dollar sein.
Mit diesem Schritt wollen die Notenbanken Engpässe am Dollar-Geldmarkt lindern, die sich nach dem Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers, dem Notverkauf von Merrill Lynch und der 85-Milliarden-Dollar-Rettung des Versicherers AIG in den vergangenen Tagen verschärft hatten.
"Die Zentralbanken arbeiten weiterhin eng zusammen und werden die nötigen Schritte einleiten, um die anhaltenden Spannungen zu lindern", teilten die Währungshüter mit. Allerdings war die Nachfrage nach Dollar bei der Bank von England gering. Von den gebotenen 40 Mrd. Dollar nahmen die Kreditinstitute lediglich 14 Mrd. Dollar auf.
Druck wird von Geldmärkten genommen
Mit diesen Schritten würden die Probleme nicht an der Wurzel behoben, sagte Devisenstratege Ian Stannard von BNP Paribas. Sie trügen aber dazu bei, einige der Spannungen an den Geldmärkten zu lindern. Die Übernacht-Zinssätze am Dollar-Geldmarkt sanken nach der Ankündigung der Notenbanken auf zwei Prozent und damit das Niveau des Fed-Leitzinses, nachdem sie am Vortag in Europa noch bei fünf Prozent gelegen hatten.
Auch Notenbanken in Japan, Australien und Indien schlossen sich den Aktionen an; sie hatten zuvor schon zusammen 28 Mrd. Dollar in den Markt gepumpt. Die chinesische Zentralbank lockerte zudem zum zweiten Mal in dieser Woche ihre Geldpolitik. Russland will mit umgerechnet knapp 20 Mrd. Dollar seinem Aktienmarkt zu Hilfe kommen, wo der Handel am Freitag wieder aufgenommen werden soll. Präsident Dmitri Medwedew sagte, die Hälfte der Summe komme aus dem Staatshaushalt. Weitere Maßnahmen würden eingeleitet, falls nötig.
Konzertierte Aktion
Unterdessen haben die wichtigsten Notenbanken der Welt haben vor dem Hintergrund einer abermaligen Zuspitzung der Finanzmarktkrise neue Maßnahmen angekündigt, um die Lage an den internationalen Finanzmärkten zu entspannen. Wie es in einer von der EZB verbreiteten Erklärung hieß, wollen die Bank of Canada (BoC), die Bank of England (BoE), die EZB, die Federal Reserve, die Bank of Japan (BoJ) und die Schweizerische Nationalbank (SNB) Maßnahmen zur Verbesserung der Liquiditätslage ergreifen. Es würden weiterhin gemeinsam alle erforderlichen Schritte ergriffen, um gegen den andauernden Druck an den Finanzmärkten anzugehen, hieß es.
Laut EU-Währungskommissar Joaquin Almunia werden neue Vorschläge zur Regulierung der Finanzmärkte erarbeitet. Diese sollten in den nächsten Wochen vorgelegt werden, sagte er. Die gegenwärtigen Schockwellen an den Finanzmärkten senkten das Wachstumspotenzial in Europa. 2008 sei eines der schwierigsten Jahre aus Wirtschaftssicht, weil es von einer Reihe von Verwerfungen erschüttert werde. Unklar sei, wie lange die Finanzkrise andauern werde. Die Inflation dürfte sich dagegen im Jahresverlauf abschwächen.
Gut funktionierende Geldmärkte sind lebenswichtig für das Funktionieren des Finanzsystems und der Wirtschaft als Ganzes. Die Banken leihen sich dabei untereinander kurzfristig Geld, um die täglichen Schwankungen in ihren Bilanzen auszugleichen. Seit dem Ausbruch der Finanzkrise vor gut einem Jahr ist der Geldmarkt jedoch stark gestört, seine Funktion wird zum Teil von den Notenbanken übernommen.
Regierungserkl ärung angekündigt
Angesichts der sich zuspitzenden Bankenkrise und der Turbulenzen an den Börsen will die Bundesregierung in der nächsten Woche zur Lage auf den Finanzmärkten Stellung beziehen. Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) wird nach Angaben aus der Union am kommenden Donnerstag im Bundestag eine Regierungserklärung abgeben.
Zuletzt hatten Steinbrück und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erklärt, dass das deutsche Bankensystem stabil sei und die Auswirkungen der Finanzkrise auf die deutsche Wirtschaft bisher moderat seien.
Quelle: ntv.de